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Some Information on my Ph.D. Thesis
HABERL, W. (1993): ECOLOGY OF AUSTRIAN SHREWS (SORICIDAE, INSECTIVORA) IN A WETLAND OF THE WALDVIERTEL REGION (LOWER AUSTRIA) AND EXPERIMENTAL STUDIES ON THEIR BEHAVIOUR.
Ph.D. Thesis, Univ. Vienna, 265 pp. + 211 pp. appendix incl. 85 photographs, 53 plates and 52 tables. Language: German. Original titel: Zur Ökologie einheimischer Spitzmäuse (Soricidae, Insectivora) und ihres Lebensraumes am Beispiel eines Waldviertler Feuchtbiotops und experimentelle Bearbeitung ausgewählter ethologischer Fragestellungen.
The thesis was awarded the 'Fritz Frank'-Prize by the German Society of Mammalogy (DGS, Deutsche Gesellschaft fuer Saeugetierkunde) in 1995)
Sorex araneus, S. minutus, Neomys fodiens, N. anomalus and Crocidura suaveolens were found in wetland areas of the Waldviertel. Population parameters and home range data were obtained by live trapping (CMR-Method), observation, coloured bait and collection of faeces, footprints and nests. The rough climate of the region restricts the number of litters in the study area, where the last adults were caught in July. In mesoclimatically mild habitats adults were found until October. The data suggests a higher life expectancy of females. Survival rate was higher for individuals of the first cohort. There were no signs of reproduction in the first calendar year of life. Population size of resident S. araneus in the studied biotope ranged from 9 (May - June) to 47 (July). Declines are put down to cold winters with insufficient snow cover and heavy rainfall in critical periods. Corresponding home range positions in successive generations result from the dispersion of favourable microhabitat factors. Estimated home range sizes of reproductive females exceed those of immatures only to a small extent, whereas males make use of areas more than twice as large.
Moults commenced at the end of August and beginning of March. Peculiarities of coat colouration such as partial albinisms, white patches and belly-patterns are described. Both N. fodiens and N. anomalus were melanistic.
Ethological experiments were conducted with all five species. Shrews, hitherto adjudged with only little visual abilities, can orientate by means of the optical sensory system. Cover and body contact are most important. Olfactory orientation is clearly directed even under pressure. Rodent carcasses were eaten in all seasons, regardless of their stage of decay. Feeding commenced at the head and thoracal region, which could be deduced to the guiding factors "hair-stroke" and "distinct head" in experiments using dummies. Dummies similar in shape and size to invertebrate prey items were especially hoarded by Neomys. Feeding places of water shrews situated along banks of ponds and creeks contained the remnants of mainly Trichoptera larvae and aquatic Mollusca.
Additional material includes data on activity, patch use, prey handling times, passage of foodstuff, refection, running speed, postnatal development, adoption of young as well as a record of high longevity in C. suaveolens. Results are discussed in the light of etho-ecological theory and supplimented by extensive photo-documentation and bibliography.
Ziel und Zweck vorliegender Freilandstudie war, Informationen über das Vorkommen von Spitzmäusen (Soricidae) im Waldviertel zu erlangen und mittels einer Kombination indirekter Beobachtungsmethoden, Aussagen über ihre Mikrohabitatwahl, die Populationszusammensetzung sowie die Revierverteilung und Bewegungen der Tiere treffen zu können. Verhaltensbeobachtungen und -experimente an gefangengehaltenen Spitzmäusen sollten zur generellen Aufklärungsarbeit an diesen heimlichen Tieren beitragen und einen Grundstock für weitere Forschung bieten. Zudem stellte sich die Aufgabe, die zahlreichen in der Literatur verstreuten Befunde anderer Autoren zu berücksichtigen und in Zusammenhang zu bringen.
A) Neue Geräte und Methoden 1) Zwei neue Lebendfallen werden vorgestellt. Diese waren effizienter als die zusätzlich verwendeten Grubenfallen. Die Vorköderung von Grubenfallen und eine Möglichkeit, Kleinsäuger-Totfänge in für Evertebraten bestimmte Barberfallen zu verhindern, werden beschrieben.
2) Mit dem Fallenfang konnte eine Reihe weiterer indirekter Methoden kombiniert werden: Registrierung von Faeces in Fallen und auf " dropping-boards"; Sammeln von Fußspuren; Auslegen von Farbködern und Faeceskontrolle; Auslegen von Aas und Dokumentation dessen Verwertung; Suche nach Nestern und Fraßplätzen.
3) Farbmarken am Fell der Tiere können 1-2 Monate lang deutlich erkennbar bleiben. Gute Erfolge wurden mit einer neuen Applikationsmethode und den Farbstoffen Trypaflavin und Auramin erzielt.
B) Freilandökologische Befunde 1) Die klimatischen Eigenheiten des Waldviertels werden beschrieben. Die Feuchtgebietsreste in der Umgebung des Untersuchungsgebietes wurden kartiert, und deren allgemeine Funktion und Bedeutung als Primärbiotope mehrerer Spitzmausarten werden besprochen.
2) Das Hauptuntersuchungsgebiet (UG1) war ein durch Helokrenen gebildeter, stellenweise vermoorter Quellsumpf mit kleinen Bächen und zwei Teichen (ca. 3 600 m2). Es stellte ein Mosaik trockenerer und feuchterer Kleinstandorte dar, die durch ihren Pflanzenbewuchs deutlich hervortraten und war durch seine "Inseleigenschaft" charakterisiert: Kleinseggenflächen waren in Kontakt mit Salix-, Cirsium, Polygonum- und Filipendula-Beständen. Die trockeneren Stellen wurden von Deschampsia caespitosa eingenommen.
3) Charakteristisch für das Untersuchungsgebiet waren - auch im Sommer - relativ tiefe Temperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Temperaturminima lagen zu allen Jahreszeiten um den Gefrierpunkt. Die extremen mesoklimatischen Verhältnisse wurden allerdings duch kleinräumige mikroklimatische und strukturelle Besonderheiten ausgeglichen, die das Zusammenleben mehrerer Spitzmausarten ermöglichten. Die relativ konstanten gemäßigten Quelltemperaturen und die Vegetationsstrukturen, wie z.B. große Horste von Deschampsia, bewirkten ausgeprägte Bodentemperaturanomalien.
4) In der Umgebung von Schönbach konnten 5 Spitzmausarten gefangen werden: S. araneus, S. minutus, N. fodiens, N. anomalus und C. suaveolens. Diese Arten lebten syntop an einem kleinen ortsnahen Bachabschnitt. Im Hauptuntersuchungsgebiet fehlte lediglich C. suaveolens. Dies wird auf die ortsferne Lage und die "rauhen" klimatischen Verhältnisse zurückgeführt. Der Lebensraum von Neomys war auf die Gewässerufer beschränkt. In den Feuchtgebieten lebten die Spitzmäuse in erster Linie mit Clethrionomys glareolus, Microtus arvalis, M. agrestis und Arvicola terrestris (Rodentia) vergesellschaftet. Von großem Interesse sind die Funde von Rattus rattus (Rodentia ) und Myotis mystacinus (Chiroptera).
5) Das untersuchte Spitzmausmaterial setzt sich aus insgesamt 254 Individuen zusammen (in den Untersuchungsgebieten lebend gefangene Tiere, Totfunde, Katzen abgenommene Tieren, in Gefangenschaft geborene Tiere und bei Sektion gefundene Embryonen).
6) Der Anteil von Spitzmäusen am Beutespektrum von Katzen betrug ca. 19%.
7) Zur Ermittlung der Populationsstruktur und der Revierverteilung wurde im Hauptuntersuchungsgebiet während der Jahre 1988-1990 ein Fang-Markierung-Wiederfang Programm (CMR) durchgeführt (13 Fangperioden, 94 Fallen; durchschnittlich 2477 Falleneinheiten /Periode, insgesamt 32204 FEH).
8) 64% der Fallenstandorte waren erfolgreiche Fangorte. In den restlichen Fallen konnten während der gesamten Untersuchungszeit keine Spitzmäuse gefangen werden. Während einer Fangperiode fingen sich maximal drei Individuen in einer Falle.
9) 88 Spitzmäuse wurden insgesamt 337 Mal gefangen. S. araneus konnte bis zu fünf Mal täglich, zehn Mal pro Fangperiode und sieben Mal pro Falle gefangen werden. Ein Individuum wurde einundzwanzig Mal gefangen.
10) Den größten relativen Fangerfolg verzeichnete ich im September 1988. Geringe Fangzahlen im Sommer und im Herbst 1989 könnten so wohl auf eine erhöhte Mortalitätsrate durch hohe Niederschlagssummen im Juni und Juli bzw. im September dieses Jahres als auch auf eine Änderung der Lebensweise zurückzuführen sein.
11) Ca. 90% der gefangenen Waldspitzmäuse gingen in den ersten drei Tagen der Untersuchungsperiode in die Fallen. Der zweite Fangtag zeichnete sich durch ein "Fangtief" aus. Der Großteil der Tiere wurde zwischen 7-10 Uhr (MEZ) gefangen.
12) Die Populationsparameter wurden an Hand der Fangdaten mit mehreren gebräuchlichen Schätzmethoden ermittelt. Der Großteil der Daten stammt von S. araneus, weshalb die Ergebnisse in erster Linie für diese Art repräsentativ sind: Die geschätzte Populationsgröße von residenten Waldspitzmäusen im Untersuchungsgebiet lag durchschnittlich zwischen 9 (adulte Tiere, Mai-Juni) und 47 (immature und adulte Tiere im Juli). Die "Überlebensrate" von einer Fangperiode auf die andere betrug durchschnittlich 56%. Der verbleibende Anteil "verschwand" aus der Population. Die "Überlebensrate" zeigt eine Abhängigkeit von der jeweiligen Kohorte: Residente Tiere der ersten Würfe blieben am längsten in der Population. Nur ein geringer Teil kam zur Fortpflanzung im Untersuchungsgebiet. Von S. minutus konnten 23 Tiere 46 Mal gefangen werden. Neomys schien im Untersuchungsgebiet nur während der Monate Juli-November auf.
13) Im untersuchten Quellsumpf kam es zu maximal zwei Würfen. Die ersten (sichtbar) trächtigen Weibchen konnten Mitte April gefangen werden. Mitte Juni fingen sich die ersten Jungtiere. Die adulten Tiere starben spätestens im Juni bzw. Juli. In den klimatisch begünstigteren anderen dorfnahen Untersuchungsgebieten konnten adulte Waldspitzmäuse bis Oktober nachgewiesen werden. Die Lebenserwartung der Weibchen scheint höher zu sein. Die biologische "Zweckmäßigkeit" dieses Umstands wird diskutiert. Ein Hinweis bezüglich der Fortpflanzung von Spitzmäusen in ihrem ersten Kalenderjahr konnte im Untersuchungsgebiet nicht gefunden werden. Vergrößerte Hoden wurden allerdings im Herbst an einigen gefangengehaltenen Spitzmäusen festgestellt.
14) Zur Darstellung der Reviere konnten - neben den Fangdaten - auch die Daten der Aas-, Farbköder-, Spur-, und Faecesmethode, aber auch eine Reihe von Direktbeobachtungen verwendet werden.
15) Die Lage der Reviere verschiedener Spitzmausgenerationen stimmt in einigen Fällen überein, was v.a. auf die Brutreviere adulter Weibchen zutrifft. Dies wird in Zusammenhang mit "günstigen" Habitateigenschaften gesehen. Die ersten Fangorte immaturer Tiere gruppieren sich um die Aktivitätszentren der adulten Weibchen. Auch die Ausrichtung der Reviere bezüglich der Himmelsrichtung zeigt Gemeinsamkeiten. Die festgestellte Nord-Süd-Orientierung scheint der Richtung der wasserführenden Gerinne, die als Territorien- bzw. Reviergrenzen dienen könnten, zu folgen.
16) Die Größe der "home-ranges" wurde mit verschiedenen Methoden berechnet. Die Ergebnisse sind stark methodenabhängig. Für immature Waldspitzmäuse scheinen die Zahlen 270 m2 ("convex polygon incl. boundary strip") bis 571 m2 ("ellipse") realistisch zu sein. Die "home-ranges" adulter Weibchen sind nur wenig größer als die der immaturen Tiere. Fortpflanzungsaktive Männchen haben 2-3 Mal so große Raumansprüche, was sich wahrscheinlich in erster Linie durch die Suche nach dem Partner ergibt. Die Distanz zwischen extremen Fangpunkten einzelner Individuen betrug durchschnittlich 25,5 m (max. 76,2 m) bei immaturen bzw. 60,8 m bei adulten Tieren. Dies stimmt mit den durch die Farbköder-Methode ermittelten Daten überein. Die Distanz zwischen den berechneten Aktivitätszentren immaturer Reviernachbarn betrug maximal 13,5 m (x=8,8 m).
17) Das Verhalten der Spitzmäuse bei deren Freilassung am Fangort (Fluchtrichtung) deutet auf einen ausgeprägten Orientierungssinn hin.
18) Die Mikrohabitatstruktur des Untersuchungsgebietes wird mit den Fangdaten in Beziehung gebracht. Die höchsten Fangzahlen wurden entlang der wasserführenden Gerinne im Untersuchungsgebiet erzielt. Dies kann durch die Möglichkeit zum schnellen Ortswechsel über dort bestehende Wechsel, durch eine verstärkte Revierkontrolle entlang dieser begrenzenden Strukturen bzw. durch eine Bevorzugung des dort begünstigten Mikroklimas gegeben sein. Am Rand des Untersuchungsgebietes herrschten zeitweise ungünstige Deckungsverhältnisse; von den dort aufgestellten Fallen waren nur wenige fängig. Die Spitzmäuse hielten sich streng an die Grenzen des Feuchtgebiets: in den umgebenden Feldern konnten keine Spitzmäu se gefangen werden.
19) Aas (Kleinsäuger, Vögel, Fische) wurde zu allen Jahreszeiten gefressen, womit sich eine Abhängigkeit von den Außentemperaturen nicht bestätigen läßt. Einige Kadaver wurden oft innerhalb weniger Stunden von Spitzmäusen angefressen, andere blieben lange Zeit unberührt. Der Standort scheint hierfür - wie auch für die Fallenaufstellung, und dem Auslegen von "Spurensammlern" bzw. von Farbködern - ausschlaggebend zu sein. Der Verwesungsgrad der Kadaver zeigte keinen Einfluß. An gefangengehaltenen Tieren konnte auch keine Abhängigkeit vom jeweiligen Hungerzustand der Tiere festgestellt werden.
C) Allgemein biologische und morphologische Befunde 1) Die Gewichtsentwicklung der Tiere wird dargestellt. "Dehnels Phänomen" war auch bei gefangengehaltenen Spitzmäusen deutlich.
2) Schwanz- und Hinterfußlänge werden angegeben. Längere Zeit in Gefangenschaft gehaltene C. suaveolens entwickelten ungewöhnlich dicke Schwänze (Durchmesser an Basis bis ca. 5 mm).
3) Schädel- und Unterkiefermaße sowie der Zahnabnutzungsgrad werden von einem Teil des Totmaterials ("Flaschenfunde") angegeben.
4) Verletzungen kamen in erster Linie am Schwanz und an den Hinterfüßen vor: mehreren Wildfängen fehlten Zehen. Diese Verletzungen können als "willkommene" Markierungen angesehen werden. Sie stellen allerdings auch die Sicherheit gebräuchlicher Läsionsmethoden in Frage. Eine Verletzung besonderer Art stellt die durch den Nackenbiß der Männchen während der Kopulation zugefügte Wunde dar (s.u.).
5) Der Herbsthaarwechsel vollzog sich im Untersuchungsgebiet zwischen Ende August und Anfang September. Der Frühlingshaarwechsel begann Anfang März. Im Sommer kam es bei senilen Tieren zu einer Senex-Mauser mit "patch-moults", wobei pigmentlose Stellen entstanden. Der Haarwechsel verlief weder in Gefangenschaft noch in der freien Wildbahn synchron.
6) Besonderheiten der Fellfärbung werden beschrieben: Albinotische Spitzmäuse konnten keine gefunden werden. Ca. 60% der adulten Waldspitzmausweibchen zeigten den sog. "Nackenfleck". Ein solcher konnte bei zwei männlichen Tieren festgestellt werden, womit die bisher angenommene Deutung, der Fleck käme durch den Nackenbiß während der Kopulation zustande, in Frage gestellt wird. Weiße Stellen können sich - in erster Linie bei adulten Tieren - im Rückenbereich befinden. Von Interesse bleibt der Fund einer immaturen Waldspitzmaus mit weißen Flecken, einzelnen weißen Haaren und weißen Haaren an der Schwanzspitze. Weiße Haarbüschel konnten gelegentlich auch im Bereich der dunklen Inguinalumrandung von Neomys festgestellt werden.
7) Die sog. Zitzenflecken traten bei immaturen Tieren mit unterschiedlicher Deutlichkeit auf. Die Eignung dieses Merkmals zur sicheren Geschlechtsbestimmung am lebenden Tier bleibt fragwürdig.
8) Nigrismen und Abundismen werden bei beiden Neomys-Arten beschrieben: Neben Tieren mit rein weißer Bauchseite konnte ich einen großen Prozentsatz melanistischer Formen nachweisen, was eine für das Waldviertel typische Erscheinung zu sein scheint. Die ventrale Zeichnung war bei N. fodiens wesentlich intensiver als bei N. anomalus. Bisher nicht beschriebene "Muster" betreffen zwei übereinander liegende Flecken im Kehlbereich, zwei deutliche Punkte beiderseits der Inguinalumrandung und einen Punkt neben dem Mittelstreifen. Die dunkle Inguinalumrandung war bei ca. 70% aller N. anomalus vorhanden.
9) 27% aller N. fodiens zeigten weiße Stellen über den Augen ("Augenflecken"), weitere 27% besaßen zusätzlich "Ohrflecken". Bei N. anomalus kamen nur "Augenflecken" vor (77%). N. anomalus zeigte teilweise die Kombination weißer Schwanzkiel / dunkle Schwanzspitze. Die dunkle Ausprägung beider Merkmale kam nur bei N. fodiens vor. Die Hautpigmentierung der Hinterfüße und des Schwanzes ist bei N. fodiens und N. anomalus sehr variabel und kann nicht zur Artbestimmung herangezogen werden. Eine "Gelbfärbung" des Kehlbereichs konnte bei 91% der N. fodiens und bei 38% der N. anomalus festgestellt werden.
D) Ethologische Befunde 1) Für den bisher oftmals festgestellten "Schocktod" von Spitzmäusen konnte ich - bei Rücksichtnahme auf die Lebensbedingungen der Tiere - keinen Hinweis finden. Alle untersuchten Spitzmäuse erwiesen sich als sehr "strapazfähig".
2) Verhaltensbeobachtungen und -experimente wurden an S. araneus, S. minutus, N. fodiens, N. anomalus und C. suaveolens durchgeführt . Die Experimente befaßten sich in erster Linie mit der Orientierung im Raum, der Geruchsperzeption und den Fraßmustern an verschiedenen Beutetieren und Attrappen.
3) Beobachtete, spontan auftretende Verhaltensweisen beinhalten das Reiben des Bauches oder der Schnauzenregion am Substrat und das Enddarmlecken. Der Verzehr fremden Kotes konnte nicht beobachtet werden.
4) In insgesamt 19 Versuchssituationen wurden Kontaktsuche und optische Leistungen untersucht. Durch Ausschalten oder Konstanthalten verschiedener Faktoren konnten die für eine schutzgerichtete Orientierung ausschlaggebenden Reize isoliert werden. Es konnte nachgewiesen werden, daß sich Spitzmäuse, deren Sehvermögen bisher als sehr gering eingeschätzt wurde, wenn es nötig ist, im Raum eindeutig nach optischen Reizen telotaktisch orientieren können. Reaktionen auf hell/dunkel-Reize waren stark ausgeprägt. Körperkontakt mit der Umgebung ist für die Tiere jedoch wichtiger als ein optisches Optimum.
5) Eine gerichtete olfaktorische Orientierung ist selbst in einer akuten Gefahrensituation möglich, und Gerüche können - auch unter Zeitdruck - mit großer Sicherheit erkannt werden. Die flüchtende bzw. "schutzsuchende" Spitzmaus orientiert sich vorzugsweise nach dem eigenen Geruch, zieht jedoch andererseits den eines Artgenossen gegenüber dem eines artfremden Tieres und besonders stark gegenüber Wühlmausgeruch vor. Zwischen den Gerüchen zweier Arten der gleichen Gattung erfolgt die Diskriminierung weniger deutlich. Ein mit Spitzmausgeruch markierter Weg wird einem nicht markierten vorgezogen, wobei die Reaktionen mit zunehmendem Vertrautheitsgrad (arteigen - eigen) deutlicher werden.
6) Zusätzliche Entscheidungsexperimente, die Anhaltspunkte zur Erforschung der Orientierungsmechanismen von Spitzmäusen liefern sollten, brachten folgende Ergebnisse: S. araneus, S. minutus und C. suaveolens, wählten im Gegensatz zu den Neomys-Arten häufiger den nach unten führenden Fluchtweg. Die Wahl zwischen zwei temperaturdifferenzierten Fluchtwegen war nicht eindeutig; es zeigte sich jedoch eine Tendenz zur Bevorzugung des wärmeren Weges. Alle Spitzmäuse zeigten eine Präferenz für einen horizontalen Spalt gegenüber einem vertikalen.
7) N. fodiens taucht häufiger als N. anomalus. Im Experiment schwamm die Sumpfspitzmaus in den meisten Fällen an der Oberfläche, um die Futterschüssel zu erreichen; Wasserspitzmäuse tauchten in ca. 40% der Fälle durch die bodennahe Schleuse des Aquariums.
8) Im Experiment wurden bezüglich Substrat, Bodendeckung, Feuchtever-hältnisse und Futterangebot differenzierte "Versuchsabteile" mit annähernd gleicher Häufigkeit aufgesucht. Für Tendenzen in der Bevorzugug gewisser Abteile schienen in erster Linie Deckungsfaktoren von Bedeutung zu sein. Zu ca. 20% wurden "ungünstige" Abteile aufgesucht, was als "Kontrollbesuche" interpretiert wird. Das gleiche Phänomen kam bei den Experimenten mit "Futterdosen" zum Ausdruck: Die Ausbeutung der "patches" geschah gleichmäßig, und auch leere Dosen wurden regelmäßig besucht.
9) Die aus diesen Versuchen ersichtliche zeitliche Verteilung, die Dauer und die Zahl der lokomotorischen Aktivitätsphasen wird angegeben.
10) Die an Gewässerufern von Anfang Mai bis November gefundenen Fraßplätze von N. fodiens beinhalteten in erster Linie Köcherfliegenlarven und Wasserschnecken, wobei letztere im Herbst vermehrt aufschienen. Im Winter wurden keine Fraßplätze angelegt. Von Wasserspitzmäusen angefressene adulte Grasfrösche stellen eine Besonderheit dar, die mit den klimatischen Verhältnissen in Zusammenhang gebracht wird. Die Fraßplätze im Untersuchungsgebiet lagen in der Mehrzahl im Bereich des steilen Ufers des "oberen Teiches" (max. 90 cm vom Ufer entfernt). An den Fraßplätzen konnten auch "wertlose" Objekte, die ihrer Gestalt nach tatsächlichen Beutetieren sehr ähnlich waren, gefunden werden (kleine Aststücke und Birkenkätzchen). Es ist nicht ausgeschlossen, daß von Neomys auch leere Schalen und Köcher gehortet wurden. In diesem Zusammenhang sind die an gefangengehaltenen Tieren durchgeführten Attrappenversuche, die auf eine Unfähigkeit zur Diskriminierung echter und falscher Beute hinweisen, von Bedeutung.
11) Attrappen wurden von allen N. fodiens innerhalb kürzester Zeit vertragen und gehortet.
12) Im Freiland aufgefundene von Spitzmäusen leergefressene Trichoptera- und Schneckengehäuse wurden gesammelt und bezüglich der Fraßmuster ausgewertet. Zur Ergänzung der Daten dienten die Fraßreste gefangengehaltener Spitzmäuse (Gastropoda, Tenebrio-Larven, verschiedene Attrappen). Spitzmäuse können auch die Schalen großer Schnecken (z.B. Helix pomatia, d=4 cm) aufbrechen, indem sie 1/4-1 Umgang der letzten Windung von der Gaumenwand der Mündung her wegbrechen. Die Fraßmuster von S. araneus und N. fodiens lassen sich optisch nur schwer voneinander unterscheiden. Eine statistische Trennung ist jedoch durch ihre Auftrittshäufigkeit möglich. Kleinsäugeraas darstellende Attrappen werden signifikant häufiger an ihrem "Kopfende" angeschnitten. Die Orientierung am Beutekörper kommt durch Abtasten der Form (abgesetzter Kopf) und des Haarstrichs mit den Vibrissen oder der Schnauzenspitze zustande. Zu einer "Kopforientierung" kommt es auch beim Verzehr von Käferlarven. Die Fraßmuster sind allerdings vielfältig, und es bestehen große individuelle Unterschiede.
13) Wie auch bei der Annahme von Aas und Attrappen, bestehen in der Bereitschaft, Schnecken zu fressen, große individuelle Unterschiede. S. araneus und N. fodiens horteten in Gefangenschaft auch größere Gehäuseschnecken. In den Terrarien der Nagetiere blieben Schnecken lange Zeit - auch bei vorübergehendem Beifutterentzug - unversehrt und unangetastet.
14) Tenebrio molitor-Larven wurden von vielen Tieren nur partiell verzehrt. Die Begründung, daß dieses Phänomen durch nicht-artgerechte, zu große Beutestücke oder einer Überfütterung der Tiere zustandekommt, konnte nicht bestätigt werden: Ein Großteil der Reste stammte von N. fodiens; auch ausgehungerte Tiere hinterließen Reste.
15) Die Freßgeschwindigkeit (gemessen an Tenebrio molitor-Larven) war proportional zur Körpergröße der Spitzmausart. Weiters ließ sich eine Abhängigkeit vom Alter und vom jeweiligen Hungerzustand der Spitzmäuse bemerken.
16) Als Ergänzung zur im Freiland angewandten Farbköder-Methode wurden Experimente zur Dauer der Darmpassage an gefangen gehaltenen Spitzmäusen durchgeführt. Die verwendeten Farbstoffe färbten die Faeces oft innerhalb einer Viertelstunde. Durchschnittliche "Verdauungszeiten" verschiedener Nahrung lagen bei Soricinae zwischen 30-40 Minuten (erste Fragmente des Testmaterials im Kot) und 2 Stunden (vollständige Ausscheidung). Crocidurinae behielten die Nahrung länger im Darm.
17) Die höchste Laufgeschwindigkeit (Fluchtgeschwindigkeit) wurde von S. araneus und N. anomalus erreicht. N. fodiens lief, gefolgt von C. suaveolens und S. minutus, signifikant langsamer.
18) C. suaveolens (Wildfang, trächtiges W) konnte nach ihrem Fang noch ca. 28 Monate in Gefangenschaft gehalten werden. Das Tier stellt somit die - nach bisherigen Meldungen - am ältesten gewordene Spitzmaus dieser Art dar.
19) Die Entwicklung in Gefangenschaft geborener C. suaveolens und S. araneus konnte beobachtet werden. Neben ethologischen Beobachtungen wird die Gewichtsentwicklung der Jungtiere angegeben.
20) An in Gefangenschaft geborenen Gartenspitzmäusen kamen Beobachtungen bezüglich des "Karawanenverhaltens" zustande. Bemerkenswert war die kurzfristige Bildung einer "Ringkarawane" ohne Beteiligung der Mutter, bestehend aus Jungtieren, die sich im Kreis bewegten.
21) Die in Gefangenschaft geborenen Jungtiere von S. araneus wurden bis in ein Alter von 7-8 Wochen in Gemeinschaftsterrarien gehalten. Immature N. anomalus konnten ebenfalls gemeinsam gehalten werden; sie bezogen z.T. gemeinsame Nester. C. suaveolens erwies sich als verträglich gegenüber Artgenossen.
22) Nestjunge Waldspitzmäuse verschiedener Würfe konnten bereits im Alter von wenigen Tagen untereinander ausgetauscht werden. Weder die fremde Herkunft noch die veränderte Jungenzahl bzw. die unterschiedliche Körpergröße irritierte die Ammen. Auch Junge, die sich in menschlicher Pflege befunden hatten, wurden problemlos angenommen.
23) Bereits nestflüchtige Jungtiere mehrerer Würfe konnten mit ihren Müttern kurzfristig zusammengesetzt werden (insgesamt 11 Tiere) , ohne daß es zu aggressiven Handlungen kam. Nach sukzessiver Entfernung der Jungen zeigten auch die adulten Weibchen keine Aggression zueinander.
24) "Schwanzrattern" als kommunikatives Signal konnte ich niemals hören oder beobachten.
E) Theoretische Überlegungen 1) Die Problematik der Ermittlung von Populationsparametern und der Darstellung von Territorien bzw. Revieren durch indirekte Methoden wird diskutiert.
2) Territorialität und Reviergröße werden im öko-ethologischen Zusammenhang diskutiert.
3) Mechanismen und Funktionen der Duftabgabe und Markierung werden im Zusammenhang mit der Lebenserwartung und der Paarungsstrategie der Tiere besprochen.
4) Aspekte der Nahrungssuchstrategie von Spitzmäusen werden am Beispiel von N. fodiens beschrieben.