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63–65: DER SESSELLIFT IM DONAUPARK

Die Serie 20x3 widmet sich diesmal den Jahren 1963 bis 65, in denen der Donaupark errichtet und über eine zukünftige Donauinsel nachgedacht wurde. Außerdem wurde die erste Volksabstimmung abgehalten und Ernst Kirchweger getötet.


Auf dem Gelände, wo das so genannte Bretteldorf stand, promenierten ab 1964 die Besucher der Wiener Internationalen Gartenschau. Das etwa 1,2 Millionen m2 große Gebiet gehörte seinerzeit dem Stift Klosterneuburg. Nach dem Ersten Weltkrieg teilte das Stift dieses Gelände in viele kleine Parzellen auf und verpachtete diese. Durch die Not in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg wurden die kleinen Grundstücke von den Pächtern nicht nur gärtnerisch und landwirtschaftlich genützt, sondern auch mit Hütten und Häuschen versehen.

Dieses Gebiet war aber nicht hochwassersicher und wurde bei jedem Katastrophenhochwasser durch Aufsteigen des Grundwassers überflutet. Die Stadt Wien erwarb das Gelände, um ein Erholungsgebiet zu errichten, die Räumung der Parzellen konnte jedoch nur durch mühsame Verhandlungen erreicht werden, wobei namhafte Abfindungen zugestanden wurden.

1964 wurde auf dem Gelände des Donauparks die WIG abgehalten. Attraktionen war neben den Blumen, Sträuchern und Bäumen der schon 1963 in Betrieb genommene Sessellift mit einer Gesamtlänge von 2,2 Kilometern - und der ab 1962 errichtete, 252 Meter hohe Donauturm.

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Donau, zweigeteilt

1963 wurde im Freudenauer Hafen ein 300 Meter langes Modell des Donaustroms errichtet. Und so stellte man sich die Zukunft vor: Bei Lang-Enzersdorf teilt sich der Donaustrom in das alte Strombett und in einen Hochwasserentlastungskanal, der entlang dem Hubertusdamm im heutigen Überschwemmungsgebiet ausgehoben werden soll. Das Aushubmaterial wird gleich dazu verwendet, einen ungefähr 230 Meter breiten hochwassersicheren Mittelstreifen zwischen Kanal und Strom anzulegen. Dieser Streifen soll Erholungszwecken dienen. Kurz vor der Einmündung des Donaukanals wird auch der Entlastungskanal wieder in den Strom münden.

Begonnen wurde mit dem Bau der Hochwasserschutzanlage inklusive Freizeit- und Erholungsraum im Jahr 1972, die Arbeiten an der Donauinsel wurden 1988 abgeschlossen.

1963

Im Zeichen der Verwaltungs- und Betriebsreform beginnen bei der Wiener Stadtverwaltung die ersten Elektronenrechner zu arbeiten.

Februar Mit der Aufführung von „Mutter Courage“ am Volkstheater wird der Brecht-Boykott (siehe kurze und längere Darstellung) in Österreich aufgehoben.
April Bürgermeister Franz Jonas übergibt die 70.000. Wohnung, die von der Gemeinde Wien nach dem Zweiten Weltkrieg fertig gestellt wurde.
Juni In Wien beginnt der städtische Autobahnbau mit dem Anschluss zur Westautobahn beim Lainzer Tiergarten.
Juli  Der Neubau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses wird genehmigt.
November  Die Straßenbahnlinie 2 wird von der Secession bis zur Alser Straße unter die Erde verlegt. 1966 wird die Unterpflasterstraßenbahn eröffnet. Es fahren die Linien E2, G2 und H2 (ab 1982 dann - zum Großteil auf der alten „Ustraba“-Trasse - die U2).

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1964

Jänner/

Februar

Wasserknappheit wegen anhaltenden Frostes: Wien verfügt Sparmaßnahmen, Wassertankwagen versorgen die Bevölkerung.
Nach knapp 2.000 Gasunfällen (780 davon tödlich) in den letzten fünf Jahren plant Wien die Errichtung von Gasentgiftungsanlagen (- das damals verwendete Stadtgas enthielt CO und war giftig; zwischen 1970 und 78 wurde auf Erdgas umgestellt).
Im Prater wird der Globus vor dem Planetarium aufgestellt.
Mai An den Rundfahrten "Neues Wien", die in mehreren Routen zu den bedeutendsten Bauwerken der Nachkriegszeit führen, haben seit 1954 knapp 400.000 Personen teilgenommen.
Juni Tod des beliebten Wiener Schauspielers Hans Moser.
Juli Das Aktionskomitee der unabhängigen Presse fordert die Öffentlichkeit zum ersten österreichischen Volksbegehren auf, das sich gegen den Proporzfunk richtet. 832.353 Österreicher stimmen für ein Rundfunkgesetz, auf dessen Basis 1967 der ORF entsteht.
Im 14. Bezirk wird das 32. Kinderfreibad der Stadt Wien eröffnet.
August Aktion des städtischen Wohlfahrtsamtes: „Vielleicht braucht ein Nachbar Deine Hilfe!“
September  Nachdem Innenminister Franz Olah (siehe auch Teil 2 „Schmutz und Schund und KPÖ“) „diktatorisches Vorgehen“ vorgehalten wurde, wird er als Minister abberufen. Kurz darauf leitet der ÖBG gegen seinen vormaligen Präsidenten ein Verfahren wegen eigenmächtiger finanzieller Handlungen ein (Olah hatte Hans Dichand zur Gründung der „Krone“ einen Kredit aus Gewerkschaftsgeldern verschafft). Im Oktober kommt es zu Demonstrationen für Olah vor der SPÖ-Parteizentrale, im November wird er wegen eigenmächtiger Verwendung von Millionenbeträgen aus der SPÖ ausgeschlossen. (Im März 2005 wurde Olah mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.)
Oktober Im 5. Bezirk wird das „Haus der Jugend“ eröffnet.
Dezember Auf der Straßenbahnlinie 43 wird der erste schaffnerlose Beiwagen eingeführt. (Der letzte Wagen mit SchaffnerIn fährt im Dezember 1996 auf der Linie 40).
Auf der neu gebauten Nordbrücke kann die Belastungsprobe durchgeführt werden.
Der Verein "Wiener Hauskrankenpflege" der für die Stadt Wien die Heimpflege und Heimhilfedienste leistet, leistet seine millionste Arbeitsstunde seit Kriegsende.

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1965

Jänner  Plan für eine Tiefbohrung in Ober-Laa zur Erschließung einer Thermal-Schwefelquelle.
März Die neue Datenverarbeitungsanlage im Wiener Rathaus kann unter anderem die Wählerverzeichnisse für rund 1,25 Millionen Wahlberechtigte angelegen. Sie wiegt ungefähr 1.400 Kilogramm und nimmt „nur“ 20 Quadratmeter Bodenfläche ein.

März/

April

Der "Fall Borodajkewycz" erschüttert Österreich. Der Wirtschaftshistoriker Taras Borodajkewycz hatte durch antisemitische Äußerungen und sein Bekenntnis zu seiner nationalsozialistischen Vergangenheit heftige Kontroversen ausgelöst. Am 31. März wird der 67-jährige ehemalige KZ-Häftling Ernst Kirchweger bei einer Demonstration gegen Borodajkewycz von einem rechtsradikalen Gegendemonstranten so schwer verletzt, dass er zwei Tage später an den Folgen der Attacke verstirbt. Am 8. April wird für ihn eine Trauerfeier auf dem Heldenplatz abgehalten.
September 

Österreichs auflagenstärkste Jugendzeitschrift „Sparefroh“ wird 10 Jahre.

Oktober  Im Prater wird der Schulverkehrsgarten eröffnet.
Durch Gesetzesbeschluss des Nationalrates wird der 26. Oktober zum österreichischen Nationalfeiertag erhoben.

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Quellen:

Wiedergeburt einer Weltstadt, Jugend und Volk, Wien, 1965
Kleindel Österreich, Ueberreuter, Wien, 1995
Österreich 1945 – 1995 (Fiona Steinert, Dr. Heinz Steinert), Verlag für Gesellschaftskritik, Wien, 1995
Kunst & Kultur in Österreich: Das 20. Jahrhundert, Verlag Christian Brandstätter, 1999
Wien im Rückblick, wien.at, 2004


© Augustin 2005

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