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letztes update 12/12/09


 © gst.


Über Michael Scharangs Roman
"Das jüngste Gericht des Michelangelo Spatz"

Ein Mann um die 50, ein Maulheld und Aufschneider, mit bewegter schwieriger Jugend, aber glücklichen Erfahrungen für seine  sinnlich/sexuelle (Maria) und  intelektuelle  Entwicklung (Großmutter, Kohlenhändler). Der Wahrheit und Originaltät seiner  Erkenntnisse ist er sich sehr sicher, obwohl oder weil er sich als Autodidakten  einstuft. Wie überhaupt  das   autodidakte Wissen besser wegkommt als das universitäre. Der Erzähler wird von Selbstzweifeln weder im Bereiche seiner theoretischen noch seiner künstlerischen  Überlegungen geplagt.  Eine Ausnahme liegt  in der selbstkritischen Beurteilung der eigenen literatischen Produktivität, bzw. Literaturformentheorie. Im weniger wichtigen   Gelderwerb, da ihm das Glück stehts hold ist, und in der  praktischen  Musikausübung sind ihm andere Romanpersonen überlegen. Selbst im Bereich  der Sexualität, offenbar ausschließlich mit Maria, scheinen ihm nur gegenüber Sulzbacher gewisse Minderwertigkeitskomplexe angebracht. Zur  österreichischen politischen Lage und zur Weltpolitik änderte der Erzähler im Laufe seiner Geschichte seine Meinung, in die Richtung, daß der "Zerfall" nicht  aufzuhalten sei, aber  das Gegebene,  Negative zerfalle.

Vielleicht war es des Autors Absicht, es wird ja das Geschichtenmaterial zum  geplanten Projekt des  Jüngsten Gerichtes erzählt, den  ersten kleinbürgerlichen Roman zu veröffentlichen. Ohne auf den moralisierenden  Beigeschmack dieses Begriffes einzugehen, meine ich ist die Absicht in aller  Doppeldeutigkeit gelungen: Eklektizismus im Stil,  vorgegebene  Sprachexaktheit, explizit erwähnte überhöhte ästhetische Ansprüchen, Belehrungen in jeder Art, große Thesen- und Themenanzahl, oft  gelungene aber auch  verkrampfte Komik...

 Das im Wesentlichen  durch den Gesamtkontext der Figuren ausgedrückte Weltgefühl  ist das  überheblich defäitistisch räsonierende, eines scheinbaren  Bohemiens  aus dem Arbeitermilieu, der es schwer hat zu verkraften, daß er  nicht sagen kann, daß er eigentlich doch g`studiert ist.

Verwandte Literatur

Broch (Die Schlafwandler)

Die Überlegungen zum Kleinbürgertum und dessen historischer Dominanz haben mit dem  eingebundenen bzw. exkursartigen theoretischen Resonieren  eine Hohe Ähnlichkeit mit Spatz`HF

 Kafka (Amerika/der Verschollene)

Hier meint W. Lang in  der Art der Raumdarstellung, Schilderung des Raufens..  Gemeinsamkeiten zu  finden; stärker erinnert mich der Traum Sulzbachers,  daß ihm "Üb immer Treu und Redlichkeit" auf  die Brust tätowiert worden sei   an das "Strafgericht", bzw. die Figur des weichenden Doormannes an  den Türsteher.

 Bernhard (Wittgensteins Neffe etc.)

 Bei aller Unterschiedlichkeit in der Struktur und Textform (Bernhard: die Denkform wird vermittelt,  Scharang : es wird  letztlich erzählt und  referiert)  sind Auffassungs- und Darstellungsweisen nicht nur  im Bereich der Politik und Gesellschaftskritik ähnlich. Auch der Duktus, über österr. Verhältnisse   angewidert zu sein,  entspricht beiden,  wobei Bernhard schärfer und präziser ist. Beide behandeln das  Musikleben euphorisch durch Diskussion konkreter  Werke/Komponisten. Auch das Salzkammergut  kommt schlecht weg.

 Deleuze/Guattari (Antiödipus, etc..)

Die Verarschung der  psychiatrischen Theorien, des Mutter-,  Familien-Komplexes als logische  Handlungs- und Motivationsableitung. Divergierende  Entwicklung statt Einheit und Konvergenz.

Vorurteile / Klischees

Beamtensicht: bestechlich, bürokratisch, konservativ

Bürger/Kleinbürgersicht:  Kleinbürger ist dumm, aber pragmatisch effizient;  zivilisiert aber kunstlos..

Institution der Ehe ist ein perverser Beziehugsrahmen

Eltern-Kinder-Beziehung wirkt deformierend auf die Kinder

 Die alten kämpferischen SozialdemokratInnen gab es wirklich

Der faschistenfreundliche Charakter der Österreicher

Künstler ist ein Bohemien

 (cyparis)