DIE SPRACHEN EUROPAS

 

(letzte Bearbeitung: 2.5.2020)

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Hier finden Sie die DIE SPRACHEN EUROPAS nach ihrer Größe als Sprachgemeinschaft in Europa; nationale Varietäten werden nur dann angeführt, wenn in den Schriftsprachen größere Unterschiede bestehen; Staaten abgekürzt nach den internationalen Autokennzeichen (nach http://www.kfz-auskunft.de/autokennzeichen/laenderkennzeichen.html), Hauptverbreitungs­gebiete vor, weitere Gebiete bzw. autochthone Minderheiten in anderen Staaten nach dem Strichpunkt (Semikolon). Die "neuen" EU-Sprachen am Ende des Beitrages alpha­betisch (geplant ist, alle EU-Sprachen aufzunehmen), danach alphabetische Übersicht über alle Sprachen Europas.

 

Die Sprachen nach der Sprecheranzahl

(offizielle „EU-Sprachen“ blau, halbamtliche grün, Amtssprachen in Mitgliedstaaten ohne offiziellen Status in der EU violett hervorgehoben; alphabetische Übersicht am Ende des Beitrages)

 

1.         Russisch3 (RUS; EST, LV, LT, UA, BY) ca. 164 Mill. (davon in Russland ca. 130 Mill., gesamt ca. 210 Mill., davon 150 Mill. Mutter- bzw. Primärsprache)

2.         Deutsch2 (D, A, CH; F, I, B, L, DK, CZ, PL, SLO, SK, H, HR, RO, RUS, UA usw.) 97 Mill. (weltweit über 100 Mill., davon mehr als 95% als Mutter- bzw. Primärsprache)

3.         Englisch2 (GB, IRL; M, CY) ca. 65 Mill. (weltweit mindestens 600 Mill., davon mindestens 330 Mill. Mutter- bzw. Primärsprache)

4.         Französisch1 (F, B, CH, L; I) ca. 65 Mill. (weltweit ca. 235 Mill., davon ca. 80 Mill. Mutter- bzw. Primärsprache)

5.         Italienisch1 incl. Varietät Korsisch (I, CH, F [v.a. Korsika]; M, SLO, HR) 65 Mill.

6.         Polnisch3 (PL; CZ, LT, BY) 48 Mill. (weltweit 55 Mill.)

7.         Spanisch1 (genauer) Kastilianisch (E, GBZ) ca. 47 Mill. (davon ca. 36 Mill. Mutter- bzw. Primärsprache; weltweit 570 Mill., davon 440 Mill. Mutter- bzw. Primärsprache)

8.         Ukrainisch3 (UA; MD, RUS, SK, SRB) 32 Mill. (als Muttersprache, gesamt 45 Mill.)

9.         Rumänisch1 incl. Moldauisch (RO, MD; UA, SRB, BG, GR) 22 Mill.

10.      Niederländisch2 incl. Flämisch (NL, B; F) 21 Mill. (weltweit ca. 24 Mill.)

11.      „BKS“: Kroatisch (HR, BiH; A, I, H) mindestens 4,5 Mill. bzw. Serbisch (SRB, BiH, HR; NMK, H) über 10 Mill. bzw. Bosnisch (BiH) knapp 2 Mill. bzw. Montenegrinisch (MNE) über 600.000 (Varietäten des früher sogenannten Serbokroatischen3 bzw. Kroatoserbischen3 usw., als Sprache heute vielfach BKS abgekürzt) zusammen ca. 20 Mill. Näheres unter http://members.chello.at/heinz.pohl/BKS.htm

12.      Ungarisch7 (H; RO, SK, A, SRB, UA) 13,5 Mill. (weltweit ca. 15 Mill., davon in Ungarn 9,5 Mill.)

13.      (Neu-) Griechisch6 (GR, CY; I, NMK, TR, UA) 13 Mill.

14.      Tschechisch3 (CZ; SK, HR, SRB, A, UA, RO) 10,6 Mill.

15.      Portugiesisch1 (P) ca. 10,6 Mill. (weltweit 270 Mill., davon 240 Mill. Mutter- bzw. Primärsprache)

16.      Katalanisch1 incl. Varietät Valencianisch (E, AND; F, I [Sardinien]) ca. 10 Mill. (Angaben schwanken zwischen 9,2 und 12,6, auch 13,4 Mill.)

17.      Schwedisch2 (S; FIN) 10,5 Mill.

18.      Türkisch8 (TR, CY; GR, NMK, SRB, UA, RO) ca. 9-10 Mill. (gesamt über 63 Mill.)

19.      Bulgarisch3 (BG, NMK; GR, AL, RO, TR) 8 Mill.

20.      Weiß- oder Belorussisch3 (BY; UA, PL) ca. 8 Mill.

21.      Albanisch6 (AL; SRB, MNE, NMK, GR, I) 7,6 Mill.

22.      Slowakisch3 (SK; H, CZ, SRB, UA) 6 Mill.

23.      Finnisch7 (FIN; RUS, S, N) 6 Mill.

24.      Dänisch2 (DK; D) 5,4 Mill.

25.      Romanes6 oder Romani traditionell Zigeunersprachen (v.a. CZ, SK, A, H, UA, RUS, SRB, MNE, RO usw.) 4,6 Mill. (weltweit ca. 6 Mill.)

26.      Okzitanisch1 auch Provençalisch (F; I) in mehreren Varianten mindestens 4 Mill.

27.      Norwegisch2 mit den Varietäten Bokmål (früher Riksmål) und Nynorsk (N) ca. 4,3 - 5 Mill.

28.      Galicisch1 (E) 3,5 Mill. (Varietät des Portugiesischen)

29.      Litauisch4 (LT; PL) über 3,2 Mill.

30.      Tatarisch8 (RUS, UA) 2,2 Mill. (gesamt incl. aller Varietäten mindestens 5,2 Mill.)

31.      Slowenisch3 (SLO; I, A, H) 2,2 Mill.

32.      Makedonisch3 (NMK; GR, AL) ca. 2 Mill. (auch Mazedonisch, Varietät des Bulgarischen (s.o.)

33.      Tschuwaschisch8 (RUS) 1,8 Mill.

34.      Lettisch4 (LV) 1,7 Mill.

35.      Baschkirisch8 (RUS) 1,3 Mill.

36.      Sardisch1 (I) ca. 1,3 Mill.

37.      Estnisch7 (EST) 1,1 Mill.

38.      Mordwinisch7 (RUS) ca. 750.000 (eigentlich zwei Sprachen: Mokša- und Erzjamordwinisch)

39.      Baskisch9 (E, F)  750.000 (Mindestanzahl, nach anderen Angaben bis zu 1,2 Mill. Mutter- bzw. Primärsprache) 

40.      Kymrisch5 oder Welsh (GB) 750.000

41.      Rätoromanisch1 (CH, I) in mehreren Varietäten unter den Bezeichnungen Ladinisch (ca. 30.000 [I]), Bündnerromanisch (ca. 60.000 [CH]) und Furlanisch (ca. 600.000 [I]) mindestens 700.000, maximal ca. 1 Mill.

42.      Aromunisch1 (GR, NMK, AL, BG) ca. 500.000 (Varietät des Rumänischen)

43.      Adyge-Tscherkessisch9 (RUS; TR) maximal 500.000

44.      Malti oder Maltesisch9 (M; I) 480.000

45.      Udmurtisch7 oder Wotjakisch (RUS) 464.000

46.      Friesisch2 (D, NL) 400.000

47.      Jiddisch2 (v.a. RUS, PL, CZ, SK, UA, RO, BG usw.) ca. 300.000 - 500.000 (nach anderen Angaben maximal 700.000 [Varietät des (Süd-) Deutschen], weltweit bis zu 1,5 Mill. (vor der Schoah über 7 Mill.)

48.      Mari7 oder Tscheremissisch (RUS) 400.000

49.      Letzeburgisch2 (L) 390.000 (verselbständigter moselfränkischer Dialekt des Deutschen)

50.      Isländisch2 (IS) 310.000

51.      Komi7 (Syrjänisch und Permjakisch) (RUS) zusammen ca. 270.000

52.      Kalmykisch9 oder Kalmückisch (RUS) 180.000

53.      Bretonisch5 (F) mindestens 150.000, maximal 170.000

54.      Gagausisch8 (MD, UA) 150.000

55.      Kaschubisch3 (PL) ca. 100.000

56.      Irisch-Gälisch5 (IRL; GB) mindestens 70.000 Primärsprachler, dazu kommen bis zu 1,6 Mill. Zweitsprachler (viele weitere haben Irischkenntnisse verschiedenen Umfangs)

57.      Schottisch-Gälisch5 (GB) maximal ca. 70.000

58.      Färingisch2 oder Färöisch (DK [Färöer]) mindestens 60.000 Muttersprachler, insges. ca. 100.000

59.      Karelisch7 (RUS) 30.000

60.      Rusinisch3 (SRB) 23.000 (Varietät des Ukrainischen)

61.      Sorbisch3 in den Varietäten Ober- und Niedersorbisch (D) 20.000 - 30.000

62.      Nenzisch7 oder Jurakisch, früher Samojedisch (RUS) ca. 24.000

63.      Sa(a)misch7 früher Lappisch (S, FIN, N, RUS) mindestens 15.800, maximal ca. 24.000

64.      Judenspanisch1 oder Ladino (GR, BG, TR, BiH, E) 15.000

65.      Armenisch6 (v.a. RO) Kleingruppen, insg. ca. 7.500 (weltweit ca. 9 Mill.)

66.      Vepsisch7 (RUS) 7.500

67.      Istrorumänisch1 (HR) mindestens 500, maximal 1.500 (Varietät des Rumänischen)

68.      Karaimisch8 (LT, UA) aussterbend, unter 100 Sprecher

69.      Cornisch oder Kornisch5 (GB) Versuche zur Wiederbelebung waren erfolgreich, derzeit mindestens 250 Sprecher, Schulunterricht auf freiwilliger Basis (in 13 Familien sollen Kinder mit cornischer Muttersprache aufwachsen)

70.      Manx5 (GBM) Versuche zur Wiederbelebung waren erfolgreich, es gibt eine nicht genau bekannte Anzahl von Sprechern (rund 100, darunter 28 Jugendliche), Manx ist Unterrichtssprache in 5 Kindergärten und zwei Volksschulen

71.      Ingrisch7 (RUS) ca. 300 bzw.

72.      Livisch7 (LV) wohl

73.      Votisch7 (RUS) wohl  †

 

 

†  als Muttersprache ausgestorben / im Aussterben (ausgestorben, aber wiederbelebt)

1     romanisch,

2     germanisch,

3   slawisch,

4     baltisch,

   keltisch,

6     übrige indogermanische (auch: indoeuropäische) Sprachen,

7     uralisch (finnougrisch u. samojedisch),

8   türkisch,

   sonstige (Baskisch isoliert, Maltesisch arabische Varietät, Adyge-Tscherkessisch kaukasisch, Kalmykisch mongolisch); gesamt incl. benachbarte Gebiete in Asien und Übersee.

 

Reihenfolge nach der Sprecherzahl vom Stand (ca.)2020; Sprecherzahlen laufend aktualisiert (nach Fachliteratur und Wikipedia).

 

Auch in der EU widerspiegelt sich die Sprachenvielfalt Europas

 

 

Die 24 EU-Amtssprachen (Eigenbezeichnung / deutsche Bezeichnung): 

Български (Bălgarski) / Bulgarisch, Čeština / Tschechisch, Dansk / Dänisch, Deutsch, Eesti / Estnisch, Ελληνικά (Elliniká) / Griechisch, English / Englisch, Español / Spanisch, Français / Französisch, Gaeilge / Irisch (Gälisch), Hrvatski / Kroatisch, Italiano / Italienisch, Latviešu valoda / Lettisch, Lietuvių kalba / Litauisch, Magyar / Ungarisch, Malti / Maltesisch, Nederlands / Niederländisch, Polski / Polnisch, Português / Portugiesisch, Română / Rumänisch, Slovenčina / Slowakisch, Slovenščina / Slowenisch, Suomi / Finnisch, Svenska / Schwedisch.

 

Bisher waren in der EU die beiden großen Sprachfamilien Europas, die germanischen und romanischen Sprachen vertreten sowie das (Neu-) Griechische und Keltische, und als einzige nicht-indogermanische Sprache das Finnische abgesehen von Minderheitensprachen (z.B. Slowenisch in Österreich und Italien, Sorbisch in Deutschland) oder Regionalsprachen (z.B. Katalanisch und Baskisch in Spanien). Mit der per 1. Mai 2004 stattfindenden EU-Erweiterung erhöht sich die Zahl der Sprachen: es kommen vier slawische Sprachen (Polnisch, Tschechisch, Slowakisch und Slowenisch) und als ganze Sprachfamilie die baltischen Sprachen (Lettisch und Litauisch) hinzu. Neu als weitere nicht-indogermanische Sprachen sind Maltesisch (Malta) und Türkisch (Zypern). Die finnougrische Familie (bisher nur durch das Finnische vertreten) wird durch Estnisch und Ungarisch vermehrt. Insgesamt gibt es bei den 10 neuen Mitgliedern auch 10 neue Sprachen, obwohl eine schon vertreten war: Griechisch auf Zypern, neu ist nur Türkisch, dessen zukünftige Stellung derzeit nach dem Scheitern der Wiedervereinigung noch offen bleibt.

Der größte Teil Europas wird von Sprachfamilien eingenommen, die zum „Indo­germanischen“ (auch „Indoeuropäisch“ genannt) gehören, jener Sprachfamilie, der rund ein Dutzend Zweige (darunter Einzelsprachen wie Griechisch, Sprachfamilien wie Slawisch) angehören. Der Name „Indogermanisch“ entstand im frühen 19. Jhdt., als man entdeckte, dass das Altindische (auch „Sanskrit“ genannt) Ähnlichkeiten mit den alten Sprachen Europas (v.a. Lateinisch und Griechisch) aufweist, zunächst beim Verbum (oft gleiche oder sehr ähnliche Personalendungen und Stammbildungen). Die systematische Untersuchung dieser Parallelen mündete im Nachweis der Verwandtschaft dieser Sprachen auf allen Ebenen des Sprachsystems (Laut- und Formenlehre sowie Wortschatz). Das am weitesten nordwestlich gelegene Mitglied dieser Sprachfamilie ist das Germanische, das am weitesten südöstlich gelegene das Indische (genauer: Indoarische, denn es gibt in Indien noch 3 weitere Sprachfamilien), daher der Sammelbegriff „Indogermanisch“. Davon gehörten bisher alle keltischen Sprachen der EU an (Irisch, Schottisch-Gälisch und Bretonisch [in Frankreich]), alle romanischen Sprachen (mit Ausnahme des Rumänischen) sowie alle germanischen Sprachen (ohne das zum Westnordischen gehörende Isländische und Norwegische, sehr wohl aber das Färingische auf den Fär Öer, das genetisch in der Mitte zwischen dem Isländischen und Norwegischen steht) und das Griechische. An nicht-indogermanischen Sprachen war bisher nur das Finnische vertreten und als Regionalsprache das Baskische ein Relikt aus der vorindogermanischen bzw. vorrömischen Zeit. Mit dem Beitritt Malta wird die EU um eine semitische Sprache (Maltesisch), mit dem Beitritt Zyperns um eine Turksprache (Türkisch) bereichert.

 

Bis 1994 folgende Sprachen: Dänisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französich, (Neu-) Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch, Schwedisch, Spanisch.

Ab 1. Mai 2004: 10 neue EU-Staaten 10 neue EU-Sprachen (s.u.),

ab 1.Jänner 2007 – 2 weitere EU-Staaten,

ab 1.Juli 2013 – 1 weiterer EU-Staat somit insgesamt derzeit 28 Staaten und 24 Sprachen,

am 29. März 2017  hat die britische Premierministerin Theresa May den Austrittsprozess am 29. März 2017 durch schriftliche Mitteilung an den Europäischen Rat rechtlich wirksam in die Wege geleitet (auf Grund des Referendums vom 23. Juni 2016, bei dem die Wähler des Vereinigten Königreichs mehrheitlich mit 51,89 % für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union („Brexit“) gestimmt haben). Damit ist nach der vertraglich vorgesehenen zweijährigen Verhandlungsperiode mit dem Austritt für März 2019 zu rechnen. Damit wird sich die aber die Zahl der EU-Sprachen nicht verringern (Englisch ist auch in Irland und Malta Amtssprache).

 

Insgesamt hat der Kontinent (genauer: Subkontinent) Europa 746 Mill. Einwohner (nach https://www.dsw.org/wp-content/uploads/2019/12/DSW-Datenreport-2019.pdf), die einschließlich nicht-autochthoner Minderheiten- (genauer: meist Immigranten-) Sprachen ca. 90 Idiome sprechen (nach Ch. Pan - B.S. Pfeil, Die Volksgruppen in Europa [Ethnos 56/2000] S. 35), davon sind autochthon rund 70. Durch die bisherigen EU-Erweiterungen kam keine einzige nicht-autochthone Sprache hinzu, denn eine Sprache wie Türkisch ist in Südosteuropa seit mehr einem halben Jahrtausend heimisch und es gibt noch einige weitere Turksprachen auf dem alten Kontinent (z.B. Tatarisch, Zentrum Kasan in Russland). Von den autochthonen Sprachen haben 37 mehr als eine Million Sprecher, nicht ganz die Hälfte davon, nämlich 17 Sprachen haben mehr als 10 Millionen Sprecher. Rund 10 Sprachen haben nur mehr eine geringe Anzahl von Sprechern, einige davon sind im Aussterben bzw. bereits erloschen.

Die Zahl der Sprachen in Europa ist auch davon abhängig, wo man im Osten und Südosten Europas die Grenzen ansetzt. Geht man von der mitteleuropäischen (und russischen) Sichtweise aus, verläuft die Grenze zu Asien entlang dem Ural (Gebirge und Fluss), dem Kaspischen Meer und weiter am Fuße des Kaukasusgebirges bis zum Schwarzen Meer. Davon abweichend wird im englisch- und französischsprachigen Raum die Grenze entlang dem Hauptkamm des Kaukasus gezogen. In Harald Haarmanns „Sprachenalmanach“ (Frankfurt/Main, Campus Verlag 2002, ISBN 3-593-36572-3) wird auch die transkaukasische Region (Georgien, Armenien und Aserbaidschan) und die gesamte Russische Föderation als „Europa“ betrachtet, womit sich die Zahl der Sprachen Europas auf 143 erhöhen würde.

Überregionale Verkehrs- und Kultursprachen in Europa waren im 19. Jhdt. v.a. Französisch („Diplomatensprache“) und Deutsch (v.a. in Ost- und Südosteuropa), im 20. Jhdt. kamen das Englische und das Russische (v.a. nach 1945 im „sozialistischen Lager“) dazu.  In den letzten Dezennien hat die Verbreitung des Französischen, Deutschen und Russischen stark abgenommen heute ist Englisch der Beherrscher des Marktes für internationale Sprachen, obwohl es in Europa an dritter Stelle (nach dem Russischen und Deutschen) steht und auch weltweit an Sprecherzahl nur den zweiten Platz einnimmt. An sich ist der mittleren und älteren Generation in Osteuropa das Deutsche mehr vertraut als das Englische, doch die Nutzung dieses Potentials wurde von den deutsch sprechenden Ländern vernachlässigt, sodass bei der jüngeren Generation der Prozentsatz von Deutschkenntnissen sinkt. Ein sprachlicher „Leidensgenosse“ ist hier das Französische, das zusammen mit dem Deutschen in manchen Bereichen (Elektronik, Hochtechnologie, Medizin u.a.) international keine Rolle mehr spielt. Auch wenn dies viele schmerzt man sollte es emotionslos zur Kenntnis nehmen, denn eine gegen das Englische als internationale Verkehrs- und Wissenschaftssprache gerichtete „Sprachpflege“ würde zu sprachlicher Abschottung führen, die letztlich den Verlust gleichrangigen Mitwirkens in der „scientific community“ bedeutet.

 

 

Die 10 (+ 3) neuen Sprachen nach dem Alphabet 

(Abkürzungen:  insg. = insgesamt, Mill. = Million(en), s. = siehe)

 

Bulgarisch (in Bulgarien ca. 8 Mill., 83,5 % der Gesamtbevölkerung, insg. [einschließlich Makedonisch] 10 Mill., südslawisch): gehört zu den ältest bezeugten slawischen Schriftsprachen, Altbulgarisch ist die Grundlage des so genannten Altkirchenslawischen (auch: Altbulgarischen). Die moderne Schriftsprache (seit dem 19. Jhdt.) fußt auf den nordostbulgarischen Dialekten, während das seit 1944/45 als eigene Sprache geltende Makedonische auf den südwestlichen Mundarten beruht. Beide werden mit kyrillischen Buchstaben geschrieben.

Estnisch (in Estland ca. 950.000, insg. über 1,1 Mill. Sprecher; finnougrisch, ostseefinnisch, südlicher Zweig): wird seit der Reformationszeit geschrieben, bis ins 19. Jhdt. zwei Schriftsprachen, was die beiden Dialektgruppen reflektiert, Nordestnisch mit dem Zentrum Tallinn (deutsch Reval) und Südestnisch mit Tartu (deutsch Dorpat, alte Universitätsstadt) als Mittelpunkt. Parallel zur Sammlung und Bearbeitung der epischen Dichtung in Finnland („Kalevala“) wurde in Estland um 1860 die estnische Volksdichtung unter dem Titel „Kalevipoeg“ herausgegeben, was dann der Auslöser für die Entstehung der estnischen Nationalliteratur war und zu einer einheitlichen Schriftsprache auf nordestnischer Grundlage führte. Zur Sowjetzeit war Estnisch nur auf dem Papier Amtssprache, dominant war das Russische. Noch heute leben auf dem estnischen Staatsgebiet 28,1% Russen gegenüber 65,1% Esten.

Kroatisch (in Kroatien ca. 4 Mill., insg. über 4,5 Mill., nationale Varietät des „Serbokroatischen“ oder „BKS“): Kultursprache seit der Renaissance (u.a. in den Städten Split, Dubrovnik, Zadar), eines der ältestesten Sprachdenkäler ist die Tafel von Baška / Bašćanska ploča (in glagolitischer Schrift, entstanden um 1100 auf der Insel Krk). — Näheres s.  http://members.chello.at/heinz.pohl/BKS.htm.

Lettisch (in Lettland  ca. 1,7 Mill. Sprecher; ostbaltisch, s.folg.): auch diese Sprache verdankt ihre erstmalige schriftliche Fixierung der Reformation mit einer auf dem Niederdeutschen fußenden Orthographie. Die gegen Ende des 19. Jhdts. beginnende systematische Sammlung der lettischen Volkslieder verläuft parallel mit der Ausbildung der lettischen Schriftsprache, deren Orthographie im Jahre 1908 festgelegt und 1937 reformiert wurde. Wie das Estnische war auch das Lettische zur Sowjetzeit nur formal Amtssprache, die eigentliche Sprache der Verwaltung war das Russische.  Bis 1989 sank der Anteil der Letten auf 52% der Gesamtbevölkerung Lettlands (zum Vergleich: 1930 waren es 75%), jetzt ist er wieder auf rund 55,5% gestiegen, der Anteil der Russen ist ungefähr ein Drittel.

Litauisch (in Litauen über 3 Mill., insg. ca. 3,2 Mill.; ostbaltisch [zum Westbaltischen gehörte als Hauptvertreter das im 17. Jhdt. ausgestorbene Altpreußische]): das Litauische ist wohl die altertümlichste aller lebenden indogermanischen Sprachen und Schlüssel­sprache für die Sprachvergleichung, das Lettische verhält sich zu ihr wie die jüngere Schwester. Im Großfürstentum Litauen (ab dem 12. Jhdt.) war das Weißrussische Kanzleisprache (bis ins 17. Jhdt.), doch geschrieben wird das Litauische schon seit dem 16. Jhdt. und mit dem Dichter Donelaitis beginnt im 18. Jhdt. die litauische Literatur. Die Litauer stellen mit 81,4% die deutliche Mehrheit der Bevölkerung, die russische Minderheit ist mit 8,3% eher bescheiden; eine weitere wichtige sind die Polen (6,9%), bildete doch Litauen mit dem Königreich Polen seit 1569 eine Union.

Maltesisch (in Malta, insg. ca. 480.000 Sprecher; semitisch, verselbständigter maghrebinisch-arabischer Dialekt mit sizilianisch-italienischen Lehnwörtern): das Maltesische entstand im Laufe des Mittelalters, als es zu Sizilien kam; der arabische Ortsdialekt wurde nachhaltig vom Italienischen beeinflusst, v.a. im Kulturwortschatz, hat aber seine semitische Sprachstruktur gut erhalten. Das Maltesische wird mit lateinischen Buchstaben geschrieben.

Polnisch (in Polen 48 Mill. Sprecher, 97% der Gesamtbevölkerung, insg. 55 Mill.; westslawisch): das Polnische gehört zu den alten europäischen Kultursprachen; das 16. Jhdt. gilt als „Goldenes Zeitalter“. Vier polnische Literaten wurden mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, am bekanntesten wohl H. Sienkiewicz („Quo vadis?“).

Rumänisch (in Rumänien ca. 22 Mill., nicht ganz 90 % der Gesamtbevölkerung; ostromanisch): das Rumänische ist der Nachkomme der südosteuropäischen (balkanischen) Latinität, wobei die wechselvolle Geschichte der Sprachgemeinschaft ihre Spuren hinterlassen hat („Balkansprachbund“ zusammen mit dem Bulgarischen und Albanischen sowie Teilen des Serbischen und Neugriechischen). Im 19. Jhdt. Sprachreform (Abschaffung der kyrillischen Schrift und Ausrichtung nach westromanischen Vorbildern). Der Name (român) beruht auf lateinisch romanus. In Russland bzw. der Sowjetunion wurde das Rumänische als „Moldauisch“ oder „Moldawisch“ bis 1991/92 mit kyrillischen Buchstaben geschrieben. Heute weitestgehende Annäherung beider Varietäten.

Slowakisch (in der Slowakei ca. 6 Mill., 85,7% der Gesamtbevölkerung; westslawisch): das Slowakische ist mit dem Tschechischen nahe verwandt, dennoch eine eigenständige Sprache mit Bezügen zum Süd- und Ostslawischen und fand erst im 19. Jhdt. zu einer eigenen Schriftsprache. Zur offiziellen Amtssprache wurde es erst im 20. Jhdt. Sein Name beruht wie beim Slowenischen auf der Gesamtbezeichnung aller Slawen.

Slowenisch (in Slowenien 2,1 Mill., insg. ca. 2,2 Mill. Sprecher, ca. 88% der Gesamtbevölkerung;  südslawisch): der Name beruht wie beim Slowakischen auf der Gesamtbezeichnung aller Slawen, da beide Völker bis zur Nationsbildung im 19. Jhdt. sich selbst „Slawen“ nannten, im Gegensatz zu ihren Nachbarn. Daneben bestand im Deutschen die Bezeichnung „Windisch“, erst um die Mitte des 19. Jhdts. setzte sich als offizielle Sprachbezeichnung auch im Deutschen „Slowenisch“ durch. Das älteste Sprachdenkmal sind die „Freisinger Denkmäler“ (Beichtformeln und Gebete) im altslowenischen Dialekt der Karantanen, in jener Sprachform, die auch den meisten Ortsnamen slawischer Herkunft im südöstlichen Österreich zu Grunde liegt gleichzeitig ältestes slawisches Sprachdenkmal in lateinischer Schrift (10. Jhdt.). Nach einem viel versprechenden Anfang einer slowenischen Schriftsprache zur Zeit der Reformation kommt es erst im Laufe des 19. Jhdts. zur Herausbildung der modernen Literatursprache (v.a. durch den Dichter Prešeren).

Tschechisch (in der Tschechischen Rep. ca. 10,6 Mill., insg. über 11 Mill. Sprecher, ca. 95% der Gesamtbevölkerung; westslawisch): das Tschechische gehört zu alten Kultur­sprachen Europas und erlebte im 14. u. 15. Jhdt. seine „klassische Periode“. Nach den Hussiten-Aufständen und v.a. nach der Schlacht auf dem Weißen Berg verliert es nach und nach an Bedeutung und Prestige zu Gunsten des Deutschen. Die tschechischen Sonderzeichen („Hatschek“) gehen auf Jan Hus zurück, zur Wiedergeburt der tschechischen Sprache und Literatur kam es im 19. Jhdt.; die alte deutsche Bezeichnung für die Sprache ist „Böhmisch“.

Türkisch (in Zypern ca. 120.000, 20% der Gesamtbevölkerung, insg. in Europa 9-10 Mill. Sprecher; Turksprache): genauer ist diese Sprache als „Türkei-Türkisch“, die Sprache des ehemaligen osmanischen Reiches zu bezeichnen, gleichzeitig alte Kultursprache, seit 1928 in Lateinschrift geschrieben.

Ungarisch (in Ungarn ca. 9,5 Mill., 89,4% der Gesamtbevölkerung, insg. ca. 13,5 (weltweit ca. 15 Mill.) Sprecher; finnisch-ugrisch, ugrischer Zweig): ungarische Minderheiten leben v.a. in der Slowakei (ca. 570.000) und in Rumänien (ca. 1,6 Mill.) sowie in allen anderen Nachbarstaaten. Die Eigenbezeichnung ist „Magyaren“, die in Europa übliche geht auf eine türkische Stammesbezeichnung zurück, unter deren Beteiligung die eigentlichen Ungarn in ihre heutigen Siedlungsgebiete gelangten. Das erste Schriftzeugnis ist eine um 1200 entstandene Leichenrede, danach entstanden weitere Denkmäler. Davor gab es eine an Runen erinnernde Kerbschrift (9.-12. Jhdt.). Seit der Reformationszeit kann man von einer ungarischen Literatur sprechen, die Schreibung des Ungarischen geht auf das 17. Jhdt. zurück.

 

 

Die europäischen Sprachen, alphabetisch

(die Nummern beziehen sich auf die obige Übersicht)

 

Sprache

Nummer

Adyge-Tscherkessisch

43

Albanisch

21

Armenisch

65

Aromunisch

42

Baschkirisch

35

Baskisch

39

Belorussisch  s. Weißrussisch

 

BKS  s. Kroatisch

 

Bosnisch  s. Kroatisch

 

Bretonisch

53

Bulgarisch.

19

Bündnerromanisch  s. Rätoromanisch

 

Cornisch

69

Dänisch

24

Deutsch

02

Englisch

03

Estnisch

37

Färingisch oder Färöisch

58

Finnisch

23

Flämisch  s. Niederländisch

 

Französisch

04

Friesisch

46

Furlanisch  s. Rätoromanisch

 

Gagausisch

54

Galicisch

28

Gälisch  s. Irisch-/Schottisch-Gälisch

 

Griechisch

13

Ingrisch

71

Irisch-Gälisch

56

Isländisch

50

Istrorumänisch

67

Italienisch

05

Jiddisch

47

Judenspanisch oder Ladino

64

Jurakisch oder Nenzisch (früher Samojedisch)

62

Jurakisch s. Nenzisch

 

Kalmykisch oder Kalmückisch

52

Karaimisch

68

Karelisch

59

Kaschubisch

55

Kastilianisch  s. Spanisch

 

Katalanisch

16

Komi (Syrjänisch und Permjakisch)

51

Kornisch s. Cornisch

 

Kroatisch, Serbisch, Bosnisch (BKS), Montenegrinisch

11

Kymrisch oder Welsh

40

Ladinisch  s. Rätoromanisch

 

Ladino  s. Judenspanisch

 

Lappisch  s. Saamisch

 

Lettisch

34

Letzeburgisch

49

Litauisch

29

Livisch

72

Makedonisch

32

Malti oder Maltesisch

44

Manx

70

Mari oder Tscheremissisch

48

Mordwinisch

38

Neugriechisch  s. Griechisch

 

Niederländisch incl. Flämisch

10.

Niedersorbisch  s. Sorbisch

 

Norwegisch

27

Nynorsk  s. Norwegisch

 

Obersorbisch  s. Sorbisch

 

Okzitanisch

26

Permjakisch  s. Komi

 

Polnisch

06

Portugiesisch

15

Provençalisch  s. Okzitanisch

 

Rätoromanisch (Ladinisch, Bündnerromanisch und Furlanisch)

41

Romanes oder Romani traditionell Zigeunersprachen

25

Rumänisch.

09

Rusinisch

60

Russisch

01

Saamisch früher Lappisch

63

Samojedisch  s. Jurakisch

 

Samojedisch s. Nenzisch

 

Sardisch

36

Schottisch-Gälisch

57

Schwedisch

17

Serbisch  s. Kroatisch

 

Slowakisch

22

Slowenisch

31

Sorbisch (Ober- und Niedersorbisch)

56

Spanisch

07

Syrjänisch  s. Komi

 

Tatarisch

30

Tschechisch

14

Tscheremissisch  s. Mari

 

Tschuwaschisch

33

Türkisch

18

Udmurtisch  bzw. Wotjakisch

45

Ukrainisch

08

Ungarisch

12

Vepsisch

66

Votisch

73

Weiß- oder Belorussisch

20

Welsh  s. Kymrisch

 

Wotjakisch oder Udmurtisch

45

Zigeunersprachen  s. Romanes

 

 

 

 

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