1. Behandlung
Frau Schneider ist ein bisschen aufgeregt und neugierig, was nun wohl
auf sie zukommt. Ich beruhige sie und erkläre ihr, dass sie sich nun
einfach entspannen kann, ohne etwas tun zu müssen. Die Hara Diagnose
ergibt:
Kyo: Milz Jitsu: Gallenblase.
Ich beginne am Brustkorb zu arbeiten und behandle den Milzmeridian in
Rückenlage am Arm. Das Gewebe ist sehr weich und tief. Die Klientin hat
die ganze Zeit ihre Augen geöffnet, schließt sie auch bei der Behandlung
des Kopfes nur kurz . Nach der Behandlung des Milzmeridians auf der
anderen Seite drehe ich Frau Schneider zur Seite um ihr die Entspannung
leichter zu ermöglichen. Anfänglich kann sie ihre Schultern nicht
loslassen, nach einigen Minuten gelingt es aber doch. Als ich am Rücken
arbeite, atmet sie einmal besonders tief durch und kann für einige Zeit
die Augen schließen. Der Gallenblasenmeridian am Bein fühlt sich auch
eher leer an, wie auch der gesamte Tonus des Körpers. Ich arbeite
langsam und nährend. Nach der Behandlung meint Frau Schneider, dass ihr
die Behandlung sehr gut getan hätte und dass sie in der Seitenlage das
Gefühl gehabt hätte als ob plötzlich ein „ruhiger Strom“ flösse.
2. Behandlung
Frau Schneider kommt gut gelaunt. Auf die Frage nach Auswirkungen der
letzten Behandlung meint sie dass sie sich energetisch aufgetankt und
gestärkt gefühlt hätte. Körperlich hätte sie sich angenehm gedehnt
gefühlt und wäre auch ausgeglichener gewesen. Diesmal erkläre ich, dass
sie ruhig die Augen schließen könnte, wenn sie das Bedürfnis dazu hätte.
Die Hara Diagnose ergibt:
Kyo: Milz Jitsu: Dreifacher Erwärmer
Ich beginne mit dem Dreifachen Erwärmer-Meridian an den Beinen. Da die Klientin wieder
nicht die Augen schließt, und ich das Gefühl habe, dass sie sich nicht
wirklich entspannen kann, drehe ich sie nach der Arbeit am 3E-Meridian
an den Armen zur Seite und behandle Milz am Arm und am Bein in
Seitenlage. Wieder habe ich das Gefühl, dass die Meridiane tief und leer
sind. Sie ist überbeweglich. Ich arbeite mit eher kurzen Dehnungen und
setze Rotationen sparsam ein. Im letzten Viertel der Behandlung
kann sich die Klientin tiefer entspannen und schließt die Augen.
3. Behandlung
Heute kommt Frau Schneider sichtbar gestresst, freut sich jedoch schon
auf die Behandlung. Sie hat sich vor kurzem über ihre Kinder geärgert
und ist beruflich sehr eingespannt. Von der letzten Woche berichtet sie,
das Gefühl einer deutlicheren Wahrnehmung und höherem seelischem und
körperlichem Wohlbefinden. Sie glaubt, dass ihr Körperbewusstsein
sich verbessert habe und berichtet, dass sie sogar Lust auf
sportliche Aktivitäten gehabt hätte. Heute hat sie Rückenschmerzen,
das Hautbild ist besser als normalerweise.
Die Hara Diagnose ergibt:
Kyo=
Milz Jitsu= Gallenblase.
Der Behandlungsablauf ist der gleiche wie beim ersten Mal. Diesmal kann
die Klientin die ganze Behandlung lange nicht die Augen schließen.
4. Behandlung
Frau Schneider ist heute ausgeglichener als beim letzten Mal. Die
Behandlung hat ihr gut getan, die Rückenschmerzen waren verschwunden.
Ich habe länger überlegt, warum es für Frau Schneider so schwierig ist,
beim Shiatsu einfach die Augen zu schließen und sich fallen zu lassen.
Ein Problem des (Ur)Vertrauens?
Ich schlage ihr für die heutige
Behandlung ein Experiment vor: Wenn sie sich darauf einlassen möchte,
kann sie probieren, gleich von Anfang an während der
Behandlung einfach nur in den Körper hineinzuspüren, um sich eine neue Art
der Wahrnehmung zu erschließen.
Frau Schneider ist einverstanden und lässt sich darauf ein. Die Hara
Diagnose ergibt:
Kyo: Milz Jitsu: Leber
Ich beginne am Brustkorb zu arbeiten, behandle den Milzmeridian an den
Armen und Beinen, danach Leber ebenfalls an den Armen und Beinen in
Rückenlage, immer unterbrochen von kurzen Dehnungen und
Gelenkrotationen. Im letzten Viertel der Behandlung drehe ich die
Klientin auf den Bauch und gebe noch ausgiebiges Shiatsu am Rücken. Nach
der Behandlung sagt die Klientin, dass sie heute unseren Termin ganz
anders als sonst und besonders intensiv empfunden hätte.
5. Behandlung
Die Klientin ist gut aufgelegt und meint, dass sie das Gefühl hätte, es
würde ein Prozess in Gang kommen, sich etwas in ihrem Erleben
verändern, das es ihr erlaubt, sich besser fallen lassen
zu können. Sie berichtet, sie hätte die ganze letzte Woche
stärkeres Selbstbewusstsein als sonst und könne mehr zulassen.
Die Hara Diagnose zeigt:
Kyo: Dreifacher Erwärmer Jitsu: Leber
Ich beginne wieder am
Brustkorb, behandle Leber an den Armen in Rückenlage, drehe sie dann zur
Seite. Nach der Lockerung der Schulter folgt 3E an den Armen, über den
Rücken gehe ich zu den Beinen, 3E und Leber in Seitenlage an den Beinen.
Die gleiche Abfolge an der anderen Seite. Auch heute fühle ich die
Meridiane als leer und bedürftig.
6. Behandlung
Heute kommt die Klientin zum letzten Mal, da die Familie bald auf Urlaub
fährt. Sie erzählt von einem gefühlsmäßigem Auf und Ab in der letzten
Woche, das mit Geschehnissen innerhalb der Familie zusammenhängt. Akut
berichtet sie über einen Schmerz in der rechten kleinen und vorletzten
Zehe.
Die Hara Diagnose ergibt:
Kyo: Blase Jitsu: Leber
Nach der Behandlung von
Blase und Leber an den Armen gehe ich zu den Beinen, Leber in Rückenlage
am Bein. Nach einer ausgiebigen Fußbehandlung drehe ich sie auf den
Bauch und behandle den Blasenmeridian in Bauchlage. Nach der Behandlung
ist der Schmerz in den Zehen verschwunden.
Da ich sie schon seit einigen Jahren sehr gut kenne, habe ich mit ihr
besonders ausführlich über ihre Beobachtungen unterhalten.
Die Hara Diagnosen ergeben mehrheitlich Milz Kyo, eine schwache
Mitte. Laut Masunaga lässt sich auf Übergenauigkeit, Ruhelosigkeit,
verbunden mit Angst, sowie auf ständige Unzufriedenheit schließen.
Tatsächlich weiß ich, dass die Klientin zum Grübeln neigt und sich oft
Sorgen über verschiedenes macht.
Auch hat sie für gesunde Ernährung wenig Zeit und vernachlässigt sich
in diesem Punkt sehr. Sie neigt dann dazu, gar nichts zu essen.
Gemäß den Richtlinien der chinesischen Diätetik gab ich ihr einige
Tipps, wie sie mit Hilfe der Ernährung ihre Milz stärken kann.
Das wiederholte Leber und Gb Jitsu weist auf ihre Reizbarkeit infolge
von Überarbeitung und nervöser Anspannung (Leber Qi Stau!)
Diesbezüglich riet ich ihr zum Beginn einer sportlichen Betätigung.
Tatsächlich habe ich einige Wochen später erfahren, dass Frau
Schneider inzwischen regelmäßig laufen geht.
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