Die 5 Silas spielen als ethische Eckpfeiler im Buddhismus eine
ähnliche Rolle wie die Zehn Gebote der abrahamitischen Religionen.
Buddhistische Lehrmeister betonen, dass es sich bei den Fünf Silas
nicht um Gebote bzw. Verbote im Sinne eines Gesetzes, sondern um
sittliche Orientierungspunkte handelt, mit denen sich die Übenden
täglich (von Augenblick zu Augenblick) und ein ganzes Leben lang
auseinandersetzen.
Der Buddhismus kennt keine gesetzesgleichen Verhaltensvorschriften und
damit auch keine "höhere" Instanz, die das Nichteinhalten solcher
Vorschriften bzw. Gebote "bestrafen" würde.
Die sittlichen Grundsätze im Buddhismus sind keine Gebote, die
eingehalten werden müssen, sondern Verhaltensgrundsätze, die sich der,
der sie befolgt, aus eigener Einsicht und Freiwilligkeit zu eigen macht.
Ihre Respektierung erfolgt nicht aus einem geforderten Glaubensgehorsam,
sondern aus der Überzeugung, dadurch eine heilsame Lebensgrundlage für
sich selbst und andere zu schaffen.
Wichtig ist auch hier die Achtsamkeit, dass man weiß, was ich tue ist
richtig, bzw. nicht richtig und ich muss dafür gerade stehen.
Die Einhaltung der fünf sittlichen Verhaltensgrundsätze wird von den
meisten Buddhisten also nicht so sehr als Quelle für Verdienst
angesehen, sondern ihr Nichteinhalten wird als Quelle für negativen
Verdienst angesehen, das sich unheilsam auf das eigene Kamma / Karma
auswirkt.
Die grundlegenden Sittenregeln der Buddhisten sind die fünf
Trainingspunkte der Sittlichkeit:
- Enthaltung vom Töten von Lebewesen
- Enthaltung von Diebstahl
- Enthaltung von Ehebruch
- Enthaltung von Lügen, Denunziation, Hintertreiberei, verbalen
Grobheiten, Klatsch und Geschwätz
- Enthaltung von Rauschmitteln, die Anlass zu Nachlässigkeit sind
Der großartige vietnamesische Mönch und ZEN - Meister Thich Nhat Hanh
hat die fünf ethischen Grundsätze des Buddha in die nachfolgenden
Grundsätze gefasst:
- Achtung vor dem Leben, Gewaltfreiheit
- Großzügigkeit: Nicht-Stehlen, Genügsamkeit,
Solidarität und Sozialbewusstsein
- Sexuelle Verantwortung: Respekt und Liebe,
Schutz vor Missbrauch, kultivieren von
Verantwortungsgefühl zum Schutz der Integrität von
Individuen, Paaren, Familien und Gesellschaft
- Aufmerksames Zuhören und mitfühlendes Sprechen:
Thay empfiehlt u.a. Marshall B. Rosenbergs Methoden
der gewaltfreien Kommunikation
- Achtsamer Konsum: auf geistige und körperliche
Gesundheit achten, „Gifte“ meiden, Entschlossenheit
zur „bewussten Lebensweise“
Erster Grundsatz
Des Leidens bewusst, das durch die Zerstörung von Leben entsteht, will
ich mitfühlende Zuwendung üben und Wege finden, um das Leben von
Menschen, Tieren und Pflanzen zu bewahren. Ich bin entschlossen nicht zu
töten, andere nicht töten zu lassen und den Akt des Tötens nicht
herunterzuspielen - weder in meinem Denken noch in meinem Handeln.
Zweiter Grundsatz
Des Leidens bewusst, das durch Ausbeutung, soziale Ungerechtigkeit,
Diebstahl und Unterdrückung verursacht wird, bin ich zur Entwicklung von
liebender Güte entschlossen und möchte Wege finden, dem Wohlergehen von
Menschen, Tieren und Pflanzen zu dienen. Ich möchte Großzügigkeit
praktizieren, indem ich meine Zeit, Energie und materiellen Mittel mit
denen teile, die es brauchen. Ich gelobe nicht zu stehlen. Ich werde den
Besitz anderer achten und wenn immer möglich, andere davon abhalten,
sich am menschlichen Leiden oder dem Leiden anderer Lebewesen zu
bereichern.
Dritter Grundsatz
Des Leidens bewusst, das durch sexuelles Fehlverhalten verursacht wird,
bin ich zur Entwicklung von Verantwortungsgefühl entschlossen und möchte
Wege finden, die Sicherheit und Unversehrtheit von Individuen, Paaren,
Familien und der Gesellschaft zu schützen. Ohne Liebe und eine
langfristige Absicht will ich mich nicht in eine sexuelle Beziehung
begeben. Ich bin zur Achtung gegenüber meinen Versprechen und denen der
anderen entschlossen, um mein Glück und das der anderen zu erhalten.
Alles in meiner Macht Stehende will ich tun, um Kinder vor sexuellem
Missbrauch zu schützen und um zu verhindern, dass Paare und Familien
durch sexuelles Fehlverhalten auseinanderbrechen.
Vierter Grundsatz
Des Leidens bewusst, das durch unachtsame Rede und die Unfähigkeit,
anderen zuzuhören verursacht wird, bin ich zur Entwicklung von
einfühlsamer Rede und tief mitfühlendem Zuhören entschlossen. Damit will
ich meinen Mitmenschen Freude bereiten und ihr Leiden lindern. Wissend,
daß Worte Glück, aber auch Leiden verursachen können, will ich mich
bemühen, im Einklang mit der Wahrheit zu sprechen und Worte zu
gebrauchen, die Selbstvertrauen, Freude und Hoffnung wecken. Ich werde
keine Informationen verbreiten, für deren Richtigkeit ich mich nicht
verbürgen kann und nicht Dinge kritisieren und verurteilen, deren ich
mir nicht sicher bin. Ich werde Äußerungen unterlassen, die Uneinigkeit
oder Spaltung verursachen und die Familien oder die Gemeinschaft
auseinanderbringen könnten. Ich will alles daran setzen, jeden Konflikt
zu schlichten und zu lösen.
Fünfter Grundsatz
Des Leidens bewusst, das durch unachtsamen Konsum verursacht wird, bin
ich entschlossen, auf körperliche und geistige Gesundheit meiner selbst,
meiner Familie und meiner Gesellschaft zu achten, indem ich mich in
achtsamem Essen, Trinken und Konsumieren übe. Ich will nur Dinge zu mir
nehmen, die Friede, Wohlergehen und Freude in meinem Körper und
Bewußtsein fördern. Ich bin entschlossen, keinen Alkohol und andere
Mittel einzunehmen, die meine Praxis behindern, wie z.B. bestimmte
Fernsehsendungen, Zeitschriften, Filme und Unterhaltungen.
Ich will an der Umwandlung von Gewalt, Furcht, Wut und Verwirrung in mir
selbst und in der Gesellschaft arbeiten, indem ich ein maßvolles Leben
führe zum Wohle aller. Ich erkenne, daß dies für die Transformation der
eigenen Person und der Gesellschaft entscheidend ist.
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