07:00 - 08:00
Staffel 5, Folge 1
18
Monate ist es jetzt her, dass Jack Bauer seinen Tod vorgetäuscht und
untergetaucht ist, um dem von Präsident Logan beauftragten Mordkommando zu
entkommen. Er lebt nun zurückgezogen in der Mojave-Wüste und hat sich mit
einer alleinerziehenden Mutter angefreundet, als ihn die Vergangenheit einholt:
David Palmer wird bei einem Attentat getötet. Doch damit nicht genug. Kaum ist
es ihm halbwegs gelungen, diese Nachricht zu verdauern, erhält er einen Anruf
von Chloé, die ihm berichtet, dass auf Michelle und Toni ein Bombenanschlag
verübt wurde - und sie selbst wird ebenfalls verfolgt. Während man in der CTU
die Verbindung dieser Anschläge noch bei David Palmer sucht, ist sich Jack nun
sicher, dass die Attentate in gewisser Weise auf sein Konto gehen: Jemand tötet
nach und nach all jene Personen, die von dem Komplott wussten und ihm dabei
geholfen haben, seinen Tod vorzutäuschen. Er beschließt zu handeln und stiehlt
mal eben schnell einen Hubschrauber, um sich damit in einer halben Stunde mit
Chloé zu treffen...
Die Starts in die neue Staffel sind in den vorangegangenen Seasons immer eher gemächlich verlaufen - nicht so hier. Nach wenigen Minuten gibt es mit Präsident Palmer gleich das erste Opfer im Kreis der langjährigen und allseits beliebten Figuren - und es soll nicht das letzte bleiben. Mit diesem Beginn hat mich die 5. Staffel jedenfalls eiskalt erwischt, man wird sofort wieder in die Handlung gesogen und wird zudem auch gleich emotional berührt - einerseits durch Palmers Tod an sich, andererseits durch Jacks angenehm sentimentale Reaktion darauf. Doch nur wenige Minuten später schon der nächste Schock, auf den ich nun wirklich nicht im geringsten gefasst war, hätte ich doch nie im Leben damit gerechnet, dass die Macher binnen weniger Minuten gleich 2 altbekannte Figuren killen: Michelle stirbt aufgrund einer Autobombe, und Toni liegt schwer verletzt im Krankenhaus. 15 Minuten haben der 5. Staffel von 24 gereicht, um mich zu begeistern und mich wieder am Haken zu haben. Spätestens nach der Explosion der Autobombe saß ich mit offenem Mund vor dem Fernseher und dachte nur mehr "Wow...". Ich kann mich nicht erinnern, dass es auch nur einer einzigen 24-Staffel zuvor gelungen wäre, mich ähnlich rasch zu begeistern. Wirklich beachtlich...
Leider
jedoch gelingt es der ersten Folge dieser Staffel nicht, die Spannung über die
gesamte Laufzeit zu halten, denn nach diesem explosiven Start entwickelt sich
die Handlung erstaunlich langsam und leider auch wenig interessant. Vor allem
die Storyline rund um die Gattin des Präsidenten wirkt momentan noch a) sehr
vorhersehbar und b) uninteressant. Die Idee an sich finde ich ja nicht mal so
schlecht, aber die Umsetzung konnte mich zumindest in dieser ersten Folge noch
nicht überzeugen - was vermutlich auch daran liegt, dass Präsident Logan
selbst im persönlichen Umgang mit seiner Frau seinen abscheulichen Charakter
aufzeigen kann. Jetzt ist er also nicht nur inkompetent und arrogant, sondern
verhält sich gegenüber seiner Frau auch noch wie ein richtiges Arschloch - nun
mal ehrlich, ein bisschen weniger eindimensional hätten sie die Figur ruhig
anlegen können. Ein zwar völlig überforderter katastrophaler Präsident, der
sich jedoch rührend um seine kranke Ehefrau sorgt, das hätte der Figur gleich
deutlich mehr Profil verleiht - so dient es nur als unnötiger Verstärker. Auch
die Handlung rund um die Vertragsunterzeichnung kann noch nicht so recht
begeistern - was auch daran liegt dass man zumindest in dieser ersten Folge zu
wenig über die Hintergründe erfährt, um diese Aktion entweder für gut oder
für schlecht zu befinden. Durch diesen Wissensvorsprung der Figuren, die über
Dinge reden von denen wir als Zuschauer nicht die geringste Ahnung haben,
entsteht Distanz. Man fühlt sich nicht involviert, sondern ausgeschlossen -
wodurch der positive, einnehmende Effekt der ersten 15 Minuten leider stark
konterkariert wird.
Etwas seltsam auch, dass sich die erste Folge der 5. Staffel - im Vergleich zu den Seasons davor - kaum mit der Frage aufhält, was in den 18 Monaten seit dem Ende der 4. Staffel passiert ist. Dies wirkt sich insbesondere deshalb negativ aus, da sich der Cast kaum verändert hat. Buchanan ist immer noch Leiter der CTU, Chloé und Edgar sind auch weiterhin dort angestellt, Michelle und Tony haben ihr Versprechen wahr gemacht und sind ausgestiegen (das wusste man aber schon am Ende der 4. Staffel), Logan ist immer noch Präsident etc. Es scheint einfach, als hätte sich nicht das geringste getan bzw. verändert. Hier ist es den vorangegangenen Seasons also definitiv besser gelungen, eine Brücke zu den aktuellen Ereignissen zu schlagen und aufzuzeigen, was den Figuren in der Zwischenzeit so alles widerfahren ist. Die einzigen Veränderungen, die eigentlich kaum der Rede wert sind: Chloé hat einen neuen Freund, der nach "Verräter" schreit, und Jack hat 'ne neue Freundin - und das scheint es auch schon gewesen sein. Verstärkt wird dieser Eindruck zudem dadurch, dass die altbekannten Figuren nicht nacheinander wieder auftauchen sondern alle plötzlich in der 1. Folge wieder zur Stelle sind - inklusive Audrey Raines (die sich ganz zufällig in der CTU einfindet - na klar :rolleyes:) und Präsidentenberater Mike Novick (dessen Trauer um David Palmer ich angesichts seiner Aktionen während Tag 2 ehrlich gesagt nur schwer nachvollziehen konnte).
Was
das Echtzeitkonzept betrifft gilt leider auch weiterhin das bereits zu Beginn
der 4. Staffel gesagte: Es ist zwar ein nettes Gimmick und verleiht der Serie
immer noch den Hauch des Besonderen, doch davon abgesehen bietet es einfach
keinen gravierenden Vorteil mehr. Im Gegensatz zu den ersten beiden Staffel hat
das Ticken der Uhr keine spannungssteigernde Wirkung - somit steht und
fällt die Serie mit der Story. Nach der zumindest in
dieser Hinsicht bisher besten Staffel, nämlich Tag 4, bin ich allerdings
zuversichtlich, dass es auch diesmal wieder gelingen wird sehr spannende 24
Stunden zu erzählen, und das möglichst (bitte bitte) wieder ohne Durchhänger
und ähnlich gut konstruiert und gut durchdacht wie in der vorangegangenen
Season. Und wenn man's dann zudem schafft schwächere Handlungen bzw. Figuren in
den Hintergrund zu rücken (die First Lady deutet sich da z.B. an) und das 24-Universum gekonnt durch neue Fraktionen
und Personen zu erweitern, sowie die Angelegenheit für Jack vielleicht auch
endlich mal wieder persönlich zu machen (ähnlich wie in den Staffeln 1 und 2), könnte es der Staffel durchaus gelingen zur bisher besten der Serie zu
werden...
Fazit: Die 5. Staffel von "24" startet nicht nur mit einem Knall, sondern mit zwei: Die ersten 15 Minuten strotzen nur so vor Spannung und Dramatik. Danach wird das Tempo wieder ordentlich zurückgeschraubt, und so weiß der Rest der Folge zwar auch noch zu gefallen, hat aber leider nur mehr 24-Standardkost (inklusive einer vorhersehbar skrupellosen Jack Bauer-Aktion) zu bieten.
Wertung:
Verfasser: cornholio
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Abschließende Kritik zur 4. Staffel von "24"
Wir bedanken uns bei 24tv.de für die Genehmigung zur Verwendung der Screenshots