Der Körperbau der Ratte

Ratten gehören zu der größten Säugetierordnung überhaupt, den Nagetieren. Wie bereits unter Rodentia beschrieben, gibt es viele verschiedenen Unterteilungen. Unsere Heimtierratten zählen zu den echten Mäusen (Murinae). Biologisch gesehen sind Ratten nichts anderes als große Mäuse. Im speziellen gibt es in Mitteleuropa zwei Arten von Ratten (Rattus): Die Hausratte (Rattus rattus), welche bevorzugt auf Bäumen, Hafengegenden oder Dachböden lebt, sich bevorzugt vegetarisch ernährt und beinahe ausgerottet ist und die Wanderratte (Rattus norvegicus), welche keine Spezialisierung beim Futter und Lebensraum unterliegt und somit so gut wie überall leben und wirken kann. Wanderratten verschmähen auch tierische Nahrung nicht, sie sind also Allesfresser. Alle Heimtier- und Laborratten stammen von der zweiten Form ab, und ihr korrekter, wissenschaftlicher Name lautet Rattus norvegicus forma domestica. "Domestica" bedeutet, dass dieses Tier schon mindestens die 30. Generation in Gefangenschaft lebt.
Körperbau

Wieso haben Menschen jetzt allerdings ein gespaltenes Verhältnis zu Ratten? Ratten sind Kulturfolger und folgen dem Menschen wie ein Schatten in neue Regionen und unerforschte Plätze. Nagetiere sind eine verhältnismäßig junge Gattung und können sich von daher noch schneller an neue Gegebenheiten anpassen. Zudem fressen Ratten so gut wie alles und sind nicht auf eine spezielle Pflanze oder ähnliches angewiesen, so dass sie sich problemlos auf neue Nahrung einstellen können. Ratten leben seit hunderten von Jahren in der Gefolgschaft des Menschen und haben sein Leben und Handeln entschieden beeinflusst.

Vermutlich hatte die Hausratte ihren Ursprung in Indien, wo sie noch heute zum Teil als heiliges Tier verehrt wird. Über Kleinasien erreichte sie im 13. Jahrhundert Westeuropa und mit Hilfe der vielen Handelsschiffe gelangte sie auch in die "Neue Welt".

Die Wanderratte findet ihren Ursprung wohl in China, Sibirien und der Mongolei und wanderte im 18. Jahrhundert über Russland und wohl auch Norwegen, daher auch der Name Norvegicus, nach Europa ein.

Körperbau
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Der Körper der Wanderratte hat im Schnitt eine Länge von 20 bis 28 Zentimeter (die Männchen können im Schnitt bis zu 37 Zentimeter Körperlänge erreichen, die Weibchen hingegen nur 27 Zentimeter). Der Körper der kleineren und zierlicheren Hausratte nur 15 bis 23 Zentimeter.
Die Körpertemperatur beträgt etwa 36,5 bis 39 Grad Celsius.
Das Gewicht eines ausgewachsenen Wanderrattenmännchen liegt im Schnitt zwischen 300 und 600 Gramm, ein Weibchen hingegen wiegt nur 200 bis 400 Gramm.
Der Schwanz der Wanderratte hat etwa eine Länge von 17 bis 23 Zentimeter und ist mit 160 bis 205 Schuppenringen, welche wie Dachziegel angeordnet sind und einander überlappen, besetzt. Aus jedem Schuppenrand wachsen 3 bis 5 borstige Haare, welche die Ratte beim Klettern zusätzlich unterstützen. Der Schwanz der Hausratte ist im Vergleich zu ihrem Körper mit 17 bis 25 Zentimeter verhältnismäßig lang. Auch er ist mit 220 bis 290 Schuppenringen besetzt.

Die Schnauze der Hausratte verläuft spitz, im Vergleich dazu hat die Wanderratte eine stumpfe Schnauze.

Ratten können ihre Nasenlöcher verschließen, so dass sie auch tauchen können.

Durchschnittlich nimmt eine Ratte 85-230 Atemzüge pro Minute.

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Die Ohren der Wanderratte sind im Vergleich zu den Ohren der Hausratte kleiner und mit mehr Haaren besetzt.

Die Ohrmuscheln sind beweglich und lassen sich in die Richtung der Geräuschquelle drehen.

Die Pfoten an den Hinterbeinen haben 5 Zehen. Jede Zehe endet in einer langen, gebogenen Kralle. Die Fußsohle ist unbehaart und hat sechs Sohlenballen. Die Ratte ist ein Sohlengänger. Die Hinterfüße sind erheblich größer als die Vorderfüße. Dieser Umstand erlaubt der Ratte sich unregelmäßig hüpfend und schnell fortzubewegen und zu flüchten. Die Pfoten sind sehr gelenkig und lassen sich beinahe völlig nach hinten drehen, was der Ratte den Abstieg auf beinahe senkrechtem Untergrund erlaubt.

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Die Pfoten an den Vorderbeinen haben nur 4 Zehen. Auch hier ist jede Zehe mit einer gebogenen, pyramidenförmigen Kralle besetzt. Der Daumen ist zurückgebildet, allerdings ist in den meisten Fällen noch ein abgeflachter, kurzer Daumennagel vorhanden. Die "Handfläche ist hohl und die haarlosen Fußsohlen sind mit je einem Zehenballen und fünf Sohlenballen besetzt. Mit diesen "Händen" ist die Ratte in der Lage Futter und andere Gegenstände aufzunehmen, festzuhalten und in die gewünschte Position zu drehen. Zudem dienen sie der Ratte zur gegenseitigen Fellpflege.
Schon sehr früh in ihrer Entwicklung bildete sich bei Nagetieren ein spezialisiertes Gebiss. Zu ihrer hauptsächlichen Nahrung zählt vegetarische Nahrung, wie Körner und Rinde.Das Gebiss der Ratte hat auf jeder Seite des Ober- und Unterkiefers einen Schneidezahn (Incisivi), und drei Backenzähne (Molaren), die Eckzähne (Premolaren) fehlen. Anstatt der Eckzähne haben Ratte eine große Lücke (Diastema).
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Die Schneidezähne sind das ideale Werkzeug zum Öffnen harter Schalen und abreißen der Rinde. Sie wachsen das ganze Leben lang und müssen an entsprechendem Nagematerial und an den gegenüberliegenden Zähnen abgeschliffen werden. Ausschließlich die Vorderseite der Schneidezähne ist mit Zahnschmelz überzogen, die hintere Seite ist aus weicherem Dentin, so bildet sich eine keilartige Form.Ratten sind monophydont, was so viel bedeutet, dass sie keinen Zahnwechsel machen und dementsprechend keine Milchzähne haben.Hautfalten hinter den Schneidezähnen verschließen den Mund, so dass keine ungenießbaren Teile in den Rachen und Verdauungstrakt gelangen.
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Der Kaumuskel ist der wichtigste Kiefermuskel der Ratte. Er bewegt das Unterkiefer nicht nur von unten nach oben, sondern auch nach vorne. Diese Bewegung ist unter den Tieren einzigartig. Die Innen- und Seitenmuskulatur ist bei Ratten sehr weit vorne im Gesichtsfeld, so dass die Nagerbewegung besonders effektiv vor sich geht.

Die Augen der Ratte liegen seitlich am Kopf. Die Augen der Ratte sind nicht beweglich, obwohl ihre Augenmuskulatur sehr gut ausgeprägt ist. Zudem sind die Augen nicht auf Scharfsehen eingerichtet.

Die Augen sehen unabhängig voneinander, dadurch ist ein räumliches Sehen so gut wie unmöglich. Dafür ist das Gesichtsfeld größer als bei anderen Tieren, deren Augen weiter vorne liegen. Die beiden Gesichtsfelder, welche die Augen unabhängig von einander abdecken überschneiden sich nicht. Dadurch kann die Ratte schlecht bis gar keine Entfernungen abschätzen.

Die meisten Fellfarben treten in Kombination mit braunen Augen auf, allerdings haben besonders Ratten mit hellem Fell hellrote, rubinfarbene, oder dunkelrote Augen.

Ratten mit einer Huskyzeichnung haben ebenfalls rötliche Augen, wie man auf dem Foto gut erkennen kann, allerdings erkennt man diese erst bei direktem Lichteinfall und auch erst bei älteren Tieren.

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Ratten können langwelliges Licht nicht wahrnehmen, das Dämmerungssehen ist besonders gut entwickelt. Der Netzhaut fehlen die Zapfen, so können Ratten keine Farben erkennen. Ratten sehen im Allgemeinen nicht besonders gut und besonders albinotische Ratten, also Ratten mit rötlichen Augen, sehen wesentlich schlechter. Man sollte sie vor direktem, starken Lichteinfall schützen, damit sie nicht erblinden.
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Das Gehör der Ratte ist in der Lage Töne im Ultraschallbereich, also Wellenlängen über 20 kHz, wahrzunehmen. Dafür ist die Ratte für Töne unter 8 kHz nicht besonders empfänglich.

Ein Rattenhalter sollte daher sehr auf das Gehör achten und es mit lauten Geräuschen oder Musik nicht beanspruchen.

Der Tastsinn der Ratte ist besser ausgeprägt als der Sehsinn, da Ratten dämmerungsaktiv sind. An der Schnauze und über den Augen befinden sich lange, steife Tasthaare, auch Vibrissen genannt. Sie helfen der Ratte bei der Orientierung, da sie durch Berührung Entfernungen abschätzen können. Mit Hilfe des Tastsinns haben auch sehbehinderte und blinde Ratten eine reelle Chance sich weiterhin gut in ihrer Umgebung zurecht zu finden.
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Der Geruchssinn der Ratte ist ebenfalls sehr gut ausgeprägt. Das Riechzentrum im Gehirn (Bulbus olfactorius) ist im Vergleich zum Menschen riesig. Der Geruchssinn ist wichtig beim Aufspüren von Nahrung und für das Erkennen von Rudelmitgliedern. Ratten sondern feine Urintropfen ab, zudem haben großflächige Talgdrüsen mit deren Ausscheidungen sie ihr Revier markieren. Das Markierungsverhalten ist wichtig und wird intensiv vom Rudel betrieben. Es stärkt den Rudelzusammenhalt und festigt die Familienbande. Zudem dient es der Partnerfindung.
Ratten werden mit etwa 35 Tagen geschlechtsreif. Ab der Geschlechtsreife müssen junge Heimtierratten unbedingt nach Geschlechtern getrennt untergebracht werden. Zwischen dem 100. und dem 300. Tag sind Ratten am fruchtbarsten. Der weibliche Zyklus dauert etwa 4 bis 5 Tage. Er endet beim Weibchen mit etwa 15 bis 18 Monate, muss aber nicht! Es gab auch schon Mütter, die an die zwei Jahre alt waren. Man merkt die Empfängnisbereitschaft am typischen Verhalten. Das Weibchen hüpft aufgeregt im Käfig herum, säubert ihre Scheide ausgiebig und ist "aufdringlich". Sobald es besprungen wird, vibrieren ihrer Ohren sehr schnell. Das Weibchen wird während dieses Zyklus mehrfach von verschiedenen Männchen gedeckt. War der Akt erfolgreich wirft sie nach etwa 20 bis 24 Tagen. Ist das Muttertier allerdings noch mit der Aufzucht eines vorhergegangenen Wurfes beschäftigt, kann sich die Trächtigkeit um eine Woche oder mehr verlängern. Rattenweibchen sind schon wenige Stunden vor der Geburt erneut empfängnisbereit. Die durchschnittliche Wurfgröße liegt bei etwa 8 bis 12 Jungen, es können aber auch bis zu 20 Welpen sein. Die Welpen werden anschließend bis zum 28. Tag gesäugt, eine weitere Woche erlernen sie das wichtigste Verhalten und die Sprache der Ratten.
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Körpertemperatur:
36.5 bis 39° C
Atemzüge/Minute: 85 bis 230
Puls 320 bis 780 Schläge/Minute
Trächtigkeitsdauer: 20 bis 24 Tage
Wurfgröße: 8 bis 12 Welpen
Säugedauer: 3 bis 4 Wochen
Geschlechtsreife: 4 bis 6 Wochen
Fruchtbarste Periode: 100. bis 300. Tag
Normale Lebensspanne: 2 bis 3 Jahre
Körpergewicht: Männchen: 3 00 bis 600 GrammWeibchen: 200 bis 400 Gramm
Geburtsgewicht: ca. 5 bis 10 Gramm
Fruchtbarkeitszyklus: 4 bis 5 Tage
Futtermenge/Tag: 20 bis 40 Gramm
Wasserverbrauch/Tag: 20 ml