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54–56: DIE WELT IN SCHWARZ-WEISS

Die Jubiläumsjahr-Serie 20x3 widmet sich diesmal den Jahren 1954 bis 56, in denen bald nach dem Staatsvertrag die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt wurde – und die Menschenmassen Österreichs Sportlern auf der Ringstraße zujubelten. Schwerpunkt ist diesmal das heimische Fernsehen, das 1955 seinen Versuchsbetrieb aufnahm.


"Was gibt es Neues?"


Schon bald nach Kriegsende wurde der Rundfunkbetrieb in Österreich wieder aufgenommen. Mehrere Sender strahlten ihre Programme in den Besatzungszonen aus, darunter „Rot-Weiß-Rot“ in der amerikanischen und die „RAVAG“ in der sowjetischen (1946 wurde von der RAVAG die Sendung "Was gibt es Neues?" mit dem Schauspieler Heinz Conrads aus der Taufe gehoben, die bis 1986 jeden Sonntagmorgen lief.)

Der Österreichische Rundfunk wurde schließlich 1953 wieder ins Leben gerufen. 1955 nahm das Fernsehen seinen Versuchsbetrieb auf, dem ein regelmäßiges Versuchsprogramm an drei Tagen in der Woche folgte. Ende des Jahres gab es ganze 1.420 Fernsehteilnehmer (gegenüber ca. 1,735.000 Rundfunkteilnehmern). Zwei Jahre später wurde – außer am fernsehfreien Dienstag - täglich ab 20h reguläres Programm ausgestrahlt.

1959 gab es 50.000 TV-Teilnehmer, 1964 500.000 und 1968 eine Million, die alles noch Schwarz-Weiß sahen. Erst 1969 wurde ein Farbversuchsprogramm gestartet, das bis 1972 dauerte.

Gehen wir wieder zurück: 1966 wurde das Rundfunkgesetz beschlossen, nachdem 1964 die parteiunabhängige Presse Österreichs zum "Rundfunk-Volksbegehren" aufgerufen hatte, um die Missstände der parteienabhängigen Programmgestaltung zu beseitigen. 1959 begann die Werbung im Fernsehen. 1955 startete Conrads’ TV-Sendung „Guten Abend am Samstag“.

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Auf Grund des Fortschritts der österreichischen Wirtschaft wird die amerikanische Wirtschaftshilfe eingestellt.

Jänner Das Volkstheater gastiert erstmals in den Außenbezirken.
Durchgehender Nachtautobus-Verkehr.
Ausgabe von Geschenkpaketen für Arbeitslose.
Februar In sind Wien 81.130 Arbeitslose vorgemerkt; die Stadt Wien investiert 493 Millionen für Winterarbeit.
Durch die Aktion "Soziale Wohnkultur" wird der Bevölkerung die Anschaffung von zweckmäßigen und gediegenen Einrichtungsgegenständen erleichtert.
April  Wegen des Scheiterns der Staatsvertragsverhandlungen wird von einer Beflaggung der städtischen Amtsgebäude am Tag der Befreiung (13.4.) Abstand genommen.
Juni In Wien sind 100.046 Kraftfahrzeige zugelassen; diese dürfen seit März nicht mehr in den Lainzer Tiergarten fahren.
Juli Die Stadt Wien entsendet erholungsbedürftige Kinder in österreichische Heime.
Überschwemmungskatastrophe durch Donau-Hochwasser.
Mit wenigen Ausnahmen wurde der Ausbau der halbnächtigen Straßenbeleuchtung Wiens vollendet.
August Die Landaufenthalts-Aktion für Dauerbefürsorgte wird erweitert.
Baubeginn der neuen Schwedenbrücke.
September  80 der 1938 Wien eingegliederten „Randgemeinden“ kehren zu Niederösterreich zurück. Wien, um 800 qkm verkleinert, hat nun 23 statt 26 Bezirke. Die 17 nicht an Niederösterreich rückgegliederten Gemeinden werden auf die heutigen Bezirke 22 und 23 verteilt.
Die Stadtbahnstrecken nach Heiligenstadt sind wiederhergestellt.
Grundsteinlegung zur 100.000 Gemeindewohnung.
Oktober Der Bau des Museums der Stadt Wien und der Ausbau des Wiener Stadions werden begonnen.
Eröffnung des Hugo Breitner-Hofes in Wien XIV., des größten kommunalen Wohnbaus seit 1945.
Dezember Weihnachtsfeier für die Kinder von Kriegsgefangenen.
55 Heimkehrer aus der Sowjetunion.

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1955

Proteste gegen die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht unter anderem durch H. C. Artmann („Wir haben alle noch genug / vom letzten mal - / diesmal sei es ohne uns!“).

Jänner  Eröffnung der Rotundenbrücke, der umgebauten Landstraßer Hauptstraße und der „modernsten Ausfallsstraße Wiens“, der Simmeringer Hauptstraße; Baubeginn der unterirdischen Passage an der Opernkreuzung und des Pratersterns.
Februar Für das Hochhaus der Städtischen Verischerung am Schottenring wird ein Name gesucht; aus 6.500 Vorschlägen wird „Ringturm“ gewählt
Mai Die Besatzungsmächte beginnen die von ihnen besetzten Gebiete und Gebäude zu räumen, u.a. Küniglberg, Hofburg, Bellaria und Hotel Imperial.
Juni  Die Identitätskartenverordnung der Besatzer wird aufgehoben; die viersprachigen Ausweise musste seit 1945 jede/r ständig bei sich tragen.
Es sind 76.572 Arbeitslose gemeldet.
Juli  Die "Rehlacke", ein brachliegendes, etwa vier Hektar großes Areal an der Alten Donau, wird von der Gemeinde Wien zur Lagerwiese umgestaltet.
August Erste Fernsehsendung in Wien.
Beginn der Planungsarbeiten für einen Neubau des Allgemeinen Krankenhauses.
Eröffnung des wiederaufgebauten Theresienbades.
Oktober 

Fatty George eröffnet das Jazz-Casino in der Annagasse.
Gründung der FPÖ als Zusammenschluss vom „Verband der Unabhängigen“ und der Freiheitspartei.
Abzug der Besatzer.
Großes Volksfest des freien Wien: "Freut Euch der Freiheit!"
Beschluss der immerwährenden Neutralität Österreichs.

November  Eröffnung der Opernpassage.
Die Wiener Stadtverwaltung richtet an alle Liegenschaftseigentümer, Haus- und Grundverwalter die dringende Bitte, „Aufschriften, Richtpfeile und ähnliche Zeichen“ aus der Kriegszeit zu entfernen.
Dezember  Schwedenbrücke und Praterstern eröffnet.
Zu den erfolgreichesten Filme des Jahres zählen „Sissi“ mit Romy Schneider (4. Platz) und G. W. Pabsts „Der letzte Akt“ (6.), eine der ersten filmischen Auseinandersetzungen mit den Machtmechanismen des Dritten Reiches.

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1956

Begeisterter Empfang für die österreichische Olympiamannschaft mit Toni Sailer (4 x Gold) an der Spitze, sowie dem Wiener Eiskunstläufer-Goldmedaillenpaar Schwarz-Oppelt und der "bronzenen" Ingrid Wendl. Die Sportler fahren im Konvoi durch die Mariahilfer Straße über die Ringstraße bis zum beflaggten Rathausplatz – vorbei an jubelnden WienerInnen.

Jänner Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wird erstmals im Fernsehen übertragen.
Gründung von „Air Austria“.
Februar Eröffnung des Arbeiterunfallspitals Meidling und des teilweise wiederaufgebauten Franz Josef-Spitals.
März Beginn der Aufforstung des Laaer Berges.
April Großbrand an der Wiener Börse. – Österreich tritt dem Europarat bei.
Mai Erste Musterung für das österreichische Bundesheer im Messepalast.
Zwei neue städtischen Kinderfreibädern erhöhen die Zahl dieser Badeanlagen auf 28.
Juni Wegen Hotelbettenmangels appelliert Bürgermeister Jonas an die Bevölkerung, Privatquartiere zur Verfügung zu stellen.
Inthronisation von Franz König als Erzbischof von Wien.
Juli Verkehrsflächen-Rückbenennung (Schwarzenberg- statt Stalinplatz, Reichsbrücke statt Brücke der Roten Armee, Floridsdorfer Brücke statt Malinowskijbrücke, ...).
August Von 23 Lagern mit 23.450 Flüchtlingen zu Kriegsende sind nur noch vier städtische Flüchtlingslager mit 1.648 Insassen vorhanden. Davon haben 1.233 die österreichische Staatsbürgerschaft erworben.
September  Eröffnung der Jubiläumswarte und des teilweise wiederhergestellten Südbahnhofes.
Oktober  Wien wird Sitz der Internationalen Atombehörde.
Anlässlich der Verhandlungen über eine befriedigende Südtirol-Autonomie findet eine große Kundgebung auf dem Rathausplatz statt.
Beginn des Volksaufstandes in Ungarn.
Dezember  Bis Weihnachten werden über 150.000 ungarische Flüchtlinge aufgenommen – die WienerInnen spenden für sie ca. 1,6 Millionen Schilling.

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Quellen:

Wiedergeburt einer Weltstadt, Jugend und Volk, Wien, 1965
Kleindel Österreich, Ueberreuter, Wien, 1995
Kunst & Kultur in Österreich: Das 20. Jahrhundert, Verlag Christian Brandstätter, 1999
Wien im Rückblick, wien.at, 2004


© Augustin 2005

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