Aus den
Nachrichten
der
Evangelischen Pfarrgemeinde A.B.
Wien-Floridsdorf

Dezember 2002

 

 

Inhalt

 
Seite2
Zum Nachdenken
Ich liebe dieses Land
 
Seite3
Servus Nachbar,
wie gehts,wie stehts?
 
Seite4
Biblische Meditation
 
Seite5
Studienreise mit Karl Wurm
s´Kirchenbankerl
K+K-lebendig unterwegs
 
Seite6
DichterInnenlesung
Rückblicke
Ungeschminkt
 
Seite7
Einblicke - Ausblicke

 

Inhalt

 
Seite2
Zum Nachdenken
Weissi "zieht sich um"
 
Seite3
Servus Nachbar,
wie gehts,wie stehts?
 
Seite4
DichterInnenlesung
 
Seite5
Der Keller ist anders
s´Kirchenbankerl
K+K-lebendig unterwegs
 
Seite6
Rückblicke
MitarbeiterInnen in der Gemeinde
 
Seite7
Einblicke - Ausblicke
 
Seite7
Gottesdienste
 

 

 

 

SERVUS NACHBAR!

Wie geht´s, wie steht´s?

Die Evangelische Kirche H.B. in Österreich

"Eure Gottesdienste sind aber stinklangweilig! Da gibt's ja fast nur die Predigt, und nicht einmal Bilder kann man zur Ablenkung anschauen!" - so lautete das Urteil eines Bekannten, der einen Gottesdienst in der Reformierten Kirche besuchte. In Österreich nennt man sie "Evangelische Kirche H.B.", wobei das H.B. für “Helvetisches Bekenntnis" steht.

Das Urteil berührte, wenn auch verkürzt, die Grundsäulen der reformierten Tradition, die mit den Schweizer Reformatoren, Ulrich Zwingli und Johannes Calvin, verbunden sind. Der Name unserer Kirche hat ebenfalls etwas mit der Schweiz zu tun: eine der bedeutendsten Bekenntnisschriften unserer Kirche ist nämlich das Zweite Helvetische Bekenntnis.

Die reformierte Tradition stellt in das Zentrum des kirchlichen Lebens die Verkündigung des Wortes Gottes, das heißt die Predigt. Das Wort Gottes steht in der Bibel, wobei nach reformierter Auffassung das Alte Testament denselben Stellenwert hat wie das Neue Testament - Gesetz und Evangelium sind in den beiden Teilen der Bibel gleichermaßen zu finden. Und weil in der Kirche alles sich nur an dem Wort Gottes orientieren kann, dürfen in der Kirche und im Gottesdienst nur solche Elemente verwendet werden, die in der Bibel ausdrücklich geboten werden. Da das 2. Gebot die Gottesdarstellung verbietet, darf es in einer Kirche auch keine bildlichen Darstellungen geben. Gemäß dieser strikten Ausrichtung nach der Bibel werden im reformierten Gottesdienst auch überwiegend die Psalmen gesungen. Hören und Tun des Wortes Gottes bilden in den reformierten Bekenntnisschriften eine Einheit. Dieses Tun geschieht aus Dankbarkeit für die Erlösung, und es bezieht sich nicht nur auf den Bereich des Glaubens, sondern auch auf den Bereich des Weltlichen, z.B. als Einsatz für gerechte wirtschaftliche und politische Verhältnisse und für die Menschenrechte. Der große reformierte Theologe des 20. Jhdts., Karl Barth, bezeichnete das als "politischen Gottesdienst".

Diese Einheit von Glaube und Eintreten für Gerechtigkeit wird deutlich sichtbar im Wirken der großen österreichischen reformierten Persönlichkeit, Georg Erasmus Tschernembl, der Anfang des 17. Jahrhunderts so etwas wie Landeshauptmann von Oberösterreich war. Aus Glaubensgründen trat er im Sinne der Theologie Calvins für den Widerstand gegen das Haus Habsburg ein, da es die freie Religionsausübung und die Rechte der Untertanen und der Stände unterdrückte.

Diese reformierten Keime und mit ihnen die evangelischen Gemeinden generell wurden im Zuge der Rekatholisierung verboten. Zur Zeit des sogenannten Geheimprotestantismus konnten die in Wien und Umgebung lebenden Reformierten nur in der holländischen Gesandtschaftskapelle einen reformierten Gottesdienst besuchen. Erst das Toleranzedikt Josefs II. 1781 erlaubte die Gründung von evangelischen Gemeinden und den Bau von Bethäusern. So ist die Evangelische Pfarrgemeinde H.B. Wien-Innere Stadt in der Dorotheergasse entstanden.

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgten neue Gemeindegründungen, die zum Teil auf Neuzuwanderer zurückgingen. In Vorarlberg gründeten die aus Deutschland und der Schweiz stammenden Beschäftigten in der Textilindustrie vier neue Gemeinden. Die Zuwanderung aus Böhmen und Mähren und die Etablierung der eisenverarbeitenden Industrie durch reformierte deutsche Industrielle führte zur Gründung von zwei weiteren Gemeinden in Wien. Flüchtlinge aus Jugoslawien gründeten nach dem Zweiten Weltkrieg in Linz eine reformierte Gemeinde. Und nach dem Anschluss des Burgenlands an Österreich 1921 wurde die ungarisch-sprechende Gemeinde in Oberwart Teil der Evangelischen Kirche H.B. in Österreich. Diese Gemeinde ist die einzige evangelische Gemeinde in Österreich, die ohne Unterbrechung seit der Reformation existiert.

Die Entstehungsgeschichte der neuen Gemeinden zeigt, dass verschiedene Traditionen dem Gesicht unserer Kirche eine bunte Farbe verleihen. Die Zahl der Reformierten in Österreich beträgt zwar nur ca. 16000, aber besonders in sozialen und gesellschaftspolitischen Fragen sind ihre Stellungnahmen oft bahnbrechend gewesen und haben heftige Diskussionen, aber auch öffentliche Anerkennung ausgelöst. In ihren inneren Angelegenheiten ist unsere Kirche selbständig. Großer Wert wird gelegt auf die Gemeindeautonomie und auf das Laienelement; so ist z.B. der Vorsitzende der Gemeindevertretung und des Presbyteriums nicht der Pfarrer, sondern der Kurator, bzw. die Kuratorin. Ihr höchstes gesetzgebendes Organ ist die Synode H.B., sie ist sozusagen ihre Kirchenleitung. In ihren inneren Angelegenheiten ist unsere Kirche selbständig, bestimmte gemeinsame Aufgaben, wie z.B. Diakonie, Religionsunterricht, kirchliche Gesetzgebung, Mission, Ausbildung der Pfarrer, nimmt sie jedoch gemeinsam mit der Evangelischen Kirche A.B. wahr; und gemeinsam bilden beide die Evangelische Kirche A. und H.B. in Österreich.

Unsere Kirche ist Mitglied des 1875 gegründeten Reformierten Weltbundes, der die ca. 80 Millionen Reformierten in der ganzen Welt repräsentiert. Unsere Kirche ist auch Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen seit dessen Gründung 1948. Durch die Mitgliedschaft im Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich und durch andere Beziehungen sind die ökumenischen Kontakte unserer Kirche sehr lebendig, offen und fruchtbringend.

Dr. Balázs Németh

   
 
 
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Pfarrgemeinde
 

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