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  84–86: HAIDER, WALDHEIM, GROER UND ANDERE GESPENSTER
  
  Zwischen 1984 bis 86 wird die Hainburger Au besetzt und Waldheim von seiner 
  Vergangenheit eingeholt, Groer wird Erzbischof, Haider FPÖ-Obmann und Peymann 
  Burgtheaterdirektor, Arbeitslosigkeit sowie Staatsschulden steigen rapide und 
  einige Publikumslieblinge sterben.
  
  
  Beginnen wir diesmal mit den Toten. Zwischen 84 und 86 starben unter anderem 
  folgende Publikumslieblinge:
  - Heinz Conrads, Moderator ("Was gibt es Neues?", "Guten Abend 
  am Samstag")
  - Ferry Dusika, Radrennfahrer
  - Helmut Qualtinger, Kabarettist u. Schauspieler
  - Oskar Werner, Burg- und Filmschauspieler
  
  Gespenster der Vergangenheit
  
  1) Papst Johannes Paul II. tätigte einige umstrittene Bischofsernennungen 
  (Hans-Hermann Groer, Kurt Krenn, Georg Eder und Klaus Küng) und leitete 
  damit - nach der Ära von Kardinal Franz König - eine konservative 
  Wende ein. (Über Groer wird noch zu berichten sein.)
  
  2) Am 26. April 1986 ereignete sich in der Ukraine eine katastrophale Kernschmelze 
  und Explosion im Kernreaktor Tschernobyl. In Österreich sorgte man sich 
  monatelang um „verstrahlte Lebensmittel“.
  
  3) 1986 kandidierte Kurt Waldheim (68-70 Außenminister, 72-82 UN-Generalsekretär) 
  für das Amt des Bundespräsidenten, als durch das Nachrichtenmagazin 
  "profil" bekannt wurde, dass in seiner Autobiographie über sein 
  Verhalten während der Nazizeit und im Zweiten Weltkrieg nur sehr lückenhaft 
  informiert hatte.
  
  Waldheim stritt alles ab ("Ich habe im Krieg nichts anderes getan als hunderttausende 
  Österreicher auch, nämlich meine Pflicht als Soldat erfüllt") 
  - und wurde gewählt. Daraufhin wurde Österreich international isoliert 
  und die USA setzten Waldheim auf die "watch list". Eine einberufene 
  internationale Historikerkommission konnte keinen Beweis für eine Beteiligung 
  Waldheims an Kriegsverbrechen erbringen, wies ihm aber nach, mehr gewusst zu 
  haben, als er zugeben wollte. Waldheim verzichtete auf eine erneute Kandidatur.
    
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  Haiders Anfänge
  
  Haiders Eltern waren Mitglieder der NSDAP gewesen. Als Gymnasiast und Student 
  war der 1950 Geborene Mitglied bei schlagenden Verbindungen. 71 übernahm 
  er den Vorsitzend über den Ring Freiheitlicher Jugend, 79 zog Jörg 
  Haider als jüngster Abgeordneter für die FPÖ in den österreichischen 
  Nationalrat ein. 
  
  Während der SPÖ-FPÖ-Koalition ab 83 kritisierte Haider den liberalen 
  Flügel der FPÖ um Vizekanzler Norbert Steger. Mit Hilfe des deutschnationalen 
  Flügels gelang es ihm im September 86 bei einem Parteitag in Innsbruck, 
  statt Steger Vorsitzender der FPÖ zu werden. Daraufhin kündigte Bundeskanzler 
  Franz Vranitzky die Koalition mit den Freiheitlichen. Bei den darauf folgenden 
  Nationalratswahlen konnte die FPÖ ihren Stimmenanteil verdoppeln.
  
  Im selben Jahr erbte Haider von seinem Großonkel Wilhelm Webhofer das 
  Bärental in Kärnten (geschätzter Wert ca. 10 Mio. Euro). Das 
  Bärental war bis 1941 im Besitz einer italienischen Jüdin gewesen, 
  die gezwungen worden war, ihren Besitz für einen lächerlichen Betrag 
  an Webhofers Vater zu verkaufen.
  
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  Rettet die Auen
  
  Die Besetzung der Hainburger Au im Jahr 84 war sowohl von umweltpolitischer 
  als auch von demokratiepolitischer Bedeutung für Österreich. Die "Österreichische 
  Donaukraftwerke AG" erklärte 83 das Kraftwerk Hainburg zum "bevorzugten 
  Wasserbau". 84 wurde mit den Arbeiten begonnen.
  
  Anfang 83 hatte der WWF Österreich seine Kampagne "Rettet die Auen" 
  gestartet, 84 wurde (unter Federführung von Günther Nenning, der in 
  der Folge aus ÖGB und SPÖ ausgeschlossen wurde) ein Volksbegehren 
  eingeleitet. Im Dezember organisierte die Österreichische Hochschülerschaft 
  einen "Sternmarsch", an dem ca. 8.000 Menschen teilnahmen. Mehrere 
  hundert Personen blieben in der Au und erzwangen die Einstellung der Rodungsarbeiten. 
  Am 19.12. kam es zu einem brutalen Polizeieinsatz: Bei den Zusammenstößen 
  mit den Aubesetzern wurden 26 Personen verletzt. Am selben Tag demonstrierten 
  in Wien rund 40.000 Menschen gegen das Vorgehen der Regierung und gegen den 
  Kraftwerksbau.
  
  Am 21. Dezember verkündete die Bundesregierung einen "Weihnachtsfrieden" 
  und verhängte einen Rodungsstopp. Als das Höchstgericht Anfang Jänner 
  85 weitere Rodungen bis zum Abschluss des laufenden Beschwerdeverfahrens verbot, 
  wurde die Besetzung beendet. Im März 85 wurde das Konrad Lorenz-Volksbegehren 
  von 353.906 Personen unterzeichnet. Am 1. Juli 1986 hob der Verwaltungsgerichtshof 
  den Wasserrechtsbescheid auf. Seit 1996 gehört die Hainburger Au zum Nationalpark 
  Donau-Auen.
  
  Teuerungen, Entlassungen, Staatsschulden
  
  - 1984 setzte es Erhöhungen von Mehrwertsteuer, Kfz-Steuer (um 40%), Telefon- 
  und Posttarifen, Stempel- und Rechtsgebühren.
  
  - Steyr-Daimler-Puch und die Vereinigten Edelstahlwerke mussten Personal abbauen; 
  die VOEST schrieb 5,7 Mrd. Schilling Verluste.
  
  - Sukzessive wurde der Mindesturlaub auf 30 Tage hinaufgesetzt und die Wochen-Arbeitszeit 
  auf 38,5 Stunden gesenkt.
  - Die Bundesschulden überstiegen erstmals die Billionengrenze.
    
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  Was sonst noch geschah:
  
  GRÜN: Die Politik wurde umweltbewusst: 84 wurde das Sonderabfallgesetz 
  sowie Maßnahmen zum Umweltschutz beschlossen, 85 wurde das grüne 
  Autopickerl eingeführt, 86 zogen die Grünen erstmals in den Nationalrat 
  ein.
  
  WEINSKANDAL: Vor allem in Österreich wurde von einzelnen Winzern mit dem 
  süß schmeckenden Frostschutzmittel Diethylenglykol gepanschter Qualitätswein 
  produziert. In der damals nachgewiesenen Konzentration konnte dieses Leber, 
  Niere und Gehirn schädigen. Millionen von Flaschen mussten vom Markt genommen 
  werden, der österreichische Weinexport kam fast zum Erliegen. "Glykol" 
  wurde 85 zum Wort des Jahres. 
  
  RUSO-SKANDAL: Kurt Ruso bereicherte sich als Generaldirektor der Bundesländer 
  Versicherung durch gefälschte Schadensmeldungen um rund 152 Millionen Schilling.
  
  ABFANGJÄGER: Schon 1985 war der Kauf von Abfangjägern umstritten - 
  damals ging es um die "Draken". 
  
  PEYMANN: 86 startet Claus Peymann als Burgtheater-Direktor - von Anfang an kritisch 
  beäugt und angefeindet. (Über die Aufregungen um "Heldenplatz" 
  siehe Teil 15).
  
  GESPENST. Herbert Achternbuschs Film "Das Gespenst" wurde 83 auf Grund 
  einer Anzeige wegen "versuchter Herabwürdigung religiöser Lehren" 
  beschlagnahmt. 86 fiel die endgültige Entscheidung vom Obersten Gerichtshof: 
  Das Aufführungsverbot des Films ist bis heute aufrecht.
  
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  Quellen:
  Kleindel Österreich, Ueberreuter, Wien, 1995
  Kunst & Kultur in Österreich: Das 20. Jahrhundert, Verlag Christian 
  Brandstätter, 1999
  Wikipedia – http://de.wikipedia.org, 2001 ff.
  
  © Augustin 2005
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