Zur Diskussion rund um
die Rechtschreibreform
(© Heinz-Dieter POHL)
Aktualisiert zuletzt am 25.11.2015
Zur Geschichte der Rechtschreibreform siehe unter: http://www.schriftdeutsch.de/orth-his.htm
Hauptseite: http://www.schriftdeutsch.de/orthogra.htm
Weitere Links: http://www.ids-mannheim.de/reform/
http://www.christian-stang.de/veroeffentlichungen.html
Empfehlungen des „Rats
für deutsche Rechtschreibung“: http://www.rechtschreibrat.com/
(von der Startseite
weiter zu Links Regeln und Wörterverzeichnis)
Zur Abschaffung und Verwendung der Fraktur / Fraktur siehe ganz unten
Die Aufregung,
die immer wieder rund um die Rechtschreibreform aufkommt, wäre berechtigt, wenn
die deutsche Orthographie konsequent nach phonetisch-phonologischen Prinzipien
(mit Kleinschreibung der Hauptwörter) umgestaltet worden wäre, was man aber
vermied, um keinen Bruch mit der Tradition herbeizuführen. Die einzige
wirklich ins Auge springende Veränderung ist ss statt ß am
Wortende nach kurzem Vokal wie z.B. besonders häufig in der Konjunktion dass (statt
daß) — alles Übrige merkt man kaum (denn wie oft kommt schon Gämse und belämmert in unseren Texten vor?).
Ich halte die
immer wieder aufs Neue aufgewärmte Diskussion für entbehrlich. Jahrelang wusste
man von der bevorstehenden Rechtschreibreform, noch Anfang der 1990er Jahre war
die (fälschlich „gemäßigt“ genannte) allgemeine Kleinschreibung der Substantiva
zu befürchten; erst nachdem alles ohne Kleinschreibung gelaufen war (1996)
erhob sich der erste Sturm der Entrüstung. Dann war es aber zu spät und wir
hatten die Bescherung: mehrere Verlage und Tageszeitungen verweigerten sich für
längere Zeit (nach vorübergehender Akzeptanz) der neuen Rechtschreibung, die
schon seit Jahren in der Schule gelehrt wird. Dieser Weg war falsch und er
führte in ein orthographisches Chaos, v.a. im privaten Bereich (insbesondere im
E-Mail-Verkehr) hält sich niemand mehr an die verbindlichen Regeln. Auch die
totale Kleinschreibung, Dialektismen u. dgl. sind salonfähig geworden, dazu
kommt das sogenannte „Gendern„ mit den spezifischen
Regelverstößen, z.B. mit Binnen-I à la
-Innen wie LehrerInnen, was ja gerade
noch lesbar ist, aber KöchInnen, MitgliederInnen?
Unangenehm für
eine Kultursprache, die immer noch einen gewissen internationalen Stellenwert
hat. Trotz des entstandenen Druckes ist die Rechtschreibreform seit 1. August
2005 auch in den Schulen Standard. Jede weitere Diskussion um „Nachbesserungen“
würde nur neue Auseinandersetzungen erzeugen und es bestünde Gefahr, dass es
nicht nur bei den bisherigen Änderungen bliebe. Es ist da eine unheilige
Allianz entstanden zwischen Konservativen (die gegen jede Reform sind) und
Progressiven (denen die Rechtschreibreform zu wenig weit geht: Stichwort Kleinschreibung!).
Man mag zur neuen Orthographie stehen wie
man will − sie hat, wie jedes Regelwerk, vorteilhafte und weniger gute
Seiten. Vorteilhaft erscheint mir u.a. die derzeitige („neue“) ß/ss-Schreibung:
wenn der Buchstabe ß (eigentlich die Ligatur „SZ“ bzw. „langes S
+ rundes S“ [ſs]) auf einen langen Vokal hinweisen soll
(z.B. Maße gegenüber Masse), fragt man sich, worin denn der
Vorteil der (alten) durchgängigen ß-Schreibung am Wortende liegen soll,
z.B. Fluß neben Fuß. Niemand wird bezweifeln, dass Fluss
die durchsichtigere Schreibung ist (sie war übrigens in Österreich als
„Heyse’sche Regelung“ schon einmal in Gebrauch, setzte sich aber bei der Reform
1901 nicht durch). Weniger vorteilhaft sind die Regeln zur Getrennt- bzw.
Zusammenschreibung, aber das war schon bisher so (auch bei der „bewährten“
alten Rechtschreibung), jetzt aber durch die neuen Regelungen entschärft.
Zur Geschichte und Entstehung des ß siehe http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9F.
Zur immer wieder
geforderten Abschaffung des ß, das angeblich nicht ins Computerzeitalter
passt: Dieser Buchstabe bereitet genau so wenig Probleme wie die Umlaute, die slawischen Hatscheks (č, š usw.)
oder die französische Cedille (ç);
selbst andere Schriften sind längst computertauglich geworden (sogar die chinesische
und japanische). Die Forderung zur Abschaffung des (durchaus sinnvollen
Buchstaben, s.o.) ß ist ebenso wie der Wunsch nach der sogenannten
gemäßigten Kleinschreibung gegen ein Spezifikum der deutschen Sprache
gerichtet, also eher ideologisch motiviert, eine Pseudo-Internationalisierung;
vergleichbar wäre einer Forderung nach Abschaffung der Hatscheks bei den Slawen
oder der griechischen und kyrillischen (usw.) Schrift.
Es war auch die Einführung eines eigenen Großbuchstabens
für ß nicht so überflüssig wie dies auf den ersten Blick scheint. Die
Notwendigkeit hat sich ergeben, da in Versalien geschriebene Namen oft nicht
korrekt in ihre „normale“ Schreibung transformiert werden können, z.B. gibt es
Ortsnamen wie Nußberg
und Nussberg
bzw. Familiennamen wie Straßer
und Strasser,
die in Großbuchstaben geschrieben in der Schreibung NUSSBERG und STRASSER nicht
zu unterscheiden sind. In Zukunft gibt es auch NUßBERG und STRAßER - mit einem
entsprechenden Buchstaben, den ich hier nicht abbilden kann (eine gute
Abbildung siehe unter der URL http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Signa_9.jpg). Auch das
kyrillische Alphabet hat für alle Buchstaben Versalien, auch für jene, die am
Wortanfang nicht vorkommen, im Russischen sind es drei (Ы Ъ Ь), im
Bulgarischen zwei Buchstaben (Ь Ъ), im Ukrainischen einer (Ь). Zur Geschichte und Entstehung des Großbuchstabens ß siehe http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9F
Abschnitt 4.3.
Man sollte also 20 Jahre nach dem
endgültigen Inkrafttreten wieder zur Tagesordnung übergehen und sich mehr den
Rechtschreibregeln widmen, für die es aus Sicht der Sprachwissenschaft ohnehin
keine „optimalen“ Lösungen gibt. Das Wesen der Orthographie ist
sprachwissenschaftlich gesehen die „Lehre von der systematischen und
einheitlichen Verschriftung von Sprache durch Buchstaben (Grapheme) und
Satzzeichen“ (H. BUSSMANN, Lexikon der Sprachwissenschaft, S. 628). Die
hochdeutsche Schriftsprache ist als genormtes Sprachsystem (mit gewissen
Zugeständnissen an großräumige und regionale Besonderheiten) das gemeinsame
„Dach“ über allen deutschsprachigen Ländern; diese Überdachungsfunktion ist nur
durch eine grundsätzlich einheitliche Rechtschreibung möglich. Diese Aufgabe
erfüllt die „alte“ wie auch die „neue“ Orthographie in gleicher Weise. Dass man
manchmal gewisse orthographische Regeln verschieden auslegen kann, ist ganz
normal. Es ist in der Sprache, die ja ein „offenes“, sich in stetigem Wandel befindendes
System ist, unmöglich, alles bis ins letzte Detail zu normieren und
festzulegen. Ich meine übrigens auch, dass man in der Orthographie nicht alles
bis ins letzte Detail reglementieren kann. Dies gilt nicht nur fürs Deutsche,
sondern für alle Sprachen. Übrigens ist mir auch ein Fall des Scheiterns einer
Reform bekannt: das vorrangige Ziel der slowenischen Rechtschreibreform von
1962 musste wieder zurückgenommen werden (vgl. J. Makovec, Sprache und
Literatur in Wissenschaft und Unterricht 58/1986, 99-101, auch in meinem
Artikel zur Geschichte des Slowenischen Schriftenverzeichnis
Nr. 124
zitiert).
Alle orthographischen Systeme von
Kultursprachen sind historisch gewachsen und schreiben Traditionen fort bzw.
Konventionen fest. Eine rein historisch-traditionelle Rechtschreibung ist z.B.
die englische oder französische; so werden im Französischen noch
Flexionsendungen geschrieben, die man längst nicht mehr spricht (tu chantes
„du singst“ und ils chantent „sie singen“ werden wie il chante
„er singt“ [ˈšãt(ǝ)] gesprochen; den Plural der Substantive
erkennt man meist nur am Artikel, nicht am Plural-s, das nur
geschrieben, aber meist nicht gesprochen wird, les femmes [le fam] „die
Frauen“ wie die Einzahl la femme [la fam] usw.). Bei vielen anderen
Rechtschreibungen kommen phonetisch-phonologische und morphologische Prinzipien
dazu, z.B. im Italienischen: man schreibt zwar traditionell c wie im
Lateinischen und spricht es vor e und i wie [tsch], sonst wie [k]
aus und muss daher mit Zusatzbuchstaben andere Aussprachen anzeigen, z.B. cia
[tscha] und che [ke]. Dadurch bleibt der Wortstamm relativ einheitlich,
z.B. amic- „Freund(in)“ in amico/amici/amica/amiche, eine
phonetisch-phonologische Schreibung hätte zwei Formen: in deutscher
Orthographie /amik-/ und /amitsch-/). Auch im Deutschen bleibt er (meist)
einheitlich, z.B. geliebt trotz Aussprache [-pt] wegen lieben
oder er empfiehlt mit -h- wegen
empfehlen usw. Streng phonetisch ist u.a. die serbokroatische
Rechtschreibung, so schreibt man slatka, -o neben der Grundform sladak
„süß“ (im Slowenischen aber sladek/sladka/-o „süß“) oder die Vorsilbe iz „(her)aus“, z.B. izmeniti „austauschen“,
aber ispiti „austrinken“ (statt izpiti wie im Slowenischen).
Die meisten graphischen Systeme verwenden
Sonderzeichen, z.T. Zusatzbuchstaben (wie z.B. isländisch þ „Thorn“), z.T. Ligaturen (wie deutsch „ß“ aus
Fraktur-sz bzw. der Verbindung
von ſs), z.T. diakritische Zeichen (wie unsere
Pünktchen [ä, ö, ü], die spanische Tilde [ñ], die französische Cedille [ç], die
slawischen Hatscheks [č, š] usw.). Sie können alle in der heutigen
Datenverarbeitung ohne Schwierigkeiten verwendet werden (wie auch andere
Schriften). Daher ist es verwunderlich, dass immer wieder die Forderung
auftaucht, das Deutsche möge auf den Buchstaben „ß“ verzichten, und auch auf
die Umlaute, weil das Englische diese nicht habe und sie die elektronische
Kommunikation stören. Dies mag im deutschen Sprachraum progressiv erscheinen
und widerspiegelt die in den deutschsprachigen Ländern vorhandene Bevorzugung
des Englischen vor der eigenen Muttersprache, ist aber in Wirklichkeit ein
Willkürakt auch allen anderen Sprachen gegenüber: nur weil das Englische zufällig (!) ohne Zusatzzeichen
auskommt, sollen dies alle anderen Sprachen auch tun? Wohl ein Irrweg! Denn an
der englischen Orthographie, die nicht einmal in der Lage ist, die eigenen
Wörter und Namen (geschweige denn Lehnwörter und fremde Namen!) hinsichtlich
der Aussprache einigermaßen „treffsicher“ zu schreiben, werden sich die
Rechtschreibungen dieser Welt sicher nicht zu orientieren haben! So weist die
Buchstabengruppe ea insgesamt 6 verschiedene Aussprachemöglichkeiten
auf: beach [i:] /bear
[ε] / clear [ı] /learn [ɜ:] / great [eı] /death [e]; umgekehrt gibt es im Neugriechischen insgesamt 6
Möglichkeiten, um den Laut i zu schreiben, woran auch die
Rechtschreibreform von 1982 nichts änderte, denn diese betraf v.a. die (rein
historische) Schreibung der Akzente und die Abschaffung des Spiritus asper u. lenis.
Die deutsche Rechtschreibung ist seit eh
und je ein Konglomerat aus historisch-konventionellen,
phonetisch-phonologischen und morphologischen Prinzipien, wobei weder in der
„alten“ noch in der „neuen“ eines dieser Prinzipien das Übergewicht hat. Reine
Konvention ist z.B. die Verteilung von f und v für den Laut [f]
sowie von v und w für den Laut [w] (in Lehnwörtern), sowie die
Großschreibung der Hauptwörter: diese gibt zwar der geschriebenen Mitteilung
ein Mehr an Information (z.B. „wir haben in Moskau liebe Genossen“
gegenüber „wir haben in Moskau Liebe genossen“), ist aber im Hinblick
auf die gesprochene Sprache ohne Bedeutung. Auch ein reduzierter Text wie eine
Schlagzeile ist in deutschsprachigen Zeitungen durch die Großschreibung auf
Anhieb verständlich (z.B. „Der Gefangene floh“). Das morphologische
Prinzip ist derzeit zwar durch das Stammprinzip (allerdings in einem sehr
eingeschränkten Umfang) gestärkt worden, z.B. Wechte wegen wehen oder behände wegen Hand, geht aber zu Lasten des phonetisch-phonologischen
Prinzips: warum aufwändig (neben aufwendig), wenn es weiterhin
nur aufwenden heißt? Oder ist mundartlich Gams ausreichend, dass
man Gämse schreibt? Konsequent wird das Stammprinzip auch nach der
Reform nicht angewendet, warum nicht Ältern „Eltern“ (aus die Älteren)?
Oder Säle neben Saal, aber nicht Sääle (einfacher wäre Sal/Säle,
es heißt ja auch Mal oder Tal mit langem a), warum Pleuel-stange
neben (ver)bläuen, warum fördern, wo es doch mit vorder
zusammenhängt?), dafür aber oft falsch (wie eben bläuen, das von (altem)
bleuen „schlagen“ kommt, usw.). Solche „Fehler“ gibt es aber auch in
anderen Sprachen, z.B. französisch poids „Gewicht“ kommt nicht von
lateinisch pondus, sondern pensum, das -d- ist historisch
unberechtigt.
Zweifellos hat die Reform einige
Vereinfachungen gebracht, wie Straffung einiger allgemeiner Regeln oder die ß/ss-Schreibung.
Sie hat aber in einigen Punkten des Guten zu viel getan, wie z.B. einige
falsche etymologische Schreibungen; bisher nicht befriedigend gelungen ist die
Lösung, wie man Wortzusammensetzungen schreibt, wenn auch die Regeln auf den
ersten Blick schlüssig erscheinen. Auf Grund der deutschen Sprachstruktur mit
ihrer Vorliebe für die Wortzusammensetzung ergeben sich Probleme mit der richtigen
Schreibung, da eine exakte Grenze zwischen Zusammensetzung und Wortgruppe
schwer zu ziehen ist. Dafür gibt es eben keine Patentrezepte − damit
werden sich Anhänger wie Gegner der neuen Rechtschreibung abfinden müssen. Doch
solche Fälle wie in bezug auf gegenüber mit Bezug auf oder radfahren,
ich fahre rad, aber Auto fahren, ich fahre Auto samt
Spitzfindigkeiten wie radfahren und
Auto fahren (usw.), die in der alten Schreibung vorkamen, gibt es
heute nicht mehr.
Die neue Rechtschreibung hat keine
Auswirkungen auf die Eigenart des Deutschen und birgt auch keine „Gefahren“ in
sich (diese liegen nämlich ganz woanders). Die neue Orthographie ist auch kein
Bruch mit der Tradition (wie es z.B. die Einführung der Kleinschreibung gewesen
wäre) und schon gar nicht ist sie eine Sprachreform. Ob man ein Werk von
Schiller, Goethe oder Grillparzer in zeitgenössischer, alter oder neuer
Rechtschreibung bzw. in Antiqua oder Fraktur liest: auf die Schönheit ihrer
Sprache und auf den Gehalt ihrer Werke hat dies keinen Einfluss; dies sei auch
den zeitgenössischen Autoren ins Stammbuch geschrieben: Im Grunde genommen ist der
Unterschied zwischen der „alten“ und „neuen“ Rechtschreibung so zu beurteilen,
als ob man auf einen Nobelball mit Frack oder Smoking ginge.
Viel schwerwiegender war der letzte Eingriff in die
Kultur der deutschen Sprache vom 3.1.1941 in einem Rundschreiben (unterzeichnet
von Bormann, jedoch im Auftrag des „Führers“):
„Die sogenannte gotische Schrift als eine
deutsche Schrift anzusehen und zu bezeichnen ist falsch. In Wirklichkeit
besteht die sogenannte gotische Schrift aus Schwabacher-Judenlettern [Hervorhebung von mir, H.D.P.]. Genauso wie sie sich später in den
Besitz der Zeitungen setzten, setzten sich die in Deutschland ansässigen Juden
bei der Einführung des Buchdrucks in den Besitz der Buchdruckereien, und
dadurch kam es in Deutschland zu der starken Einführung der
Schwabacher-Judenlettern“.“
Und weiter heißt es:
„...daß die Antiqua-Schrift künftig als
Normalschrift zu bezeichnen sei. Nach und nach sollen sämtliche
Druckerzeugnisse auf diese Normalschrift umgestellt werden. Sobald dies
schulbuchmäßig möglich ist wird in den Dorfschulen und Volksschulen nur mehr
die Normalschrift gelehrt werden. Die Verwendung der Schwabacher-Judenlettern
durch die Behörden wird künftig unterbleiben; Ernennungsurkunden für Beamte,
Straßenschilder u. dergl. werden künftig nur mehr in Normalschrift gefertigt
werden.“
Dies bedeutete das Ende einer langen Tradition und
gehört (wie so viel anderes) zu dem Scherbenhaufen, den uns der
Nationalsozialismus hinterlassen hat. Allerdings muss festgehalten werden, dass
schon seit Mitte des 19. Jhdts. in wissenschaftlichen Publikationen und in
Fachzeitschriften zunehmend die Antiqua verwendet wurde und daher im Jahre 1941
von einem allgemein üblichen Gebrauch der Fraktur schon lange keine Rede mehr
sein konnte. Siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Antiqua-Fraktur-Streit.
— Die Fraktur heute als „Nazi-Schrift“ zu
diskreditieren, wie es oft geschieht, ist jedenfalls verfehlt, auch wenn sie
von manchen sogenannten „rechten“ Kreisen recht gerne verwendet wird. Eher ist
dies aber eine nostalgische Traditionspflege.
Weiters sei darauf hingewiesen, dass man schon
zur Nazi-Zeit an die Einführung der Kleinschreibung der Substantiva (und an
weitere „Vereinfachungen“) dachte; so gesehen waren die berühmten „Stuttgarter
Empfehlungen“ von 1954 nicht ganz neu …
Unter
der URL http://www.sfd.at/sprache/index.htm
(vor einiger Zeit aufgelassen, vorübergehend unter http://www.uni-klu.ac.at/daf/Resources/Oesterreichisch-ide.doc [zuletzt aufgerufen am 2.8.2015, inzwischen
offensichtlich ebenfalls aufgelassen, dazu s. jetzt die Abschnitte 4.2 u. 4.3 unter der URL http://members.chello.at/heinz.pohl/Pohl_OeDt_KBS.pdf])
melden sich die Vertreter eines österreichischen Sonderweges zu Wort und fordern unter dem Titel „Österreichisch“ als eigene
Sprache! Keine „deutsche“ Rechtschreibreform mehr! Besondere Beachtung des europäischen
Kontextes! eine
eigene österreichische Sprachform. Es gibt jedoch keine „österreichische“
Sprache, sondern bloß eine „österreichische nationale Varietät des Deutschen“,
wie sie im „Österreichischen Wörterbuch“, in Herbert Fussys „Auf gut Österreichisch“
und in Jakob Ebners „Wie sagt man in Österreich?“ ohnehin festgehalten ist siehe hier − auch der DUDEN verzeichnet die
gängigen Austriazismen. Von den Proponenten „Österreichisch“ als eigene Sprache wird u.a. die EU-Liste mit den 23
(angeblich) österreichischen Ausdrücken bemüht (s. dazu die Tabelle [mit Erläuterungen] hier). Deutsch ist derzeit die größte
Sprachgemeinschaft in der EU − ein Ausscheiden Österreichs aus der
gemeinsamen deutschen Standardsprache würde keinen „europäischen Kontext“
eröffnen, sondern letztlich zur sprachlich-kulturellen Isolierung Österreichs
führen.
© H.D. Pohl 2008 (2015, 2016)
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