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99–01: SONNENFINSTERNIS

Die Jahre 1999 bis 2001 bringen Sanktionen und Donnerstagsdemos gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung, Sparprogramm und Studiengebühren, den Tod des Schubhäftlings Marcus Omofuma und die Operation Spring sowie eine totale Sonnenfinsternis.


1999 ist ein WAHLJAHR – und ein Erfolgsjahr der FPÖ. Zuerst wird sie bei den Kärntner Landtagswahlen stimmenstärkste Partei – und Jörg Haider, der vor Jahren wegen seines Lobes der nationalsozialistischen Beschäftigungspolitik aus dem Amt vertrieben worden ist, zum zweiten Mal Landeshauptmann. Dann überholt sie – mit Parolen wie „Stop der Überfremdung“ – die ÖVP bei den Nationalratswahlen und wird Zweiter hinter der SPÖ. Diese tritt in Regierungsverhandlungen mit der ÖVP ein.

1999 ist auch das Todesjahr von Marcus OMOFUMA: Der 25jährige stirbt bei der Abschiebung aus Österreich im Flugzeug. Zeugen sagen, die drei begleitenden Fremdenpolizisten hätten den Nigerianer gefesselt und geknebelt. Das „Ruhigstellen“ des Mannes sei vom Flugpersonal verlangt worden, verantworten sich die Beamten. Deren Suspendierung wird im Februar 01 aufgehoben, kurz bevor nach langem Gutachterstreit bestätigt wird, dass Omofuma erstickt ist.

1999 wird die „OPERATION SPRING“ durchgeführt, ein Großeinsatz der österreichischen Polizei, bei dem in einer Nacht rund hundert Schwarzafrikaner unter dem Vorwurf des Drogenhandels festgenommen werden: Die "Operation Spring" war ein Testlauf für neue Ermittlungsmethoden und Gesetze wie den Großen Lauschangriff und den Einsatz anonymer Zeugen der Anklage vor Gericht.

1999 ist in vielen Teilen Österreichs eine totale SONNENFINSTERNIS zu beobachten. Und kurz vor dem Jahrtausendwechsel erreicht die Y2K-Hysterie ihren Höhepunkt (angeblich hätten die Computer nicht auf 2000 umstellen können, was zu globalen System-Crashes hätte führen sollen).

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2000 ist ein WENDEJAHR. Zuerst scheitern die Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP, ohne Auftrag verhandeln ÖVP und FPÖ und einigen sich nach nur zwei Wochen: Wolfgang Schüssel wird Bundeskanzler – obwohl er angekündigt hatte in Opposition zu gehen, sollte die ÖVP drittstärkste Partei werden.

Daraufhin wird erstmals in der Geschichte der Europäischen Union ein Mitgliedsland mit diplomatischen SANKTIONEN belegt: Die 14 EU-Partner reagieren auf den Eintritt der Haider-FPÖ in die österreichische Regierung, indem sie die bilateralen Beziehungen zur Alpenrepublik einfrieren: Es finden keine Kontakte und Botschaftertreffen auf zwischenstaatlicher Ebene mehr statt und österreichische Kandidaten werden bei der Vergabe von internationalen Ämtern nicht mehr unterstützt.

Aber nicht nur von oben, auch von unten wird gegen die Rechts-Koalition vorgegangen: In Wien kommt es bereits am 1. Februar zu ersten größeren Demonstrationen. Einige hundert Leute finden sich, mit Trommeln und Trillerpfeifen ausgerüstet, vor der ÖVP-Zentrale ein. – Am nächsten Tag stehen etwa 15.000 Menschen am BALLHAUSPLATZ.

Am 4. Februar wird die REGIERUNG SCHÜSSEL von Bundespräsident Klestil ANGELOBT, begleitet von wütenden Protesten. Die Regierungsmitglieder betreten die Hofburg über einen unterirdischen Gang.

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Der Ballhausplatz bleibt auch weiter ein Zentrum der Protestbewegung. Sichtbares Zeichen dafür ist die „BOTSCHAFT BESORGTER BÜGRER/INNEN“, die am 9. Februar ihr Zelt an der prominenten Adresse „Ballhausplatz 1A“ aufschlägt. Sie ist rund um die Uhr besetzt, wird mehrmals abgerissen und wieder errichtet, bis sie im April 2002 im Auftrag des zuständigen Ministers Bartenstein endgültig geräumt wird.

Stellvertretend für die vielen regierungskritischen KünstlerInnen und Intellektuellen sei hier an die Rede des Schriftstellers Doron Rabinovici am 19. Februar am Heldenplatz erinnert: „Wir wehren uns gegen ihre Politik des Ressentiments und gegen den Rechtsruck. (...) Mit ihrem Rassismus zielt die Rechte gegen die soziale Solidarität und gegen jegliche Emanzipation. Sie macht mobil gegen die Schwächsten im Lande. Dieser Angstmache treten wir entgegen.“

Aus den anfänglichen Protesten entwickeln sich bald Strukturen und Initiativen, die den Widerstand auch nach dem Abklingen der spontanen Kundgebungen weitertragen (– alleine in der Zeit von der Angelobung bis zum November 2000 meldet das Innenministerium 217 angemeldete Demonstrationen gegen Schwarz-Blau): Jeden Donnerstag marschieren zwischen 100 und einigen Tausenden DemonstrantInnen bei jedem Wetter kreuz und quer durch Wien, erst ab 2003 versammeln sich oft mehr PolizistInnen als DemonstrantInnen. Nur an den Jahrestagen Anfang Februar werden schließlich noch DONNERSTAGSDEMOS veranstaltet. Als „Ersatz“ gibt es am Ballhausplatz den Speakerscorner sowie – immer noch ab jeweils 17 Uhr – die Widerstandslesungen (im Juli 2005 fand die 300. statt).

Noch im Jahr 2000 untersuchen drei "Weise" im Auftrag der 14 EU-Staaten die politische Situation in Österreich im Allgemeinen und die NATUR DER FPÖ im Besonderen: Im Bericht heißt es, diese Partei sei populistisch und würde fremdenfeindliche Gefühle ansprechen. Da jedoch die Regierungsarbeit in Summe positiv bewertet wird, empfiehlt man die Aufhebung der Sanktionen. Was auch geschieht. – Im Mai hatte Haider die FPÖ-Führung an Susanne Riess-Passer abgegeben.

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Im Oktober erklärt die Österreichischen Rektorenkonferenz: „Die von der Bundesregierung am 19. September angekündigte Einführung von generellen STUDIENBEITRÄGEn erfolgte überfallsartig und ohne vorhergehende Befassung der Rektorenkonferenz, der Hochschülerschaft und anderer Einrichtungen. (...) Noch vor wenigen Wochen hieß es, die Absolvierung des Grundstudiums bleibe beitragsfrei.“

2001 ist das Jahr des 11.9.: Um 8 Uhr 46 Ortszeit fliegt eine Maschine der American Airlines direkt in einen der beiden 400 Meter hohen Türme des World Trade Centers. 18 Minuten später fliegt ein zweiter Jet vor laufenden Kameras in den Südturm. Kurz darauf stürzt eine weitere Maschine auf das Verteidigungsministerium in Washington. Dann bricht in New York der Südturm in sich zusammen. In Pennsylvania stürzt eine Boeing ab. Um 10 Uhr 27 Uhr fällt der Nordturm des WTC in sich zusammen. Der Terroranschlag, als dessen Drahtzieher der Moslem-Extremist Osama Bin Laden gilt, kostet mehreren tausend Menschen das Leben.

In Österreich beschließt der Nationalrat einstimmig ein Paket zur Entschädigung von NS-Opfern im Umfang von 360 Millionen Dollar. Und bei den WIENER WAHLEN gibt eine Trendumkehr: Die FPÖ, nun in der Regierung, muss erstmals seit Jahren Stimmenverluste (8%) hinnehmen, während Michael Häupl die absolute Mandatsmehrheit zurückerobert.

Ansonsten sorgen das AKW TEMELIN und seine Sicherheitsmängel weiterhin für Aufregung. Man streitet um das so genannte "NULL-DEFIZIT" und das Sparprogramm der Regierung. Weitere Diskussionsthemen sind die Rezept- und Krankenscheingebühren, das Kindergeld, die Unfallrentenbesteuerung und die Ambulanzgebühr, die schon bald nach ihrer Einführung wieder abgeschafft wird.

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Quellen:

Kunst & Kultur in Österreich: Das 20. Jahrhundert, Verlag Christian Brandstätter, 1999
http://www.kabarettarchiv.at/Wikipedia – http://de.wikipedia.org, 2001 ff
80 Jahre Radio – http://oe1.orf.at/highlights/17754.html
http://www.historikerkommission.gv.at/
http://www.wien.gv.at/verwaltung/restitution/


© Augustin 2005

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