Die Information über politische Ereignisse ist die erste Vorbedingung für alle Formen politischer Aktivität. Mangelnde Information ist oft eine Ursache für politische Zurückhaltung (Kubicek/Hagen, 1999, Hagen, 1997, S. 22). Neben der Information ist die Diskussion bzw. die Deliberation (Beratung) politischer Sachthemen mit anderen Individuen eine Quelle für Meinungsbildung, Willensbildung und Entscheidungsfindung. Wahlen und Abstimmungen sind als Institutionen der Demokratie von zentraler Bedeutung. Wahlen gelten vielfach als Hauptindikator der politischen Beteiligung.
Politische Aktivität umfaßt auch alle Aktivitäten, welche die vier Dimensionen Information, Diskussion, Wählen und Abstimmen transzendieren. Dazu gehören z.B. das Vorbereiten eines Initiativentextes, das Ausarbeiten eines entscheidungsfähigen Gesetzestextes, die Beteiligung am Initiatorenkomitee, die Sammlung von digitalen Signaturen für eine elektronische Abstimmung, die Organisation einer Bürgerversammlung, das Besuchen einer Versammlung, politisches Engagement in Basisgruppen, Bürgerinitiativen, etc.
Jede Entscheidung führt auf individueller und kollektiver Ebene zu Konsequenzen, die sich in politischen Aktivitäten manifestieren können. Ein qualitatives elektronisches Entscheidungssystem stellt einen Prozeß dar, bei dem politikfähige Individuen Werte/Stimmen zu Objekten/Subjekten unter den Grundbedingungen der Information, der Diskussion, der Entscheidung und der politischen Aktivität zuweisen, woraus Konsequenzen resultieren.
Ferner kann unterschieden werden, ob am politischen Prozeß der Entscheidungsfindung nur Vertreter (Mitglieder) von Interessengruppen oder ob alle Bürger daran teilnehmen dürfen.
Mit Hilfe der fünf Dimensionen liegt ein Konzept politischer Partizipation für die Analyse der Modelle elektronischer Demokratie auf der Mikroebene vor. Im folgenden wird die Beteiligung auf der Makroebene (= institutionelle Kontext der Beteiligung, Demokratieformen) des politischen Systems dargestellt. Dabei wird zwischen direkten und repräsentativen Demokratieformen unterschieden.
Die Art und Weise politischer Handlungen wird auf einer Makroebene durch den institutionellen Kontext der jeweiligen Form der Herrschaftsausübung bestimmt. In demokratisch regierten Ländern können zwei Formen von Demokratie unterschieden werden. Sie prägen die Art und Weise politischer Kommunikation und Mitwirkung am politischen Prozeß.
5.2.2.1 Repräsentative Demokratie
Die in der westlichen Zivilisation dominierende Demokratieform ist die repräsentative Demokratie. Das Volk übt seine Herrschaft über Repräsentanten nur mittelbar aus, die auf der Grundlage eines "hypothetischen Volkswillens" entscheiden. Eine formale Definition von repräsentativer Demokratie gibt Ernst Fraenkel:
"Repräsentation ist die rechtlich autorisierte Ausübung von Herrschaftsfunktionen durch verfassungsmäßig bestellte, im Namen des Volkes, jedoch ohne dessen bindenden Auftrag handelnde Organe eines Staates oder sonstigen Trägers öffentlicher Gewalt, die ihre Autorität mittelbar oder unmittelbar vom Volk ableiten und mit dem Anspruch legitimieren, dem Gesamtinteresse des Volkes zu dienen und dergestalt dessen wahren Willen zu vollziehen" (Fraenkel, 1990, S. 153).
5.2.2.2 Direkte Demokratie
Der Begriff "direkte Demokratie" bezeichnet die unmittelbare Herrschaft, die Identität zwischen Volk und Herrschenden. In direktdemokratischen Regierungssystemen wird daher ein einheitlicher Wille der Bevölkerung vorausgesetzt, von dem angenommen wird, daß er weitgehend dem Gesamtinteresse entspricht (vgl. Fraenkel, 1990, S. 154). In der direkten Demokratie wird mithin ein empirisch feststellbarer Volkswille umgesetzt, der auch einem eventuell theoretisch vorhandenen hypothetischen Volkswillen vorzuziehen sei. Direkte Demokratie orientiert sich am Paradigma der Gemeinschaft und setzt die Existenz eines relativ homogenen Demos voraus.
Der als Homo Politicus konzipierte Bürger nimmt permanent und aktiv an allen Meinungsfindungen und Entscheidungen teil. Referenden, Bürgerforen und Initiativen (Einbringen eines Vorschlages zur Gesetzes- bzw. Verfassungsänderung) zählen zu den derzeit etablierten Möglichkeiten der direkten Demokratie, wobei diese wiederum repräsentative Elemente enthalten. Referenden umfassen meistens Abstimmungen über Entscheidungen (Gesetze, Verfassung), die abhängig von Initiativen sind. Die direkte Demokratie geht von kompetenten Bürgern aus, die sich permanent und mit starkem Interesse am politischen Prozeß beteiligen.
Auf der Mikroebene werden die nachfolgenden Konzepte elektronischer Demokratie (kompetitive, pluralistische, plebiszitäre, republikanische, partizipatorische E-Demokratie) nach ihrem Partizipationsverständnis differenziert (d.h. die im Vordergrund stehenden Dimensionen politischer Beteiligung), das sie für die politische Beteiligung der Bürger für ausschlaggebend halten. Auf der Makroebene werden sie danach unterschieden, ob sie primär direkte oder repräsentative Demokratieformen bevorzugen. Des weiteren werden die Modelle elektronischer Demokratie auch nach den folgenden Eigenschaften differenziert: