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48 – 50: SCHMUTZ UND SCHUND UND KPÖ
Diesmal widmet sich die Jubiläumsjahr-Serie 20x3 den Jahren 1948 bis 50 inklusive 
dem so genannten „Schmutz und Schund“-Gesetz und dem angeblichen Putschversuch 
der KPÖ im Jahre 1950.
Der Oktoberstreik
1945 stellte die KPÖ scheinbar ein drittes politisches Lager dar, das jedoch 
bereits bei den ersten Wahlen im November 1945 auf den Status einer Kleinpartei 
absank. Es scheiterten die Versuche, eine „Aktionseinheit“ mit ÖVP 
und SPÖ einzugehen oder eine marxistische Einheitspartei mit der SPÖ 
zu gründen. Als langfristige Strategie wollte man eine „wahre Volksdemokratie“ 
errichten, um „neue Wege zu einem sozialistischen Österreich“ 
zu erschließen.
In den Jahren 1947 bis 1950 stellte sich die KPÖ an die Spitze zahlreicher 
Demonstrationen und Streiks. So genannte Lohn-Preis-Abkommen hatten laufend zu 
Reallohnverlusten geführt (die Löhne wurden eingefroren und die Lebensmittelpreise 
radikal erhöht). Nach Bekanntgabe des vierten Lohn-Preis-Abkommens Ende September 
1950 kam in den großen Industriegebieten es zu Streiks und Massendemonstrationen 
von 120.000 ArbeiterInnen. Viele von ihnen kamen aus den sowjetischen, teilweise 
kommunistisch organisierten USIA-Betrieben. Deswegen wird der Oktoberstreik bis 
heute als kommunistischer Putschversuch bezeichnet, vielleicht auch, weil Regierung 
und ÖGB-Führung in den Medien verbreiteten, dass es den Streikenden 
in erster Linie um die Errichtung einer Volksdemokratie im Stile der Sowjetunion 
gehe.
Es wurde nicht überall gestreikt. Streikhochburgen waren die oberösterreichischen 
Großbetriebe VOEST und Steyer sowie Post und Bahn. Vereinzelt kam es auch 
zu radikaleren Aktionen, wie zum Beispiel dem Zubetonieren von Straßenbahnschienen 
in Wien und der Besetzung von Gewerkschaftshäusern. Am 30 September wurde 
der Streik von der KPÖ für ausgesetzt erklärt, was de facto einer 
Beendigung gleich kam - und gegen die Putsch-Theorie spricht. Insgesamt wurden 
nach dem Streik an die 1.000 Arbeiter entlassen oder gekündigt.
  
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1948
   
    | Jänner | 
    Wie vergibt je 30 kg Unterzündholz an gaslose Haushalte. 
      Aufruf des Bürgermeisters Körner gegen vorschriftswidriges 
      Bauen.  | 
  
   
    | März | 
    In den 45 Wiener Wärmestuben wurden im Winter insgesamt 350.000 BesucherInnen 
      gezählt. 
      Einführung einer Textil-Punktekarte. Zugelassen sind u.a. Fertigwaren 
      aus amerikanischen Überschussgütern außer Strumpfwaren und 
      Wäsche. | 
  
   
    | April  | 
    Der Nationalrat beschließt Amnestie minderbelasteter Nationalsozialisten 
      (von 524.000 werden 482.000 von „Sühnefolgen“ befreit). 
      Wegen der zunehmenden Zahl von Unfällen, in denen Kinder und 
      Jugendliche durch unvorsichtiges Handeln mit Sprengkörpern zu Schaden 
      kommen, wird den Schulleitungen aufgetragen, für entsprechende Aufklärung 
      und Warnung der Schuljugend zu sorgen. | 
  
   
    | Mai | 
    25.000 Care-Pakete aus den USA für Kinder (Die Care-Spenden betrugen 
      bis 1957 insgesamt umgerechnet ca. 872.000 Euro). | 
  
   
    | Juni | 
    Beginn der Wiederherstellung der Stehplatzsektoren des Wiener Stadions. 
      Das Fahrverbot für Kraftfahrzeuge an Sonn- und Feiertagen wird 
      außer Kraft gesetzt. | 
  
   
    | September  | 
    Der Verpflegsatz für Normalverbraucher wird auf 2.100 Kalorien pro 
      Tag erhöht. | 
  
   
    | Oktober | 
    Im (von der KPÖ finanziell unterstützten) „Neuen Theater 
      in der Scala“,wird das Theaterstück „Der Bockerer“ 
      von Preses/Becher uraufgeführt. 
      Das Gänsehäufel wird wieder aufgebaut. | 
  
   
    | Dezember | 
    In Wien sind knapp 41.000 Wohnungslose vorgemerkt. | 
  
1949
Gründung des Verbands der Unabhängigen (VdU), einer Interessenvertretung 
ehemaliger Nationalsozialisten, Heimatvertriebener, Heimkehrer und politisch Unzufriedener. 
Der Verband kandidierte 1949 unter dem Motto „Recht Sauberkeit Leistung“ 
als "Wahlpartei der Unabhängigen" (WdU) und erhielt rund 12 % der 
Stimmen bzw. 16 Mandate.
   
    | Jänner  | 
    Die Brot- und Mehlrayonierung wird aufgehoben. | 
  
   
    | Februar | 
    Die Genossenschaft „Österreichische Reisekasse“ will 
      den breiten Schichten der Bevölkerung Reisen und Urlaube ermöglichen 
      oder erleichtern. | 
  
   
    | März | 
    An die noch in der UdSSR verbliebenen Wiener werden Pakete mit Lebensmitteln 
      und Wäsche verschickt. | 
  
   
    | April  | 
    Keine Raucherkarten mehr: Tabakwaren sind - nach Maßgabe der Vorräte 
      - frei erhältlich. | 
  
   
    | Mai  | 
    Den Kindern stehen wieder 17 Freibäder zur Verfügung. | 
  
   
    | Juli  | 
    Minderbelastete Nationalsozialisten werden auch aus den Registrierungslisten 
      gestrichen. 
      Beim Entminungsdienst laufen täglich immer noch bis zu 20 Fundmeldungen 
      über Bomben, Granaten, Minen und Panzerfäuste ein. | 
  
   
    | September  | 
    Eröffnung des Sonderkindergartens "Schweizer-Spende" im 
      Auer-Welsbach-Park, in den durch Kriegseinwirkung körperbehinderte, 
      im Gehör oder in der Sehkraft geschädigte, neurotische oder psychopathische 
      Kinder aufgenommen werden.  
      24 im Krieg verwüstete Jugendsportstätten stehen wieder zur Verfügung. | 
  
   
    | Dezember | 
    Die Regierung beschließt eine allgemeine Steuersenkung und Einführung 
      der Kinderbeihilfe. | 
  
  
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1950
Helmut Qualtinger, Schauspieler, Kabarettist, satirischer Schriftsteller, schickt 
ein goldenes „U“, das sich vom Firmenschild eines Pelzhauses am Kohlmarkt 
gelöst hatte und nun auf der Strasse lag, ans Unterrichtsministerium. Damit 
und mit seinem Brief des „Aktionskomitees gegen Schmutz und Schund“ 
(dieses „U“ bedrohe die Sittlichkeit, weil es in einigen lasziven 
Worten vorkomme), wandte er sich gegen das „Bundesgesetz über die Bekämpfung 
unzüchtiger Veröffentlichungen und den Schutz der Jugend gegen sittliche 
Gefährdung“, das laut ÖVP-Bundeskanzler Leopold Figl „unsere 
schulentlassene Jugend vor gewissenlosen Einflüssen auf das jugendliche Triebleben“ 
(wie Filmen, Comics und Groschenromanen) schützen sollte.
   
    | März | 
    Letzte Hinrichtung – im Juni wird die Todesstrafe abgeschafft. 
      Österreichische Erstaufführung von „Der dritte Mann“ 
      im Apollokino (Drehbuchautor Graham Greene hat selbst in Wien recherchiert). | 
  
   
    | April | 
    Das Magistratische Bezirksamt ordnet vier Kartoffelkäfer-Suchtage 
      an.  | 
  
   
    | Juni | 
    Joschi Weidinger wird Europameister im Boxen. | 
  
   
    | August | 
    Ende der Lebensmittelrationierungen. | 
  
   
    | November  | 
    Erster Selbstbedienungsladen des Konsum. 
      Appell des Vizebürgermeisters Honay, die Häusersammlung 
      für die Armen Wiens tatkräftigst zu unterstützen. | 
  
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Quellen:
Wiedergeburt einer Weltstadt, Jugend und Volk, Wien, 1965
Österreich 1945 – 1995 (Dr. Gertrude Enderle-Burcel), Verlag für 
Gesellschaftskritik, Wien, 1995
Kleindel Österreich, Ueberreuter, Wien, 1995
Kunst & Kultur in Österreich: Das 20. Jahrhundert, Verlag Christian Brandstätter, 
1999
Alfred Klahr Gesellschaft (Univ.-Prof. Dr. Hans Hautmann), Wien, 2000
Wien im Rückblick, wien.at, 2004
© Augustin 2005
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