Kleine Geschichte der Contax

Peter LAUSCH

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Contax IIa & IIIa

 

  Im 2. Weltkrieg wurden die Werke in Jena und namentlich in Dresden durch amerikanische Bombenangriffe schwer getroffen. Bei Kriegsende waren die Produktionsstätten in Dresden zerstört, mehr noch, die Konstruktionspläne verbrannt. Die leitenden Mitarbeiter übersiedelten - von den Amerikanern halb gezogen, halb geschoben - in den Westen, die Fa. Zeiss Ikon A. G. entstand in einem früheren Zweigwerk in Stuttgart (Contessa-Werk) sozusagen neu, die eigentliche Zeiss Stiftung wurde stiftungsrechtlich umgebaut. Die neue Carl-Zeiss-Stiftung wurde 1946 in  Heidenheim an der Brenz neu geschaffen und trug als Stammmutter der Zeiss Ikon A. G. zunächst den Namen Zeiss-Opton. Daraus wurde in der Folge nicht nur der Anspruch abgeleitet, die echte Zeiss Ikon zu sein, sondern auch die Namensrechte an den bis Kriegsende produzierten Objektiven zu besitzen, also etwa am Tessar, am Sonnar etc. Dies führte zu langjährigen Rechtsstreitigkeiten, in denen sich die westdeutsche Seite durchsetzte. Infolgedessen durften die in der DDR hergestellten Objektive und Kameras nicht mehr die traditionellen Namen tragen, auch wenn sie, zunächst jedenfalls, baugleich waren.
  

In der sowjetischen Besatzungszone blieben Bestandteile und Objektive zurück und in Jena auch eine funktionsfähige Produktionsstätte.  Was in Jena noch vorhanden war, wurde nach einer gewissen Übergangszeit als Reparationsleistung in die Sowjetunion verschleppt. In Kiew wurden die Produktionseinrichtungen für die Gehäuse der Contax neu aufgebaut und ab 1947 wurde die Contax II und III unter dem neuen Markennamen Kiew wieder erzeugt. Sinngemäß gleiches geschah mit dem Objektivbau. Im Einzelnen liegt diese Periode ein wenig im Dunklen, es scheint so, dass ab 1945 in Jena und später dann in Kiew aus den vorhandenen Teilen Contax-Kameras erzeugt wurden, ehe dann, nach Verbrauch der vorhandenen deutschen Teile, die Produktion echter Kiews begonnen wurde. Diese Kameras wurden in verschiedenen weiter entwickelten Modellen bis in die 80er-Jahre erzeugt, beruhen letztlich aber alle auf der Contax II bzw. III.  Unter anderen beschreibe auch ich  einzelne dieser interessanten Kameras, anderswo.
  

In der sowjetischen Besatzungszone wurde in den ersten Nachkriegsjahren vom VEB Zeiss Ikon Dresden auf Grund von Entwürfen aus der Kriegs- und Vorkriegszeit eine ganz neuartige Contax entwickelt und erzeugt: die Contax S, die erste SLR mit Dachkantprisma. 
contaxdweb.JPG (64331 Byte)  Die Kamera wurde kein wirklicher Erfolg. Das ist schade, denn sie zeigt als Erstes die zukünftige Entwicklungsmöglichkeit der SLR auf, auch wenn ihr die Springblende und der Rückschwingspiegel noch fehlen - beides sind japanische Entwicklungen. Aus der Contax S, die auf Grund der namensrechtlichen Streitigkeiten mit der westdeutschen Zeiss Ikon unter verschiedenen Namen auf dem Markt auftauchte, wurde eine lange Reihe erfolgreicher SLRs entwickelt. Ohne die Contax S hätte es keine Pentacon F gegeben und keine Praktina und keine Praktica. Mit der Wende kam dann 1990 das Ende dieser traditionsreichen Marken.
  

Im Westen wurde, teils unter Verwendung vorhandener Exemplare die Contax neu entwickelt und verbessert, ohne dass sie jedoch im Wesen verändert worden wäre. Im Jahre 1950 brachte Zeiss Ikon die Contax IIa heraus, ein Jahr später die Contax IIIa (mit eingebautem Belichtungsmesser).

     

Die Contax IIIa

Die Nachkriegsmodelle sind ein wenig kleiner als die II und III; wichtiger ist der vereinfachte und verbesserte Schlitzverschluss, der jetzt nicht mehr aus Messing-, sondern aus Aluminiumlamellen besteht - weniger Gewicht, weniger Geräuschentwicklung, größere Haltbarkeit. In dieser Ausführung besitzt die Contax als längste Verschlusszeit die 1 Sekunde (und ebenfalls neu: T), als kürzeste Verschlusszeit nach wie vor 1/1250 Sekunde. Zusätzlich hatten alle Contax IIa und IIIa von Anfang an einen - nicht genormten - Synchronanschluss für Blitzgeräte; ab 1954 wurde jede Kamera mit einem genormten Blitzstecker geliefert. Geblitzt wird mit 1/50 Sekunde (bei Elektronenblitz bestimmt damals wie heute bei Dunkelheit die Leuchtzeit des Blitzes die Belichtungsdauer, die heute übliche Aufhellung von Schatten bei Tageslicht ist nur bedingt möglich - hier zeigt sich der technische Fortschritt seit 1950!).
  

Die Contax IIa und die IIIa wurden ab 1954 praktisch nicht mehr verbessert.
  

Folge war, dass die Konkurrenz aufschloss. Als die Produktion der Contax 1962 eingestellt wurde, waren Kameras auf dem Markt erhältlich, die der Contax technisch überlegen waren: einerseits die Leica M3 und die M2, andererseits Nippon Kogaku K. K. mit den Nikon-Sucherkameras, deren Entwicklungsgeschichte ich möglichst ausführlich beschreibe.
  

Warum die Contax nicht weiterentwickelt wurde? Manche sagen, weil die Zeiss Ikon A. G. ihre Kräfte verzettelte, produzierte die Firma doch eine große Zahl verschiedener Modelle für den Amateurmarkt, der größere Umsätze brachte - bloß stimmten die Erträge nicht und es war anscheinend in der Zeiss Ikon A. G. nicht genug Geld vorhanden, mehr als eine Spitzenkamera zu entwickeln. Die Zeiss Ikon A. G. hatte nämlich richtig erkannt, dass die Zukunft  der einäugigen Spiegelreflex gehörte und die passende Systemkamera entwickelt: die Contarex. Aber das ist eine andere Geschichte, die erst noch geschrieben werden muss.
  

Und 1971 war dann nach vielen verlustreichen Jahren durch Intervention der Banken das Ende da: die Kameraproduktion wurde überhaupt beendet, seit damals gibt es keine neuen Kameras mehr von Zeiss Ikon.
  

Der Name Contax lebte nochmals auf, als er der japanischen Firma Yashica, die es auch nicht mehr gibt, zur Nutzung überlassen wurde, die, von Kyocera geschluckt, unter diesem Namen eine Vielzahl von Kameras erzeugt, von ausgezeichneten, aber nicht wirklich erfolgreichen SLRs bis zu AF-Sucherkameras. Aber auch das ist eine andere Geschichte.
  

Die Geschichte der wahren "Contax" ist  1962 zu Ende gegangen.

 

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© Peter Lausch/ Geändert 15.7.2009