2.Fallstudie

   

 

 

 
 
 
 
 
 
 

 

 
Die folgende Studie entstand während meiner Arbeit in der Rehab-Ambulanz. Die Shiatsu Behandlungen wurden vom Arzt verordnet. Selbstverständlich sind Name und persönliche Angaben geändert.

Walter Fichtinger 60 Jahre

 

Herr Fichtinger kommt nach einem Unfall mit einer Kettensäge zur Rehabilitation in die Ambulanz und wird mir zum Shiatsu überwiesen, um sein Allgemeinbefinden zu stärken und damit die Wundheilung zu beschleunigen. Beim Unfall waren alle Sehnen des linken Handrückens bis zum Knochen durchtrennt, die Wunde zog sich quer über die ganze Hand. Eine 5 stündige Operation hat ihm die Hand gerettet. Nun ist die Wunde nur noch 5cm breit, nässt und eitert noch etwas. Zum Shiatsu ist sie verbunden.

Der Klient ist etwa 180 cm groß, 95 kg schwer, stämmiger Körperbau. Beruflich ist er therapeutisch tätig, gibt Seminare über Radiästesie und Heilmagnetismus. Er behandelt die Wunde auch selbst mit Edelsteinen und Heillichtbestrahlungen.

Außer Shiatsu erhält er bei mir noch Lymphdrainagen für die linke Hand, außerdem erhält er Ergotherapie und Physiotherapie. Bisher hat er keine Erfahrungen mit Shiatsu. Herr Fichtinger ist lebhaft und freundlich und neugierig auf die Therapie. Laut Angabe kann er jede Position einnehmen.

 

Hara Diagnosen

 

  1. Kyo 3E Jitsu Milz
  2. Kyo 3E  Jitsu Dickdarm
  3. Kyo 3E  Jitsu Dickdarm
  4. Kyo 3E  Jitsu Blase
  5. Kyo 3E  Jitsu Dickdarm

 

 

1. Behandlung

 

Die Hara Diagnose ergibt Kyo= 3E Jitsu= Milz. Herr Fichtinger kann sich schnell entspannen, er beginnt schon nach wenigen Minuten tief und regelmäßig zu atmen, ohne aber einzuschlafen. Seine Beweglichkeit ist mäßig, ich arbeite viel mit Rotationen und Dehnungen, wobei ich bei die linke Hand auslasse. Sie tut bei mobilisierenden Griffen noch weh. In Rückenlage behandle ich zuerst Milz am Arm und Bein, drehe ihn dann zur Seite, arbeite 3E am Arm und am Bein in Seitenlage. 3E erscheint mir voller Energie.  Nachdem ich die andere Seite genauso behandelt habe, bei der linken Hand bin ich sehr vorsichtig, um keine Schmerzen zu verursachen, drehe ich Herrn Fichtinger auf den Bauch und möchte mit einer Rückenbehandlung abschließen. Am Bauch liegend dreht er seinen Kopf jedoch nicht zur Seite und ich beschließe, mich das nächste Mal auf die anderen beiden Positionen zu beschränken.

Nach der Behandlung dehnt sich Herr Fichtinger noch einmal wohlig durch und meint begeistert, nun könne er fliegen. Er freut sich schon jetzt aufs nächste Mal.

 

2. Behandlung

 

Herr Fichtinger kommt gut gelaunt eine Woche später wieder zu mir. Die Wunde ist nun trocken. Er berichtet, dass er nach dem letzten Shiatsu vorübergehende Entgiftungserscheinungen in Form einer schmerzhaften Schwellung des Großzehengelenkes erlebt hätte und ist beeindruckt von der Wirkung der Behandlung. Nachdem ich seine große Zehe keineswegs besonders rüde behandelt habe, nehme ich seine Erklärung  interessiert zur Kenntnis.

Die Hara Diagnose ergibt Kyo= 3E  Jitsu= Dickdarm. Diesmal beginne ich mit der Behandlung des Dickdarmmeridians am Bein in Rückenlage, behandle Dickdarm an den Armen, drehe ihn dann zur Seite und arbeite am 3E am Arm und Bein, integriere eine Rückenbehandlung, danach die andere Seite. Auch diesmal ist Herr Fichtinger nach der Behandlung glückstrahlend und meinet, so etwas Angenehmes hätte er schon lange nicht mehr erlebt.

 

Da Herr Fichtinger nun in unserer Ambulanz eine Behandlungspause macht, sehe ich ihn erst zwei Monate später wieder, als er ambulant zu weiteren Behandlungen kommt.

 

3. Behandlung

 

Herr Fichtinger hat sich schon auf Shiatsu gefreut, die Wunde an der Hand ist bereits gut verheilt. Die Hara Diagnose ergibt Kyo 3E  Jitsu Dickdarm.

Das untere Hara ist bei ihm generell mehr Jitsu, das obere mehr Kyo. Er entspannt sich sofort tief, als ich zu arbeiten beginne. Heute behandle ich zuerst Dickdarm am Arm. Als ich auf der anderen Seite seinen Dickdarm Meridian behandle, beginnt er sehr tief und regelmäßig zu atmen, schnarcht sogar ein bisschen. Er ist eingeschlafen. Die Hüftrotation und Dickdarmbehandlung des Beines wecken ihn wieder auf. Den dreifachen Erwärmer behandle ich wieder in Seitenlage, bis zum Ende der Behandlung bleibt er tief entspannt, ohne wieder einzuschlafen. Nachher fühlt er sich sehr frisch und erholt. Er meint, er hätte erst in letzter Zeit gelernt, gänzlich loszulassen, ohne mitzuverfolgen, welche Techniken ich anwende.

 

4.Und 5.Behandlung
 

Diese Termine verlaufen recht ähnlich. Den ersten Teil der Behandlung arbeite ich mit ihm in Rückenlage, dann drehe ich ihn auf die Seite. Her Fichtinger entspannt sich tief, verfällt für kurze Abschnitte in einen kleinen Schlaf um aber gleich wieder aufzuwachen. Nachher ist er immer sehr wach und gut gelaunt, genießt die Behandlungen sichtlich.

Sie sind für ihn eine Aus-Zeit, die er ganz alleine für sich nützen will. Er  erwähnt,  dass er sonst beruflich sehr gefordert wird und viele Termine koordinieren muss. So bleibt ihm im Alltag wenig freie Zeit, die er zu seiner Erholung nützen kann. Er mutmaßt sogar, sich unbewusst durch seinen Unfall mit der Kettensäge diesen Freiraum quasi „gewaltsam“ geschaffen zu haben und gibt zu, die Zeit der Rehabilitation im Krankenhaus, als er ruhig in seinem Zimmer bleiben musste und nichts tun durfte, eigentlich sehr genossen zu haben.

 

Der dreifache Erwärmer war bei allen Behandlungen Kyo, was ich darauf zurückführe, dass die Wunde am Handrücken diesen Meridian genau durchquert. Ich habe bei jeder Sitzung versucht, die Kontinuität des Energieflusses ganz besonders an dieser Stelle zu verbessern und dem Klienten die Anwendung der Rescue Salbe von Dr. Bach empfohlen, um die Narbe zu entstören.

Das wiederholte Dickdarm Jitsu interpretiere ich als ein Problem des Klienten, seine Lebensweise seinen Bedürfnissen anzupassen. Er lässt sich immer wieder vom Alltagsstress einfangen, obwohl er innerlich schon fühlt, eigentlich mehr Ruhe zu brauchen. Insofern kann er von alten Gewohnheiten schwer loslassen.