Ein Überblick
© Heinz-Dieter Pohl
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a.Gr.
Die
Gemeinde Kals am Großglockner in Osttirol
gehört zu den namenkundlich bemerkenswertesten Regionen Österreichs: hier haben
im Mittelalter Romanen, Slawen und Deutsche friedlich nebeneinander gerodet,
gewirtschaftet und gelebt (wie dies treffend Maria Hornung [Hornung 1976] festgestellt hat), was sich im
Namenschatz des Kalser Tales noch heute deutlich zeigt, denn wir finden Namen romanischer (ladinischer), slawischer
(genauer: altslowenischer) und deutscher (südbairischer) Herkunft. Diese Vielfalt betrifft nicht nur die
(amtlichen) Siedlungs- und Hofnamen, sondern auch die Flur-, Berg- und
Gewässernamen.
Bekanntlich entstand in den Alpen eine eigene
romanische Sprache, das Rätoromanische oder Ladinische; dieses ist in mehreren Varietäten vom Schweizer Kanton Graubünden
(„Bündnerromanisch“) über Südtirol („Ladinisch“) bis nach Friaul („Furlanisch“)
verbreitet, hat aber keine einheitliche Schriftsprache entwickelt. Die seit dem
7. Jhdt. in den Alpen nachweisbaren Slawen
sind Verwandte (und Vorfahren) der heutigen Slowenen; deren nur aus Namen
bekannte und erschließbare Sprache bezeichnet man (Alpenslawisch oder genauer) Altslowenisch,
sie entspricht weitgehend der in den „Freisinger Denkmälern“ (ältestes
slawisches Denkmal in lateinischer Schrift überhaupt) verwendeten Sprache (Namen hier). Die deutsche Sprache der Region gehört zum
Südbairischen (Teil des bairischen Großdialekts).
Man
kann das Kalser Tal in drei Abschnitte teilen, die sich statistisch recht stark
von einander unterscheiden [Zur Statistik: Bei den
rund 1300 Flurnamen wird jeweils nur das Grundwort gezählt, z.B. Muntanitz (BergN im Dorfer Tal) und
nicht auch die weiteren sieben abgeleiteten Namen, wie Muntanitz-Bach, -Balfen, -Kees usw. So erhalten wir z.B. in Abschnitt I 222 Grundwörter von
335 erfassten Flurnamen. Es werden nur dann gleiche Namen in die Statistik
aufgenommen, wenn sie an verschiedenen Orten (also mehr als ein Mal) vorkommen.
So gibt es im Dorfer Tal z.B. je einen Luckenkogel
im Osten und im Westen, was dann (statistisch) zwei bairische Namen ergibt]:
Abschnitt
I im Norden, bestehend aus dem Dorfer Tal
und dem Teischnitz-Tal: Dieser zeigt
die größte Diversität bei den Namen. Hier gibt es nur Almwirtschaft in einer
Seehöhe von über 1600 Metern vom Frühjahr bis in den Herbst. 38% der Flurnamen
dieses Abschnittes sind romanisch zu deuten (davon rund 8% eigentlich
vorrömisch), 7% slawisch und 55% deutsch bzw. bairisch.
Abschnitt
II: Dieser ist das fruchtbare Becken im mittleren Teil des Tales, wo vor allem
Romanen und Baiern siedelten. Es hat daher einen Anteil von rund 33% Namen
romanischer Herkunft (mit wenig Vorrömischem) und über 60% bairischer
Flurnamen, aber nur etwas über 2% slawische, meist in höheren Lagen.
Abschnitt
III: Dies ist der untere, südliche Teil des Tales mit seinen steilen Hängen, wo
sich einst die meisten Siedlungen der Slawen befanden. Hier dominiert zwar das
Bairische mit einem Namenanteil von 65%, es folgt das Slawische mit 20%. Hier
findet man den geringsten romanischen Anteil, nur 15% (und kaum Vorrömisches).
Es ist
unbekannt, wer vor den Romanen in
Kals lebte, diese sind jedoch die älteste fassbare Schicht. Die Slawen
erreichten Kals wohl frühestens im 7. Jhdt. und die Baiern wohl erst im 8./9. Jhdt., aber dennoch wurde
dort Ladinisch bis gegen Ende des Mittelaters (oder länger) gesprochen [das Ladinische, die romanische Sprachschicht, konnte sich
mit Sicherheit sehr lange halten; Dr. Lois Craffonara, ehemals Direktor des
Institut Ladin in St. Martin de Tor, Südtirol, meint, dass in Kals
wahrscheinlich noch bis ins 16. Jahrhundert Ladinisch gesprochen wurde (in
einem Vortrag in Kals im Juni 1999)], während das Slowenische im oberen
Bereich des Tales schon früher ausgestorben bzw. im Kalser Ladinischen
aufgegangen ist. Auf Grund von durchgeführtem und nicht stattgefundenem
Lautwandel im Namengut der drei Sprachen des Tales können wir dies noch heute
feststellen. Ein Beispiel: So
weisen manche Namen slawischer Herkunft einen typisch romanischen Lautwandel
auf, z.B. Ködnitz < slaw. *kǫtьnica ʻWinkelbachʼ
(vgl. das benachbarte Glor <
roman. *angular ʻim Winkel
gelegenʼ) und Foledischnitz <
slaw. *volьja tiščьnica
ʻOrt, wo man die Ochsen zusammendrängtʼ bzw. ʻOchsenpferchʼ.
Beise Namen sind durch einen „romanischen Filter“ (Abschwächung des
intervokalischen -t- > -d-) gegangen, wie dies Peter Anreiter [2004b, 96f.] anschaulich gezeigt hat. – Auch der erst relativ spät eingetretene
Lautwandel von roman. ca [ka] >
ladin. tscha [ča] ist fast
ausnahmslos durchgeführt. Zumindest der Beginn dieses Lautwandels muss zu einer
Zeit stattgefunden haben, als die Bevölkerung des Kalser Tales mit anderen
Romanen noch in sprachlichem Kontakt war – also noch keine Sprachinsel im
engeren Sinn. Dieser Lautwandel kann vor allem in den etwa zwei Dutzend Namen
mit campus ʻFeldʼ und catinus ʻKessel, Karʼ
beobachtet werden (→ in der folgenden Übersicht) [zu weiteren bemerkenswerten Lautentwicklungen →
ebenfalls Anreiter 2004a u. 2004b]. Erst um 1500 scheint sich das Deutsche in den Abschnitten I
und II endgültig durchgesetzt zu haben.
Die
hier folgende Übersicht enthält alle derzeit bekannten Kalser Namen romanischer
Herkunft (einschließlich des vorrömischen Substrates) [Nähere
Angaben zu den einzelnen Namen bei Odwarka-Pohl 2004 mit Lit. bzw. aktualisiert
hier]
Sofern es sich um Flurnamen handelt, bleiben sie unbezeichnet; Berg-,
Gewässer-, Siedlungs- und Hofnamen werden entsprechend bezeichnet. Ggf. werden
auch urkundliche Belege angeführt [alle
(vorhandenen) urkundliche Belege findet man bei Anreiter 2010]. Die
einzelnen Namen sind nach ihren romanischen Grundwörtern angeordnet.
albus ʻweißʼ:
→ croda sub Gradalfe.
anginarium ‘Engstelle’: Zenzanóa
(Anlaut
z- < dt. ma. zu [so Anreiter 2004a, 60]).
angulare ‘im
Winkel gelegen’: Glor (SiedlN, urk.
1299 Anglar, 1428 Angular [auch
das benachbarte Ködnitz (< slaw. *kǫtьnica ʻWinkelbachʼ)
hat die gleiche Bedeutung, beide Namen übersetzen also einander]), dazu HofN Glar(er).
angulus ʻWinkelʼ:
Zerengle (entweder < supra angulu ‘ober dem Winkel’ oder aus supra runcale / runchellu ‘über der
Rodung’, → runcu).
aquale ‘Wassergraben’:
Dewale (mit Präpostion de); Fol;
Volesale/Folesale und Folesale-bach (+ sala); → croda sub Gredale; → rivus
sub Rudefohl.
*aquiliu- ‘Platz
am Wasser’: Leglasúren und Eglesúre [(l)eglesūʹre] (+ supra ‘Platz über dem/am Wasser’; der
Anlaut l- reflektiert den roman.
Artikel); Reglesure; Glasúre [anders
Anreiter 2009, 12: clausura ʻVerschlussʼ
> ʻBeunde, Gehegeʼ].
aratura ʻdas
Pflügenʼ: → medius sub Mesréit-acker.
area ‘Fläche,
freier Platz, Lagerplatz des Viehs vor der Alphütte; Tenne’ (Plural areas): Airas-, Oras-wiese (+ dt. Wiese); Reïnes, Röines (wohl Singular zu folgendem); Reneser (Felder, Plural) und Reneser
(HofN, abgekommen, Lagename < area
+ -ina + Plural -s oder -acea, setzt einen alten FlurN im Singular *Renes voraus + dt. Plural -er);
Raplan (+ plana ‘ebene Wiese’); → collis
sub Guldanoa.
arrugia ʻStollenʼ,
im Ladin. und Furlan. ʻAbzugskanal, Wasserrinneʼ → campus sub Tschamperustal.
baccinu ‘Becken’:
Basín (entspricht dem Terrain).
bruciale ‘Dornland’
(von keltoroman. brucus ‘Heidekraut’):
Brazale.
campus ʻFeld;
(auch) Wiese, ebene Flächeʼ: Tschamp
(2x); Tschämp; Tschampf [Pohl
2014 sub Tschampf]; Schamp [tšamp, tšεmp], Tschamper (dt. Plural); Tschabläun (< campellone); Tschampedel-Alm und
Tschempedél sowie Schampadill (<
campitellu); Tschampod (im Detail unklar [Pohl 2014
sub Tschampod]); Tschampatsch (+ pejoratives -aceu, also ʻminderwertiges Feldʼ
[Anreiter 2009, 24f.]); Tschampl(e) (mit dt. ma. Diminuierung [vgl.
Pohl 2014 sub Tschampl(e)]);
Berger-tschempedell (Vorderglied
HofN Berger); Tschabl (+ -ellu ‘kleines
Feld’); Tschempeditze (< campeticeu); Tschamperwitz (urk. 1755 Tschampenizen,
1778 Tschamperwiz; < campania ʻflaches Feld, Gefildeʼ, Wortbildung unklar,
entweder < *campaniacea oder campania + slaw. -ica [Pohl 2014 sub Tschamperwitz]); Tschampgrab (+ *krapp- ‘Stein’); Tschangorf (neben Schangorf) und Tschangerfer (dt.
Plural; + curvus, etwa ‘Krummacker’); Tschablonk (+ longu ‘langes
Feld’); Tschangeronges (+ runca ‘Rodung’); Tschamstort (< *campu
extortu ʻgekrümmtes Feld, Krummackerʼ [Pohl
2014 sub Tschamstort]); Tschamperustal (urk. 1667 Schampa Ruschtal, 1669 Tschampp Rusta; < *campu + (ar)rugiale [wohl Adjektivbildung,
daher kann man die Deutung (etwa) ʻFeld bei oder mit einer Wasserrinneʼ
vermuten (so Anreiter (2009, 26)], → arrugia); Goanetschemp
(Vorderglied cornu); Schantefroi (wohl < campu de ferraria ‘Eisen bzw.
Mineralwasserfeld’).
canalis ‘Rinne’:
Schinal. – Dazu auch das ma. Lehnwort
Kendl ʻRinne; Kar im
Hochgebirge, in das das Geröll rinntʼ, in Kals in den BergN Kendl-kopf und -spitz(e).
*captialinu ‘kleiner
Anger bei der Alphütte’: Tschazlinz (HofN, abgekommen).
*castrōne
‘kastrierter Schafsbock’: Gstraun-bach
(GewN) [Eigentlich bereits ein dt. GewN mit
Lehnwort aus dem Roman.].
catinus ‘Kessel,
Napf’ (‘Kar’): Tschadín (2x), Tschadin-alm; Tschadin-hörndl (BergN. +
dt. ma. ʻkleines Hornʼ); Tschadine-gangtal (+ dt. ma. gång ‘Steig,
Fußweg’ + Tal ma. auch ‘Vertiefung im
Gelände’); Tschadinepfohl-alm (+ follis
‘Schlauch’ im Sinne von ‘Schlucht’ + dt. Alm).
cauda / coda ‘Schwanz; Streifen kultivierten
Terrains’: Gode oder Geude [kōʹdε].
cena ‘Abendmahlzeit,
Abendweide’: (Große, Kleine) Zelense (<
*cenense); Zenále (+ -ale),
Zanótle (+ -utta mit dt. Diminuierung).
cibus ʻSpeise,
Futter, Nahrungʼ: Zewúies (< *cibairas < *cibarias ‘Futterplätze’); Ziguies
[tsiwújes
und tsigújes] [so Anreiter
2004a, 60 und Pohl 2014 sub Zewujes].
cima rossa ‘rote
Spitze’: Zim(m)aróss (kein ʻZimmerrossʼ
wie fälschlich auf alten Karten).
cinctum, -a
‘Gurt’ bzw. ‘Bannwald’ [Schorta 1964, 92 (vgl.
rätoroman. schetga ‘Bannwald’)]: Tschenteloare (+ luparia) ‘Wolfsgrube’; Unter-gschedus,
-tschegus [tšedōʹs] (+ -osus).
cingulum ‘Gürtel;
Rasenband im Felsen; Fels-, Grasband’: (Auf)
Zengele; Zengl-kopf; Tschengl(e), Tschengl-kopf (BergN, +
dt. Kopf, auch Bergappellativ), -tal;
Schenglotte (+ -uttu); Zendlöides (+ latus ‘breit’).
clausura ʻVerschlussʼ
> ʻBeunde, Gehegeʼ: → *aquiliu- sub Glasúre.
clivus ‘Abhang’:
Glibe [Anreiter
2009, 12f.]; Leiten-gliebe (Vorderglied
zu dt. Leite ʻAbhang, Feldhangʼ);
Gliber (HofN, Lagename); → runcu
sub Renzgliebe.
collis ‘Berg,
Hügel’ bzw. collum ‘Hals; Pass’: Goll, Galz (2x); Golz (2x); Gollisell (urkundlich 1299 Colosert, daher wohl collis + *serratoriu ‘steiler Weg in Bergwiesen’); Golliseller
(HofN, < collicellu ‘Hügelchen, Bichl’, Lagename, dt. ʻBichler/Pichlerʼ);
Gollat (+ -ottu [Anreiter 2009, 10]); Goleföid
(+ feta ‘Tier, das geworfen hat;
Lamm’, eventuell auch vitellus ‘Kalb’);
Göle-hut und Gole-hut (2x, + dt. Hut im Sinne von ‘Hutweide’); Guldanoa
(+ de area, etwa ‘Lagerplatz des Viehs’); Golemizíl (+ medialis, BergN, ‘Mitterberg’ < collis medialis o.ä.); → post
collem.
communale ‘der Gemeinde
gehörig’: Gumenól; Gummeredle (mit unklarer Wortbildung).
concha ‘Muschel;
runde bzw. ovale Einsenkung im Gelände’: Guntschemenól
(+ in labinale ‘im Lahner’).
confluentes ‘zusammenfließend’:
Koflent (Weidefläche am Zusammenfluss
zweier Bäche).
*controne ‘gegenüberstehend’:
Guntranáz (+ -aciu/-acia); Gunterenót (mit unklarer Wortbildung).
cornu ‘Horn’: Gorn-daber; Gorner (auch Guarner,
BergN, + -aria); Unter-gorn; Granat-spitz(e) (BergN, entweder cornatu ‘gehörnt’
oder cornotu ‘großes Hornʼ; wegen
urk. 1583 Garnall khofl und Garnalkhofel ist auch ein später
umgebildetes cornellu ‘(kleines)
Horn’ möglich); Ganót (BergN, < cornotu ‘großes Horn‘); Ganot-leiten; Ganotz-kogel/-alm/-bach (primär BergN, < cornaciu ‘hohes Horn’); Goanetschemp
(+ campus ‘Feld’); Gorn-daber (+ dt. ma. Daber ʻKlammʼ,
slaw. Herkunft).
costa ‘Rippe;
Bergvorsprung’: Kost; Göscht (2x); Göschemezaun (+ medianus ‘in
der Mitte befindlich; mittel(groß)’); Göschteloi
(< *costellaria);
Geschgelier [kεškelīʹr] (< *costellaria [die
Deutung ‘Burgstall’ (< castellu ‘Burg’)
scheitert am Anlaut /k-/, da roman. ka- in Kals zu ča- wird]).
*creta ‘Fels(spalte,
-riss)’ (vgl. furlan. cret(e)): Gri(e)denkarköpfe (+ dt. Kar u. Kopf); Gröites.
crispēna putreola ‘brüchiger
Stein’: Spinnevitról (-kopf) (BergN, der Berg liegt inmitten
riesiger Trümmerhalden [so Finsterwalder 1929, 238]) oder < spina
putreola ‘brüchiger Dorn’ (als Geländebezeichnung [so Anreiter 2004b, 108]).
croda ‘Felsen’: Groda-wald; Grodes und Grödes
(entweder Plural oder + -acia); Groder
(HofN, Lagename); Gröites; Gradalfe und Gredolfe (+ alba ‘weißer Felsen’, dazu Diminutiv Gradalfile); Gradendera (+ -one + dura ‘großer harter Felsen’); Gradötz [kradéts, älter kredōʹtse], dazu Gradetz-kogel und -bach
(BergN/GewN < crodacia); Gradotzer (HofN, Lagename); Groda-wald; (Unter-) Gredale (+ aqualis ‘Wassergraben, Bach’, also etwa
‘Felsbach’; Greidpalfen (+ *palva); Grodimol-wald und Grodamol-wand (+ mala, etwa ‘böser Felsen’).
curvus ʻkrummʼ:
→ campus sub Schangorf und Tschangerfer.
durus ʻhartʼ:
→ croda sub Gradendera.
extortu (>
stortu, -a) ʻäußererʼ [Schorta 1964,
135]: → campus sub Tschamstort; → *limu extortu und semita.
falcivulus ‘sichelförmig’:
Falschwó-gruben.
fascia ʻBand,
Bindeʼ > ladin. fascha ‘Acker-,
Wiesenstreifen, -band’: Pfatschepfeu-steig,
-grube (+ fovea ‘Grube’und + dt. Steig
bzw. Grube).
ficta → pratu sub Brofitz.
flore ‘Blume’: Pflor-acker (+ dt. Acker, etwa
‘Frühlingsweide’).
follis ‘Schlauch’:
→ catinus sub Tschadinepfohl-.
fontana ‘Brunnen’:
Pfaltenpfoi (Kompositum aus fontana + fovea ‘Grubeʼ).
foras/foris ‘außer(halb)’:
fore ille ecclesia ʻaußerhalb
einer bestimmten Kircheʼ: Foraglöisch
[pfårǝkléš], geschrieben meist Pfarrer
Klesch (das ehemalige Vorhandensein des roman. Artikels beweisen urk.
Belege wie 1756 Fallrechtglős,
1757 Faldraglósch, 1783 Follaglŏsch usw. [so Pohl 2014 sub
Pfarrer Klesch]);
Faresare-alm [fåresóǝr-] (+ area
‘Fläche, freier Platz; Lagerplatz des Viehs’ + dt. Alm); Faresed (wohl fare(-) < fora/-is, sonst unklar).
fornu ‘Ofen’ [Ofen bedeutet ma. auch ‘Fels(höhle)’ (diese Bedeutung ist in
Kärnten und der Steiermark besoders häufig, kommt aber auch anderswo vor)]:
Pforn; Pforn-wand (+ dt. Wand).
fossa → mala fossa.
fovea ‘Grubeʼ: Pfoier
(HofN, Lagename, entspricht dt. Gruber);
Pfos-, Pfoß-bichle [pfōʹpichle]
(+ Diminutiv von dt. Bichl); Fobis(-tal) (< foveas Plural); Trifuiesbach (< tres foveas ‘drei Gruben’); → fontana sub Pfaltenpfoi, Pfatschepfeu-.
*fragina ʻMure, Erdrutschʼ: Vergines, Vergines (Untere) (ähnlich wie Familienname Vergeiner [Finsterwalder 1990, 271f.]).
furca
‘Gabel,
Weggabelung, Einschnitt im Gelände’: Pfoatsche; Pfortsche; Pfarze [Pohl 2014 sub Pfarze]; Fortsche [Anreiter 2009, 9f.]; Pfortsch-scharte, -wiese (+ dt. Scharte ‘enger Hochgebirgspass, tiefer
Einschnitt’ bzw. Wiese); Fortschelle (+ -ella [Anreiter 2009, 10]).
gimbus ‘Buckel,
Höcker’: (Grauer) Schimme, auch Gimme [šíme] (BergN, auf Karten vielfach
zu Schimmel umgedeutet, ähnlich wie Zimmerross, → cima rossa).
glacies ‘Eis’:
Glozes.
*grava ‘Kies, Flussgeschiebe, Geröll’
(vorröm. [Schorta 1964, 165]): Gravoarsch (< roman. gravariu [+ -s, Plural] ‘Mureʼ); (Im) Worsch (Schwundform aus Gravoarsch → voriges), Worsch-egge, (Die) Wörscher (mit dt. Plural); Horer-worsch;
Schuss-woa(r)sch (Vorderglied
HofN Schuß); → platta sub Plattengravoarsch.
ille ʻjener;
Artikelʼ: → fore ille ecclesia;
aquiliu- sub Leglasuren und Eglesúre; → pars.
*krapp- ‘Stein’ (vorröm. [Schorta 1964, 111ff., Hubschmid 1961, 13 und 64]):
Horer-kropf → campus sub Tschampgrab.
labina ‘Lawine,
Erdsturz’, in labinale ‘im Lahner
(Lawinengang)ʼ: Nibanól und Nivenól; Lobenatze (+ -acea); s.concha.
*labinarium ‘Lawinenzug’; labinetu ‘Lahn-, Lawinengang’: Lana (SiedlN; kann zwar direkt auf
roman. labina ‘Erdsturz, Lawine’ bzw.
zurückgehen, repräsentiert aber eher das aus *labinarium entlehnte dt. ma. Lahner);
Lana-felder; Libanegg.
lacus ‘See’: Lax (Zu
Lax, Lax-wiesle).
lapacetu ‘Klettengegend’:
Lawesód; Lobezöid.
*laqueariu zu laqueus ‘Schlinge, Schleife’, dazu auch *lacines ‘(bei den) Schlingen’ (Fallen
für den Wildfang): Latschore; Leisienas; Lazeit-wald.
laricetu ‘Lärchenwald’:
Lareseit-wald; Laresöid.
latus ʻbreitʼ: Ledera, Leht, Löid (alle
unsicher).
*limu extortu ‘äußerer
Sandʼ: Limarstros.
locus ʻOrtʼ:
→ medius sub Mitzelóg.
longus ʻlangʼ:
→ campus sub Tschablonk.
luparia (>
lovara) ‘Wolfsgrube’: Laiwore; Labores (+ -er, HofN, abgekommen, Lagename) und Laiworsch (< luparias Plural); Loweraze (+
-aciu/-acia); Wolfe-loare (Tautologie,
Vorderglied dt. Wolf); → cinctum sub Tschenteloare.
*lustera ‘Heidel-,
Schwarzbeere’ (Substratwort, vgl. Grzega
1997, 72): Losteres [-ets]; Lostras-bödlan; Lostretz-kluft (fraglich). – Wegen der
Aussprache [-ets] erinnern zwei Namen an slawische Namen wie *ostrьcь ‘Spitzberg’, wobei
jedoch l- unklar bleibt (vielleicht
eine slawisch-romanische Mischform: romanischer Artikel + slawisches
Appellativ).
lutetu zu lutum ‘Kot, Schmutz’: Ladey; Lädoires (urk. 1753 Lädör,
1760 Lätores, 1778 Lădoires; + -aria, Plural [ähnlich Anreiter 2009, 14]); Ladisói, Ladisöd, Ladisell (alle
mit unklarer Wortbildung).
*macerētum
→ Mustreid und Museräid sub muscu.
mala fossa ‘schlechter
(gefährlicher) Graben’: Malefús-leiten.
marcida →
planus sub Planematz.
*marra ʻGeröllʼ, marricius ‘Schotter-’: Maried (mit unklarer Wortbildung); →
vallis sub Folemarís; → rivus
sub Romarís-).
medél ‘Heuschober’:
Medele; Med(e)l-spitz(e); Medelz-kopf (Plural medéles).
medialis, medianus ʻmittlererʼ: → collis sub Golemizíl, costa sub Göschemezaun.
medius ʻmittlererʼ:
Mesréit-acker (auch Meß-, < romanisch media aratura etwa ‘mittleres
Ackerland’; Mitzelóg (< mediu locu ‘Mitterling, zwischen zwei
Bächen liegendes Grundstück’); → planus
sub Planematz.
molinum ʻMühleʼ
→ vallis sub Volemól-tal und Volemolín.
monte ‘Alm, Bergwiese’:
Matitz-boden (+ -iceu); Matoitz-alm (+ -aceu) [zum
Lautlichen Anreiter 2004a, 58 u. 2004b, 92].
*mužina ‘Steinhaufen’
(vorröm. [Schorta 1964, 219f.]): Mus (auch
Muß, HofN, Lagename); Muss-bach (nach dem HofN); Nussing-kogel (BergN, früher Mussi(n)g), Mus-kragen (BergN, + dt. ma. Kragen ‘Bergvorsprung, Felsnase’).
muscus ‘Moos’
(muscalis ‘moosig’): Muschgal Wände; Mustreid und Museräid (mit
unklarer Wortbildung [Anreiter 2009, 15 erwägt
latein. *macerētum ʻMagerwieseʼ]).
nat, Plural nats [Schorta
1964, 220]: ‘Stelle mit
dichtem Gras’: Naz.
obscurus ʻfinster,
dunkelʼ: → vallis sub Volschgú.
pactas (zu
latein. pactus ‘befestigt,
bepflanzt’): Patas(e Plural), Bergwiesen.
pala ‘steil
abfallende Wiese’ (alpines Substratwort [Schorta 1964,
227, Hubschmid 1951, 18]): Pal-berg
(BergN), Pelóte und Balóten (< pala + -utta ‘schlechte Halde’); Pohles-steig, Höhe [pōʹlet-] [Nicht zu
verwechseln mit dem Hofnamen Pahl (zum
Personennamen Paul) in Pahl Alm/Balfen/Berg/Gut/Lärchete/Winkel].
palus, paludis ʻfeuchter
Grund, Moosʼ: Pallu [Anreiter 2009, 16f.].
*palva ‘Fels
(-höhle, -vorsprung)ʼ (vorröm. [Hubschmid 1951, 17,
Brandenstein1978, 106 u. 114f. – davon auch das ma. Lehnwort Palfen/Balfen usw. ʻFelsenʼ, das nicht immer deutlich von Namen
roman. Herkunft zu trennen ist]): Balfen, Bachler-balfen (BergN, Vorderglied HofN Bachler); Nasen-palfen (Vorderglied dt. Nase
ma. ‘Bergnase’); → croda
sub Greidpalfen.
parricus ‘Pferch’ (davon Lehnwort mundartlich Pfar(e)f): Pfar(a)f; Pfarfer (Plural); Pfarafle (‘kleiner Pferch’, dt. Diminutivbildung).
pars, partis ʻTeilʼ: Partes; Unter-parte; Oberer Partes [Anreiter 2009, 17-19]; Elleparte (ma. Leporten <
aus (ad) illam partem ‘jenseitiger
Teil’); Leporten-bach, -graben.
pascuum ‘Weide’:
Pasgoat (urk. 1644 Pisgort, 1666 Poss Gort, 1749 Pasgart,
< *pascu + -ariu + -ittu, etwa
‘kleines Weidegebiet’ [zur Wortbildung und zum
Lautlichen vgl. Anreiter 2004a, 58 u. 2004b, 98]); Unter-posg, -bosg (urk. 1747 Vnt(er)paschg).
pausatorium ‘Ruheplatz,
Leger’ [davon auch ma. Pasteier ʻAlmhütteʼ (Oberkärnten)]: Posdoier
[påstóiǝr, älter påßidoiǝr]
(HofN, abgekommen, Lagename); Posedoier (Ober-); Postoierle (dt. ma. Diminutiv zu Pos(e)doier).
*pediclu ‘spitzer Pflock; Gipfel’: Piggelín (+ -inu); Piggelís.
petra ‘Stein’: Prädotzer [predótsǝr] (HofN, Lagename, entspricht dt. Steiner, petra + -acea); Pradózer-bach (GewN, + dt. Bach); Pradözer (Plural, steile Wiesen).
picetum ʻFichtenbestandʼ
→ sub(tum).
pila ‘Säule,
Pfeiler; Haufen, Schober; Keil’ (Bergappellativ); Beil (BergN, 2x); Beiler
(die) (BergN, Plural); Pilater Berg (BergN).
pineus ʻFichte,
Föhreʼ: Bengl (wegen der ma.
Aussprache [penāʹl] richtig Benál,
< *pineale).
pits ‘Spitze; spitz
zulaufendes Grundstück’: Bizoul (+ salsu ‘gesalzen’ im Sinne von ‘saure Wiese’;
oder zu puteus).
plagius, -ia ‘steiles Grundstück, Böschung’
(urspr. ‘Seite, Küste’): Pleues (aus Ploies); Ploi (HofN); Ploi (3x); Rangploi (auch Rankeploi,
Vorderglied Rank + runcu); Ploj-wand oder Im Ploj.
planus, -a ‘eben, Ebene’: Plan (der); Planematz (entweder
< plana marcida ‘welke Fläche’
oder plana media ‘mittlere Fläche’); Blanót (2x, < *planutta ‘ebene Fläche’), Planettl
(dt. Diminutivbildung); Plenót (wie
Blanót); →serotinus bzw. → rotundus sub Zerodnebloun; → area
sub Raplan.
platea ʻPlatzʼ
(davon das Lehnwort Platz),
mundartlich auch ʻoffene freie Stelleʼ: Platzes (Plotzes); Platzle (dt. Diminutivbildung); Platzer (HofN).
platta ‘kleine
Verebnung, abgeplatteter Hangvorsprung’: Pladöin-bachle (+ dt. ma. Bächlein), Pladenz-eck (+ dt. Eck ‘hervorspringender Berg’) – beide
mit unklarer roman. Wortbildung; Plattengravoarsch
(+ gravariu (+ -s Plural) ‘Mure’, zu *grava). – Davon auch das dt. Lehnwort Platte.
post collem ‘hinter
dem Berg’: Bisgal-Weide; Bisgol-tal, -riese (+ dt. Tal bzw. Riese ʻRinne zum Holztransport).
praedium ‘Landgut’: Prazell-egge (< praedium +
-ellu ‘kleines Grundstück, Landgut’ + dt. Egg(e) ʻEcke; spitze, vorspringende Höheʼ [so Anreiter 2004a, 59]).
prandium ‘Frühstück’: Prenzelas-grube (Vorderglied < roman. *prandzále, also eine ‘Vormittagsweide’).
pratu ʻWieseʼ:
Pradell (SiedlN, < pratellu ‘kleine Wiese’); Predellgraben; Predelele (dt. ma. Diminutiv zu pratellu ‘kleine Wiese’); Prader
(HofN, Lagename, entspricht dt. Wieser)
und Prader-rotte (SiedlN, Ortsteil von Großdorf); Broder-berg (BergN, wohl
zum HofN Prader); Bradoi (< pratu + -ale/-alia); Pateliene [-íǝ-] (urk. 1757 u. 1779
Porteline, < pratellinu
‘kleine Wiese’ [vgl. FlurN Partlins im Vintschgau (Schorta 1964, 270), Partlina bei Landeck]); Presore
(< roman. pratum supra ‘obere
Wiese’); Brestobl (+ stabulum, also ‘Stallwiese’; Preterois (<
prata rivarias ‘Bachwiesen’; → rivus); Brofitz (< prata ficta ‘durch
eingerammte Pfähle abgegrenzte Wiesen’).
primarius ʻder
Ersteʼ: → vallis sub Folpremóa(r)-bach.
puteus ‘Brunnen’,
putea ‘Bodensenke auf Alpweiden’: Potsch; Potz (-bichl); Poz; Pöutz; Buzedél (+ -itellu); →
pits.
raspatura ‘rauhe
Gegend’: Raspú-fleck und Rasbú-flecke.
resecare ‘abschneiden,
mähen’: Resotten-seite (+ -utta
+ dt. Seite).
rivus ʻBachʼ:
Ruis-bach (GewN); Rasséck (auch Róssegg), Rasseck-bach, -graben (GewN, < rivus siccus ‘Dürrenbach’);
Reues [Reduktionsform
aus roman. (paletta-) rivarias ‘Bachhalden’];
Preterois (< prata rivarias ‘Bachwiesen’);
Romarís-wand (< rivus marricius ‘Schotterbach’); Riwal (< (pratum) rivale ‘Bachwiese’);
Rudefohl (entweder < rivus de
valle ‘Talbach’ oder < rivus de
aquale ‘Wassergrabenbach’); Rumelois-bachle (GewN, mit unklarer Wortbildung, + dt.
ma. Diminutiv zu Bach); → campus sub Tschangeronges. – Vielleicht sind auch die unklaren Namen Rumestólz, Rumizirme, Ruzi-graben
und Ruzoi-bach Weiterbildungen zu rivus.
ripa ʻUferʼ:
Wui-bachle (GewN, Schwundform von *rivaira < *riparia, + ma. Diminutiv zu Bach [so
Anreiter 2004a, 60; vgl. auch Pohl 2014 sub Wuibachle]). –
Vielleicht sind auch die unklaren Namen
Ruzi-graben und Ruzoi-bach Weiterbildungen zu ripa).
*rosa, *ross ‘Gletscher, Wildbach, Rinne,
Erdrutsch’ und *rossna ʻHöhleʼ
(vorröm.) [Schorta 1964, 286f.]: Rosenale (+ -ale).
rotundus ‘rund’;
alle Belege mit supra als
Vorderglied: Zeroden (-bichl); Zerode; Zerodne; Zeroudne; Zerodnebloun (+ planus ‘eben’). Diese Namen sind aber eher zu → serotinus zu stellen.
*rovina, *rova ‘Erdrutsch, Geschiebefläche’ (vorröm.
[Schorta 1964, 289f.]): Ranáz [ranåʹts] (+ -aceu); Rowea.
ruberuciaria ‘Dornenstrauch,
Gegend mit Brombeeren’: Rubisói (dazu HofN Ober-/Unter-Rubisoier, Lagenamen); Rubisot-tal [rubisōʹt-tål]; Rubestól-tal; Rubisee-lacke.
*rubice ‘Steinklotz’: Rubischót
und
Rubentschote (+ -ottu).
rubus ‘Brombeerstaude’:
Raubís (Rauwies); Rawíes; Rawíser (Plural); alle
mit unklarer Wortbildung .
rumex alpinus ‘Sauerampfer’:
Rumesói-ebene (< (alpis) rumiciaria, nach der auf den Almen, wo das Vieh
lagert, verbreiteten Pflanzenart, davon auch Rumesoi-bach).
runcu, -a ‘Raut, Rodung’: (Der) Ronk;
Rank; Rantsch, Ranz; Renz; Renzöu (mit unklarer Wortbildung); Renz (-äcker); Renzgliebe (+
clivus ‘Abhang, Hügel’); Runggatsch (+ -aceu); Rank-eggele (+ dt. ma. -eggele,
Diminutiv zu Egg(e)); Ranggetól, Ranggewitz (mit unklarer Wortbildung); Ranggetin(er) (HofN, abgekommen,
Lagename, entspricht dt. Rauter, <
runcatina ‘Rodung’ [dazu auch die HofN Rantschner (mit dt. Wortbildung,
danach auch die Rantsch(n)er-alm
benannt) und Rantschnigg (mit slowen.
Wortbildung)]);
Rangploi (auch Rankeploi, + Ploi →plagius); → angulus sub Zerengle.
sala ‘Rinne, Bach,
Fluss’: (Die) Zale; Zalele (dt. ma.
Diminutiv); Zoll-spitz(e) (BergN); → Folesale- sub aquale.
salicetum ‘Flur
mit Weiden’ (Baum): Zalesöd; Zalesoi (mit nicht ganz klarer
Wortbildung).
salsu ‘gesalzenʼ:
→ pits.
scalacea ‘hohe
Stiege’: (Am) Schalotz.
saxum ‘Fels’: Scheßlan (+ -ellu + -inu/-one); Schoseloare
(+ roman. lovara, → luparia).
semita ʻFußwegʼ:
Semesterter (< semita *storta ‘gekrümmter Weg, Krummpfad’, → extortu [so Anreiter 2004b, 105]).
serotinus ʻspät reifendʼ [Schorta 1964, 310]: Zeroden (-bichl); Zerode; Zerodne; Zeroudne; Zerodnebloun (+
planus ‘eben’).
*serratoriu ‘steiler
Weg in Bergwiesen’ [Schorta 1964, 311] →
collis sub Gollisell u. vallis sub Folschedója.
*serrula ʻZaunlückeʼ
[Schorta 1964, 311]: Zales [tsāʹles] (< *serrulas, Plural; so trotz der heutigen Aussprache zu deuten wegen
urk. 1754 und später Zarläs [vgl. Pohl 2014 sub Zales]);
Sertl (?).
siccus ‘dürr’:
Ziggen.
*solamen ‘Hofstatt,
Bauplatz, Grund, Boden; Eigentum, Besitz’ [Schorta
1964, 317]: Zelimegge (+ ma. Egge), Unter Zelim, Zelime-trog,
-rain.
spina ʻDorn,
Stachelʼ: Spinal (BergN, + -ella); Spinalelen (+ -ella + dt.
Diminutiv, Plural); spina putreola
→
crispēna putreola.
stabulum ‘Stall;
Platz bei der Sennhütte, Alpleger, Weidestufe einer Alm’: Staber-eck; Stabilires (mit
unklarer Wortbildung) ; → pratu
sub Brestobl.
stipitium zu stipes ‘Stamm, Pflock’: Stobiatz [štowíǝts] (urk. 1778 Stoboias, eine Weide, wohl ‘Pflockwiese’).
strictus ‘engʼ:
→ vallis sub Faleströid.
sub(tum) ‘unter’:
Zubisöid (< sub picētu ‘unterhalb des Fichtenbestandes’ [so Anreiter 2004a, 61]).
supra (> roman. sur) ʻüberʼ: → angulus;
→ *aquiliu; → rotundus; → vallis sub Zufale; →
vannus sub Zefáneten.
trinitas ‘Dreifaltigkeit’
(auf Grund der Volksfrömmigkeit): Trenedót.
*trogio- ‘Fußweg,
Steig’ (vorröm. [Schorta 1964, 348]): Troie, Troier (HofN, Lagename); (das) Trojasíl [štråjasīʹl] (+ -aceu + -ellu).
*tsocca ʻkleine
Mulde, Bodenvertiefungʼ (vorröm. [Schorta
1964, 350]): (Auf)
Zack; Xock [tsåkh, ksåkh]; Zuck.
tubus ‘Röhre’: Tuwél (+ ellu).
ursus ʻBärʼ:
→ vallis sub Falórsch.
vallis ʻTalʼ: Fale-boden (+ dt. Boden); Falórsch (< val d’orsu ‘Bärental’), ebenso Valórscht;
Faleströd-Wald (< vallis stricta ‘enges
Tal’); Volschgú (Schwundform < vallis obscura ‘Finstertal’); Falscher-etzbach und Valscher-etze(nbach)
(auch Falscher Ötzbach; wohl wie Volschgú
+ dt. ma. Etze ‘Viehweide’),
Falscheretzle; Folpremóa(r)-bach (GewN,
< valle primaria ‘Hauptader eines
Bewässerungssystems’), -tal; Folemarís (<
vallis marricia ‘Gerölltal’; Volemól-tal und Volemolín (< val de
molina ‘Mühlbach’); Foleme-grießle (wie Folpremoa- oder Volemolin);
Folschedója (+ *serratoriu ‘steiler Weg in Bergwiesen’); Vale-brod (Hinterglied unklar,
möglicherweise slowenisch prod
‘Geröll’); Beluge [we-] (<
valle + -ucca ‘rauhes Tal’); Zufále
(< super vallem ‘über dem
Tale’); Zuvollelast (Vorderglied wie Zufale, Hinterglied unklar); Fallegals (+ colles, Plural, etwa ʻHügeltalʼ [vgl.
Anreiter 2009, 9]); →
rivus sub Rudefohl.
vannus ‘Futterschwinge’:
Fanot-kogel (BergN, < *vannat-); Zefáneten (< sur ʻüberʼ
+ *vannat-).
*versaria ‘gegenüber liegend[er Teil]’: Derferasoi (mit Agglutination des dt. Artikels).
vicus ‘Dorf’: Figer (HofN zu *Fig mit dt. Wortbildung [*Fig ist der alte Name für Großdorf, vgl. auch den sinngleichen
HofN Zöttl (ebenfalls in Großdorf)
< slaw. se(d)lo ‘Dorf’]); Figól- (< vicalis ‘zum
Dorf gehörig’).
virentia ‘Grasplatz’:
Pfrenz (2x); Franzloi-tal (+ lacus ‘See’, also etwa ‘Seewiese’).
Literatur
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von rätselhaften Kalser Namen“. Pohl, Heinz-Dieter (Hg.) [s.u.], 55-61.
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romanischen und slawischen Namen des Kalser Tales. Pohl, Heinz-Dieter (Hg.) [s.u.], 81-116.
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Ortsnamenkunde I-III. Innsbruck: Universitätsverlag Wagner.
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Namenforschung (ÖNf): I ÖNf 14/1-2 (1986) 83-111; II-III ÖNf 18 (1990) 5-54; IV-V ÖNf 21 (1993) 71-92; VI-VIII ÖNf 22-23 (1994-95) 59-71, IX (Hofnamen) ÖNf 26/1-2 (1998) 123-145.
Odwarka Karl – Pohl,
Heinz Dieter. 2004. Alle Kalser Namen auf
einen Blick: Register zu allen bearbeiteten und erhobenen Namen des Kalser
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Der Name der Gemeinde Kals am Großglockner. Pohl, Heinz-Dieter (Hg.)
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Pohl, Heinz-Dieter (Hg.). 2004. Kalser Namenbuch. Wien: Praesens. (Österreichische Namenforschung, Sonderband).
Pohl, Heinz-Dieter. 2004. Ortsnamen slawischer
bzw. slowenischer Herkunft in Kärnten und Osttirol. Chronologische Fragen und
ihr Verhältnis zur Sprache der Freisinger Denkmäler. In: Namenkundliche Informationen (Leipzig) 99/100 (2011 [2013]),
299-322. – Im Internet unter http://www.namenkundliche-informationen.de/
weiter zu "Jahrgang 2011"
> "Namenkundliche Informationen #99/100" > Aufsätze > (ganz unten).
Pohl,
Heinz-Dieter 2014. Neuere Arbeiten (und Überlegungen) zum Namengut von Kals
(Osttirol). In: In Fontibus Veritas, Festschrift für Peter Anreiter zum 60. Geburtstag
(hg. v. G. Rampl - K. Zipser - M. Kienpointner). Innsbruck 2014), 445-458.
Pohl,
Heinz-Dieter, Namen ladinischer Herkunft aus Kals am Großglockner (Osttirol). Ein Überblick. In: Festschrift für Johannes
Kramer (Archivio per l'Alto Adige. Rivista di studi alpini CVI-CVII / 2012-2013),
599-613.
Schorta,
Andrea. 1964. Rätisches Namenbuch II:
Etymologien. Bern: Francke.
Hinweis: In
den hier (in deutscher Sprache und Mundart) genannten Namen sind die Buchstaben
v stets wie [f] und z stets wie [ts] zu lesen; mit anderen
Worten: es gelten die gleichen Ausspracheregeln wie in der Standardsprache.
Abkürzungen
(ohne
allgemein bekannte sowie Sprachbezeichnungen, bei denen nur …isch fehlt)
BergN = Bergname
dt. = deutsch
FlurN = Flurname
GewN = Gewässername
HofN = Hofname
ma. = mundartlich
SiedlN = Siedlungsname
urk. = urkundlich
urspr. = ursprünglich
vgl. = vergleiche
< = entstanden aus
> = wurde zu
→ = siehe