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Peter André Rismondo, Journalist

Ein kroatisches Volksmärchen erzählt

von Peter André Rismondo

Einst ging ein Mann seines Weges, auf dem Rücken ein schweres Holzbündel. Als er müde war, setzte er sich auf einen großen Stein am Wegrand, um auszuruhen. Plötzlich hörte er unter dem Stein ein gar jämmerliches Pipsen. Der Mann stand auf, verrückte den Stein, und war nicht wenig erstaunt, als eine Schlange hervorkroch, die zu ihm sagte:

"Mensch, du hast mich aus grosser Not befreit, ich werde dich aber dafür töten,. Zuerst werde ich dich mit meinem Biss vergiften, an dem Gift wirst du dann sterben müssen!" Darauf der Mann: "Nicht so, liebe Schlange, schone mich doch, bitte! Was du beabsichtigst, ist wirklich nicht recht." Da erbarmte sich die Schlange und sprach: "Gut, so lass uns einen Richter suchen. Wie er richtet, so soll es sein."

Sie gingen also am Waldesrand entlang und kamen zu einem alten Hund, der an einem Baumstamm angebunden war. Sie legten dem Hund ihren Fall dar und baten ihn um sein Urteil. Da entschied der Hund: "Die Schlange hat recht!"

Nun verlangte der Mann, dass ihm der Hund beweise, wieso die Schlange im Recht sei. Nun hob der Hund an: "Siehst du, oh Mensch, so lange ich jung und kräftig war, diente ich meinem Herrn treu und redlich; ich begleitete ihn auf die Jagd, wachte Tag und Nacht über sein Haus, in Schnee und Eis; er hatte seinen Nutzen an mir, und ich war ihm ein treuer Freund und Begleiter. Jetzt aber, da ich alt geworden bin, hat er mich hier im Wald angebunden, damit mich die Wölfe fressen. Du siehst also selbst, der Mensch ist weder gerecht noch dankbar. Also hat die Schlange Recht!"

Der unglückliche Mann begann die Schlange zu beschwören, einen anderen Richter zu suchen, denn der Hund sei kein gerechter gewesen. Die Schlange war einverstanden, so zogen sie weiter. Als sie tiefer in den Wald kamen, trafen sie ein altes Pferd, das an einen Baumstamm angebunden war. Kaum erblickte die Schlange das Pferd, rief sie fröhlich aus: "Hier ist unser Richter!"

Sie erzählten dem Pferd, was sich zwischen ihnen zugetragen hatte, und baten es, ihr Richter zu sein. Hierauf hob das Pferd an: "Mein lieber Mensch, die Schlange hat Recht! Solange ich jung und stark war, diente ich meinem Herrn treu und ehrlich. Er ist auf mir zur Jagd geritten. Ich habe für ihn die schwersten Lasten gezogen, habe ihm auf dem Feld geholfen, im Wald und beim Bau, in Sonnenglut, in Regen, Schnee und Eis. Einmal habe ich meinem Herrn im Krieg sogar das Leben gerettet. Jetzt, da ich alt geworden bin, hat er mich hier angebunden, den Wölfen zum Frass. Du siehst allso selbst, der Mensch ist undankbar. Daher hat die Schlange Recht!"

Der arme Mann sah sich bereits verloren, doch er flehte die Schlange solange an, einen dritten und letzten Richter zu suchen, bis sie schließlich einwilligte. Auf einer Lichtung im Walde trafen sie den Fuchs. Sie erzählten auch ihm, was sich zugetragen hatte und baten ihn, ihr Richter zu sein. Der Fuchs, schlau wie er nun einmal war, zog den Mann zur Seite und flüsterte ihm zu: "Wenn du mir deine Gänse und Hühner gibst, dann werde ich dir Recht sprechen!" Dann sagte er mit lauter Stimme, ernst und streng, wie es sich für einen Richter geziemt: "Hier kann ich euren Streit nicht entscheiden. Lasst uns also zu jenem Platz gehen, wo sich der Vorfall zugetragen hat."

Dort angekommen, sprach der Fuchs: "Du Schlange, kriech in jenes Loch, in dem du damals warst. Und du, Mensch, setz`dich so wie damals." Dabei zwinkerte er dem Mann zu, versperrte flugs das Loch, in das die Schlange gekrochen war, mit dem grossen, schweren Stein.

So überlisteten Mensch und Fuchs die Schlange. Beim Abschied rief der Fuchs dem Geretteten nach: "Vergiss nicht auf dein Versprechen! Zu Weihnachten werde ich mir holen, was mir gehört."

Zu Hause war der Mann die ganze Zeit über traurig, erzählte aber seiner Frau nicht, was ihm widerfahren war. Als die Frau vor Weihnachten Hühner und Gänse für das Fest schlachten wollte, erlaubter ihr der Mann das nicht, sondern sprach zu ihr: "Schlachte nicht, Frau! Ich habe die Hühner und Gänse dem Fuchs versprochen, weil er mir das Leben gerettet hat." Erst jetzt erzählter er ihr von seinem bösen Erlebnis mit der Schlange.

Am Weihnachtsabend saßen Mann und Frau zu Hause am Fenster. Da sahen si plötzlich den Fuchs, der um die versprochenen Hühner und Gänse gekommen war. Wie sie den Fuchs betrachteten, sagte die Frau zum Mann: "Warum willst du all das Federvieh dem Fuchs lassen, während wir über Weihnachten hungern müssen? Nimm doch das Gewehr und schieß den Fuchs tot.!" Der Mann gehorchte seiner Frau, nahm das Gewehr und erschoss den Fuchs.

In seinem Todeskampf aber rief der Fuchs mit letzter Kraft: "So also dankt der Mensch. Ich habe ihm sein Leben gerettet, und er nimmt mir dafür meines!

 

Peter André Rismondo, Journalist

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