Die gemeinsame Grundlage des bayerisch-österreichischen
Küchenwortschatzes
© H.D. Pohl (9.8.2011)
(= Nr. 250 des Schriftenverzeichnisses, hier leicht überarbeitet)
Inhalt: 1. Allgemeines.
2. Bairisch-österreichisches Deutsch − bayerisches und österreichisches Deutsch. 3. Gemeinsame
bayerisch-österreichische Küchenausdrücke. 4. Heute eher in Österreich geläufige
bairisch-österreichische Küchenausdrücke. 5. Gleiche Wörter − verschiedene Bedeutungen. 6. Einige Unterschiede
zwischen Bayern und Österreich in der Küchensprache. 7. Zusammenfassung. − Abkürzungen, Literatur.
1. Wie
schon der Titel eines der Klassiker (1) der österreichischen Küche feststellt, ist diese die Wiener Ausprägung
der süddeutschen Küche, die im Rahmen der Habsburger-Monarchie Impulse aus
allen Kronländern erfuhr. Sie ist wahrlich keine ‘nationale’
Küche, sondern eine ‘europäische’ auf Grundlage der
süddeutsch-österreichischen Küche, in die Speisen all jener Nationalitäten
Eingang gefunden haben, mit denen das alte Österreich vom 17. bis Anfang des
20. Jhdts. aufs Engste verbunden war − in der Haupt- und
Residenzstadt Wien (so Prato 1938, V − im Vorwort). Im ‘Sacher
Kochbuch’ heißt es (Maier-Bruck 1975, 32f.):
‘In diesem Wien mischten sich alle Gegensätze
bis zur Harmonie, das Überfeinerte wurde bodenständig gemacht, das
Bodenständige, das rustikale Element wurde verfeinert. Die bloße Übernahme
eines Gerichts hätte schließlich noch keine weltberühmte ‘Wiener Küche’
ergeben. Da passierte noch etwas Besonderes: die übernommenen Rezepte wurden
modifiziert, assimiliert und veredelt. Die Wiener Küche des 19. Jahrhunderts
verwandelte das allzu Differenzierte einer Nationalspeise, verfeinerte das
Grobe und vereinfachte das Überpikante. Der Speise wurde, um es auf einen kurzen
Nenner zu bringen, die wienerische Note des soliden Bürgertums aufgedrückt....
Im Wienerischen bekamen gerade die hausgemachten Gerichte, die Speisen der
bürgerlichen Hausmannskost, das Prädikat ‘kaiserlich’ oder ‘Kaiser-’, ob das
nun Kaiserschöberl, Kaisergugelhupf, Kaiserschmarrn, Kaiserfleisch oder
Kaisersemmeln waren und sind’.
Und wie war es sprachlich? ‘Auch
beim Essen: viel deutscher!’ meint Peter Wehle (1980, 32ff.) − wobei er mit ‘deutsch’ freilich das bodenständige
Bairisch-Österreichische meinte, das ja die Grundlage der österreichischen
Küchensprache liefert. Denn wer könnte z.B. bestreiten, dass der Erdapfel
für diese Knollenfrucht ‘deutscher’ ist
als die Kartoffel? Dieses Wort wurde uns von den Italienern vermittelt,
die diese Knolle, da sie ohne Namen aus Amerika zu ihnen kam, einfach mit den
Trüffeln verglichen und sie auch so nannten: tartuffoli. Bald übernahmen
die Deutschen dieses Wort, und 1591 erwähnt ein hessischer Landgraf als Tartuffel
(Wehle 1980, 32, genauer Kluge 2002, 473f.). Der amerikanische Name dieser
seit dem 17. Jhdt. in Europa kultivierten Pflanze lautete papa (Wiswe
1970, 125 (2)); aus der deutschen Kartoffel
wurde bei unseren slawischen Nachbarn kartofel oder ähnlich (im
Russischen auch kartoški). Die
Tschechen sagen meist brambory, woraus in Wien Bramburi
wurde (Hornung 2002, 189). Darin steckt Brandenburg, woher die Tschechen
die ersten Erdäpfel bekamen. Manchmal sagen die Tschechen auch krumpir − dies widerspiegelt das deutsches Wort Grundbirne (Wehle
1980, 32). Allerdings: der Erdapfel wird immer mehr vom
übermächtigen Synonym Kartoffel verdrängt. Ähnlich ergeht es auch den
heimischen (eher ostösterr.) Paradeisern durch die Tomaten. Tomate
kommt über das Romanische letztlich aus Mexiko, aus der Sprache der Azteken,
dem Nahuatl, wo sie tomatl hieß (Kluge 2002, 919). Die Bezeichnung (der)
Paradeiser − auch (der/die) Paradeis −
bedeutete eigentlich ‘Paradies-Apfel’ und wurde erst später in unsere Breiten
übertragen (Kluge 2002, 679f.).
‘Obers und Sahne − was ist deutscher?’ fragt
Peter Wehle weiter und antwortet: ‘Beim Wort Obers erübrigt sich
jede Forschung, das ist plastisch, das ist verständlich, eben das Obere. Lassen
Sie echte Kuhmilch stehen, schöpfen Sie das Obere ab, schlagen Sie es, und
schon haben Sie ... Schlagobers!’(Wehle 1980, 32). Sahne dürfte über
das altfranz. sain ‘Rahm’ (<
vulgär-lat. sagina ‘Fett’) ins Deutsche gekommen sein.
Daher ‘gibt es keine Widerrede: Obers ist deutscher’
(Wehle 1980, 33). Das am meisten verbreitete Wort im Deutschen für dieses
Nahrungsmittel ist aber Rahm (Atlas 4-28), wobei vielfach Sahne
bzw. Obers neben bzw. gemeinsam mit Rahm gebraucht wird − bemerkenswert erscheint aber die Tatsache, dass in Deutschland die Sahne
und in Österreich das Obers zum ‘Normalwort’ aufstiegen.
Auch bei der Speise, die neuerdings besser unter Hamburger
bekannt ist, hat Österreich mit seinen (Fleisch-) Laibchen ein deutsches
Wort (Diminutiv zu Laib, in Wien: faschierte Laberln) gegenüber
den Berliner Buletten (so in und um Berlin, zu franz. boulette ‘Kügelchen’, vgl.
Kluge 2002, 159) oder den Rheinländischen Frikadellen (so auch meist im
nördlichen Deutschland, aus niederländisch frikadel zu franz. fricandeau
‘Pastetenfülle’, vgl. Kluge 2002, 317), was es übrigens mit Bayern
gemein hat, denn dort heißen sie Fleischpflanzerl o.ä. (3), im alemannisch geprägten
Südwesten Fleichküchle. Auch der bairisch-österreichische Topfen
ist deutscher Herkunft (zu Topf, vgl. Kluge 2002, 920), Quark ist
ein slawisches Lehnwort, aus sorb. twarog (Kluge 2002, 734); davon das
Diminutiv Quargel (auch im Tschechischen ein Diminutiv: tvarůžek
zu tvaroh) für eine Käsesorte − diese ist wiederum typisch
österreichisch.
Österreich hat also durch seine eigenstaatliche Tradition
eine ganze Reihe von sprachlichen Besonderheiten entwickelt. Daher ist das
österreichische Deutsch nicht nur ‘süddeutsch’,
sondern gleichzeitig eine staatsräumlich zu definierende Varietät des ‘Süddeutschen’.
Einerseits teilt Österreich sehr viele sprachliche Erscheinungen mit Bayern,
hat aber andererseits auch v.a. auf der Ebene des Wortschatzes, insbesondere
auf dem Gebiet der Gastronomie und Verwaltung, durchaus eigene Züge entwickelt.
Die Eigenstaatlichkeit bringt eben auch eine eigene administrative Terminologie
mit sich (4); die seinerzeitige
Verflechtung der deutschen Gebiete der alten Österreichisch-Ungarischen
Monarchie mit slawischen, romanischen und ungarischen Gebieten hat zu
mannigfachen gegenseitigen Einflüssen auf dem Gebiet der Kultur geführt.
Ausdruck dieser Kultur ist auch die Kochkunst; mit dieser Bereicherung der
Küche sind viele neue Wörter in die österreichische Verkehrssprache gelangt,
die dem Bairischen ursprünglich fremd waren und heute als typisch ‘österreichisch’
gelten wie z.B. Palatschinken ‘Eierkuchen bzw. dünne
Pfannenkuchen’, Fogosch ‘Zander’ (ein
schmackhafter Fisch) oder Golatsche (auch K-) ‘eine
Mehlspeise’. Mitunter sind so bairische Wörter in Österreich verdrängt worden, die
früher aber gang und gäbe waren wie z.B. das Pflanzl, älter Pfanzel (<
Pfannzelte (5)). Die
österreichische Küche ist in der Hauptsache die ‘Wiener
Küche’; über Wien als alte kaiserliche Haupt- und Residenzstadt sind die
Neuerungen in der Kochkunst nach Österreich gekommen und von dort aus haben
sich mit ihr die neuen Wörter ausgebreitet. Wurden diese ‘amtlich’,
reichen sie bis zur Staatsgrenze, wie z.B. die Jause ‘Brotzeit,
Zwischenmahlzeit’. Dies ist auch bei der traditionellen Aufteilung des
Fleisches von Rind und Schwein der Fall: auf dem Boden der Alpenrepublik werden
nicht nur die Fleischsorten z.T. anders bezeichnet als in der Bundesrepublik,
auch die Teilung ist nicht ganz identisch (6).
2. Das
österreichische Deutsch ist also in vieler Hinsicht mit dem ganzen
oberdeutschen Raum verbunden, wobei es in Österreich selbst ein Nord-/Süd- bzw.
Ost-/Westgefälle gibt (Wiesinger 1988, 25f. und Pohl 1999a-b). Folgende Wörter
aus dem Bereich ‘Lebensmittel’ sind gleichzeitig Austriazismen
und Bavarismen, da sie sowohl in Österreich als auch in Bayern (mehr
oder weniger) allgemein üblich sind:
bähen, Baunzerl, Bavesen usw., Beuge(r)l, Beuschel,
Blaukraut, Blunzen, Brösel, Dampfl, Dotter, Einbrenn(e), Erdäpfel- (Kartoffel-)
püree, -fleck (in Kuttelfleck usw.), Fleckerl,
Geröstete (‘Bratkartoffeln’), Gerstl, Geselchtes, Golatsche,
Grammeln, Grießkoch, Gugelhupf, Häuptel (-salat), Hendl, Holler, -junge (in
Hühner-, Enten- usw. statt -klein), Kaffée, Kälbernes,
Katzengeschrei, Karfiol, Kipfe(r)l, Kletzen, Knödel, (das) Koch, Kracherl,
Krapfen, Kraut (-kopf, -wickel), Kren, Kutteln, Leberkäse, -knödel, Lebzelten,
Laib (Brot), Marmelade, Mus, Nachspeise, Nockerl, Orange, (der)
Petersil, Porree, Püree, pürieren, Radi, Rahm, Rein(e), Ribisel, Rindsbraten (‘Rinderbraten’),
Ripperl, Rollgerste, rote Rübe, Sauerkraut, Scherzel, Schlegel, Schmarren,
Schwammerl, Schwarzbeere, Schweinernes, Schweinsbraten, selchen, Semmel,
Staubzucker, Striezel, Sulz, Sur (-fleisch, -braten), Tafelspitz,
Tellerfleisch, Topfen, Wecken (Brot), Weckerl, Weichsel, Weinbeere, Würstel,
Zibebe, Zuckerl, Zwetschke und viele andere.
Den tiefgreifenden Gemeinsamkeiten zwischen dem
bayerischen und österreichischen Bairischen stehen allerdings auch Unterschiede
gegenüber, z.B. (Bavarismus/Austriazismus):
Brockerl / Kohlsprossen, Brotzeit / Jause, Einlauf- /
Eintropfsuppe, Feldsalat / Rapunzel oder Vogerlsalat,
Fleischpf(l)anzel / Fleischlaibchen, Hackbraten / Faschierter Braten,
Hörndl / Beugerl, Obatzter / (abgemachter Topfenkäse wie z.B. Liptauer
o.ä), Panier / Panade, Pfannenkuchen / Palatschinke, Radieserl /
Radieschen. Rehling oder Reherl / Eierschwammerl, Reiberdatschi /
Kartoffelpuffer (auch Erdäpfelblattl, Reiberknödel usw.),
Rose / Hüferschwanzel, Schorrippe / (Bei-) Ried, Schweinshaxe(n) / -stelze,
Wiener / Frankfurter (Würstel).
Doch solche Unterschiede gibt es auch innerhalb
Österreichs, z.B. (Tirol) Fleischkäse, (sonst meist) Leberkäse
oder Karotte neben Möhre und (gelbe) Rübe, (Westösterr.) Lüngerl,
(der/die) Sellerie / (Ostösterr.) Beuschel, (der) Zeller,
(Kärnten) Strankerl / (sonst meist) Fisole, in Vorarlberg Blumenkohl,
Hackfleisch usw., oder eine andere Schichtung z.B. Heidel- bzw. Schwarzbeere,
Moosbeere oder Nachtmahl vs. Nacht- bzw. Abendessen.
3. Hier
folgt nun eine (ziemlich vollständige) Liste gemeinsamer bairischer (also
bayerisch-österreichischer) Küchenausdrücke.
bähen, aufbähen:
‘Gebäck leicht rösten, aufbacken’ (Z 54; nach E 52 veraltend; süddt.).
Beuge(r)l ‘hörnchenartiges
Backwerk mit süßer Füllung’ (Z 62, E 64), Herkunft: eigentlich Bäugel,
Diminutiv zu altem ma. Baug ‘Spange, Ring’, zu biegen
(Schmeller 1996, I 214), auch von Wagner mit biegen und
weiters mit Bügel in Verbindung gebracht; davon auch die jiddische Form bejgl
(W 60f.). Eine andere Deutung schlägt Zehetner vor: Verschriftung von ma. [baigal],
das eigentlich Bälgl(ein) repräsentiert, zu Balg,
nach der aufgeblasen wirkenden Form des Gebäcks (Z 62).
Blaukraut (Brassica oleracea var. capitata f. rubra ) ‘Rotkohl’ (Z
66, E 267), wird in Österreich oft auch Rotkraut bezeichnet (E 67;
A 72 u. W 190 nennen nur dieses), das jedoch eher im mittel- und südwestdt.
Bereich vorherrscht und v.a. im Osten und Süden Österreichs neben Blaukraut
vorkommt (Atlas 2-93).
Brösel (das), meist in der Zusammensetzung Semmelbrösel ‘Paniermehl’
(bair., Z 73, E 71). Diminutiv zu Brosam(e), einem alten Wort für ‘Krume’
(Kluge 2002, 152).
Dampfl ‘angerührter
Sauerteig (Gärprobe aus Germ bzw. Hefe oder aus Sauerteig) bzw. Vorteig
für Germ- bzw. Hefeteig’ (süddt., Z 81, E 79). Diminutiv zu Dampf (das ma.
in der Bedeutung ‘Lockerungsmittel für Brot- und Hefe- bzw. Germteig’
verwendet wird, vgl. WBMÖ IV 542f.).
Dotter ist in Bayern (nur) und Österreich (fast immer) maskulin (Z 91, Atlas
4-25A), das Synonym Eigelb ist eher selten (Atlas 4-25).
Einbrenn(e) ‘(meist dunkle) Mehlschwitze’; süddt., meist die Einbrenn, in
Bayern das (Z 99, E 91; in Österreich auch Einmach ‘helle
Einbrenn, Mehlschwitze’). − Nach Atlas 2-69 ist Einbrenn(e)
gleich verbreitet wie Mehlschwitze, doch letzteres gilt als Standard
(lt. Duden). Das Rheinland, der gesamte Süden sowie Sachsen und Teile des
Ostens haben Einbrenn(e).
-fleck s. sub 5. − In der Wiener Küche sind Fleck v.a. Kuttelfleck
‘Kaldaunen’ (W 93, A 52), aber auch eine Mehlspeise (Hornung 2002,
382).
Fleckerl ‘eine quadratische
oder rautenförmige Nudelform bzw. Teigware’ (Z
113, E 110f.), Diminutiv zu vorigem, in Bayern als Suppeneinlage (Z 113), in
Österreich als Kraut- oder Schinkenfleckerl (W 93 u. 135, A 25).
Geröstete (Aussprache ma.nah g’röst(et)e) ‘Bratkartoffeln’ (Z 127, E 125, W 104), im alemannischen Bereich Rösti.
Gemeinsam ist auch das (in Österreich v.a. in Tirol) beliebte Gröstl (Geröstel)
aus Kartoffeln und Fleisch(resten), auch mit (Blut-) Wurst (Z 140).
Geselchtes s. selchen.
Golatsche, besser Kolatsche ‘viereckiges Hefegebäck mit Marmelade- oder
Topfen- (Quark-) Füllung’, aus tschech. koláč ‘Kuchen’,
wegen seiner ursprünglich runden Form zu kolo ‘Rad’, v.a.
Topfen- und Powidlgolatschen, beliebtes Wiener Plunderteiggebäck,
auch im übrigen Österreich und in Bayern geläufig (W 222, E 130 u. 181), in
Bayern v.a. nach 1945 durch sudetendeutsche Zuwanderung verbreitet (Z 136).
Grammeln ‘Grieben’
(bair. Wort, Z 138, E 131). Herkunft umstritten.
Grießkoch ‘Grießbrei’ (A
30; s. sub 4 Koch).
Gugelhupf ‘Napfkuchen’
(süddt., in der Schweiz auch -hopf). Nach Zehetner (Z 142) ein ‘Satzname’ nach
dem Wunsch Gugel, hupf! ‘Gugel (= gewölbtes, gerundetes Ding [auch
Bergname aus lat. cucculus ‘Kapuze’,
worauf auch Kogel beruht]), spring heraus (aus der Form)’, nach
Hornung 2002, 470 -hupf zu hüpfen ‘sich
heben’ (wegen des Hebens vom Germteig, weitere Deutungen vgl. W 106). Die
typische Gugelhupfform hat ein Loch in der Mitte, was den Backvorgang
beschleunigt. Früher buk man diesen Hefeteigkuchen in einer Rein und
nannte ihn Rein(d)ling (s.u. Rein).
Gulasch, das ‘ein Ragout’ (Z 142). Das Gulasch ist genauer
ein ‘mit Paprika gewürztes Rindsragout’ (in Wien ma. Golasch),
Originalschreibung Gulyás (A 31ff.), lt. DUDEN das, auch der,
in Bayern und Österreich nur ‘das Gulasch’; im
Gegensatz zu seinem ungarischen Vorbild nicht mit Kartoffeln und Paprikaschoten
zubereitet, sondern v.a. mit rotem Paprikapulver. Es gilt als Wiener
Spezialität mit vielen (altösterr.) Varianten. Das Wort selbst kommt von ung. gulya
‘Rinderherde’, gulyás ‘Rinderhirt’, kam
im 19. Jhdt. über Pressburg (Bratislava, Pozsony) nach Wien, wo man die
Paprikaschoten durch Pulver ersetzte und kehrte schließlich als Pörkölt
wieder nach Ungarn zurück, das im Gegensatz zum Wiener Saftgulasch auch
mit Schweine- oder Kalbfleisch hergestellt werden kann. Im Laufe der Zeit haben
sich zahlreiche Varianten dieser Speise herausgebildet.
Häuptel ‘Blätterkopf
einer Gemüsepflanze’, Häuptelsalat ‘Kopfsalat’ (Z
151, E 143, A 36), Diminutiv zu Haupt, ma. meist Häupl-.
Hendl
‘(Brat-) Hähnchen’, Diminutiv zu Henne (Z 154, E 146, A 36). Bei diesem
Geflügel sind im Bair. nur Ableitungen von Huhn oder Henne üblich
(nicht Hahn), z.B. Hühnersuppe oder Brathendl.
Holler ‘Holunder’
(süddt., zusammengezogen aus der älteren, hspr. Form Holunder, südbair.
auch Holder, Z 166, E 152). Sambucus nigra (schwarz) bzw. Sambucus
racemosa (rot). − Die übertragene Bedeutung ‘Unsinn’
scheint eher österreichisch zu sein (E 152).
-junge ‘-klein’, v.a.
in der Zusammensetzung Hühnerjunges ‘(zum
Braten bzw. Backen ungeeignete) Teile des Huhnes zur Herstellung von Hühnersuppe’ (auch
von anderem Geflügel, z.B. Gansljunges, weiters vom Reh und Hasen: Hasenjunges,
vgl. Z 175, E 163).
Kaffée in Bayern und Österreich immer mit Endbetonung; die Aussprache Káffee wird
als norddt. empfunden (Z 175, E 164) und in Österreich mitunter scherzhaft
(neben anderen Ausdrücken) für dünnen, schlechten Kaffee, der sonst (u.a.) Muckefuck
heißt, verwendet.
Kälbernes ‘Kalbfleisch’ (Z
176, E 166).
Katzengeschrei eine Fleischspeise, bair., vgl. Birle o.J., 226: ‘mit
einer Farce aus Bratenresten, Eiern, Mehl und Milch gefüllte Omeletten’,
ähnlich Gorys 2001, 280; in Wien ein Erdäpfelschmarren mit Grammeln nach W 127;
in Kärnten nach Setz 1993, 57 ein Fleischgericht aus Schweinsschulter,
Schweinsleber, Schweinsnieren mit etwas Mehl und Gewürzen (Lorbeerblätter,
Knoblauch, Majoran, Thymian, Estragon, Basilikum, Salz, Essig). − In Kärnten gibt es auch ein Apfelgeschrei [åpflgšra], eine Art
Apfelmus-Kaltschale (Miklau 1984, 84).
Kletzen ‘gedörrte, getrocknete Birne’. Das Wort geht auf ein mhd. klœʒen ‘mit
einem klôʒ (einem Keil) spalten’
zurück, da die Früchte vor dem Trocknen aufgeschnitten werden mussten (Z 182). − Daraus wird das beliebte alpenländische Kletzenbrot hergestellt (E
178).
Knödel (der, seltener auch das [ÖWB]) ‘Kloß’ (süd-
bzw. oberdt., Z 183, E 179). − Das Wort gehört zu den mit kn-
beginnenden Wörtern, die verdickte Gegenstände bezeichnen, wie z.B. Knolle
und Knoten (vgl. Kluge 2002, 504) oder Diminutiv zu mhd. knode,
knote ‘verdickter Gegenstand, Knoten’ (wozu
das Neutrum passen würde, Hornung 2002, 428). Nach Atlas 2-66: Knödel herrscht
im Süden (ausschließlich in Österreich und [Alt-] Bayern), im Südwesten neben Knöpfle,
im Rheinland, in Niedersachsen, Thüringen und Sachsen neben Kloß.
Kolatsche s. Golatsche.
Kracherl ‘kohlensäurehaltige
Limonade’, heute veraltend (da es den ursprünglichen Flaschenverschluss mit einer
Kugel, der beim Öffnen ‘krachte’ nicht mehr gibt), wird durch
Produktbezeichnungen ersetzt, wirkt aber insoferne nach, da es in Bayern und
Österreich das neutrale Genus für das Cola/Fanta usw. geliefert hat (Z
186, E 186), sonst heißt es im deutschen Sprachraum meist die Cola usw.
Krapfen sind in Schmalz bzw. Backfett gebackene, meist mit Marmelade
gefüllte (auch belegte) Kuchen aus Germ- bzw. Hefeteig (in weiten Teilen
Deutschlands ‘Berliner [Pfannkuchen]’
genannt, Z 187, E 187); in den Alpenländern auch aus Nudelteig (z.B. Lesachtaler
Kråpfen oder Schlutzkrapfen in Tirol)’,
regional in Stadt und Land recht verschieden, jedenfalls im Hinblick auf die
Zubereitung und/oder äußere Form ein bair.-österr. Wort. − Unter
einem Krapfen versteht man (auch in Bayern und überhaupt im süddt. Raum)
heute in erster Linie ein Süßgebäck aus Germteig, meist mit Marmelade gefüllt,
so als ‘Faschingskrapfen’ oder als ‘Bauernkrapfen’ (auch
in Fladen- oder Radform) allgemein bekannt. Doch die alte Bedeutung des Wortes Krapfen
war eine andere, dies zeigt schon die Etymologie, mhd. krapfe ‘Haken’.
Waren die Vorläufer der heutigen Krapfen hakenförmig (wie die
schwäbischen krummen Krapfen)? Oder wurden sie aus der Teigmasse
mit hakenförmigem Gerät ‘ausgestochen’,
bevor sie in die Pfanne kamen? Die etymologischen Wörterbücher geben leider
keine genauere Auskunft (vgl. u.a. Kluge 2002, 535, Hornung 2002, 440f. [‘unklar’],
Hepp 1970, 200f.).
Kraut ‘Kohl’ (ohne Zusatz meist ‘Weißkraut, -kohl’, Brassica oleracea var.
capitata f. alba), süddt., daher spricht man im deutschen Süden von Sauerkraut,
Blau-/Rotkraut, Krautwickel- oder -roulade usw., und nicht
von Sauerkohl, Rotkohl, Kohlroulade u.dgl., denn im
Binnendeutschen steht Kohl für fast alle Arten dieser
Gemüsepflanze (Z 187, Atlas 4-92 u. 4-93). − In Österreich bedeutet Kohl normalerweise nur den Wirsingkohl,
E 180).
Kuttelfleck (meist für Kutteln, pl.) ‘gereinigter, gekochter Rindermagen (in
Streifen geschnitten)’; an sich steht das Grundwort Kutteln für die
Innerei, Kuttelfleck für die fertige Speise (Z 192, E 192), demnach auch
für die Suppe Flecksuppe (W 137). − Süddt. für ‘Kaldaunen’. − Fern bleibt das österr. Kudelkraut, auch Kuttelkraut ‘Thymian’,
verballhornt aus Quendelkraut (Hornung 2002, 552).
Leberkäse ‘Fleischgericht
aus feingehacktem Fleisch u.a., das in einer Form gekocht wird’ (die
genaue Herstellungsart ist teils nach den Firmen, teils regional verschieden,
jedenfalls ohne Leber). Der Leberkäse gehört zu den spezifisch
süddeutschen Spezialitäten und somit Gemeinsamkeiten der bayer.-österr. Küche
(Z 196). Er wird nirgendwo in Bayern und Österreich mit Leber hergestellt (und
wenn, dann nicht mehr als 5%, vgl. Birle o.J., 251, auch nach Kluge 2002, 563
urspr. Leberbeimengung); er heißt übrigens in Teilen von Tirol und einigen
angrenzenden Gebieten SW-Deutschlands Fleischkäse (aus dem
Schweizerischen nach Kluge 2002, 563, vgl. auch E 111). Beide Bezeichnungen
haben weder etwas mit Leber noch mit Käse zu tun, beides hängt
mit der Form zusammen und ist bloß ein Name (das mhd. Wort lêwer bedeutet
übrigens ‘Hügel, Grenzhügel’, vgl. den Bergnamen Leber bei Graz; entweder
dieses Wort hat der bayer.-österr. Köstlichkeit, die man im gesamten
süddeutschen Raum schätzt, m.W. bis Frankfurt am Main, den Namen verliehen oder
die Leber selbst, die in ihrer runden Form recht ähnlich ist, vielleicht
spielt auch das Wort Laib ein Rolle (so Gorys 2001, 322). Der mhd.
Vorläufer der Leber lautete lëbere und bedeutete auch ‘gestockte
Masse’, weiters gibt es in alten Dichtungen ein sagenhaftes Lebermeer ‘geronnenes
Meer’ (Hornung 2002, 567, Schmeller 1996, I 1410). − Das
Wort Leberkäse ist so bair.-österr. wie der Germ- oder Hefeteig,
die Nockerln, die Knödel, der Gugelhupf, die Einbrenn(e)
und viele andere.
Leberknödel ‘Knödel
(Klöße) mit Leber und Gewürzen’ (Z 196), meist in einer klaren Suppe (Leberknödelsuppe),
aber auch als Hauptspeise, gilt als typisch bayer.-österr., ist aber süddt. (E
196).
Lebzelten (veraltend), -kuchen ‘Pfefferkuchen, Honigkuchen’ (Z
196, E 197), unklare Herkunft (nach Kluge 2002, 563), oberdt. (Seibicke 1983,
119).
Marmelade (in Österreich die, ma. auch sowie in Bayern vorwiegend das) ‘Konfitüre’ (Z
205), in Österreich allgemein (Konfitüre ist in Österreich unüblich, E
205). Durch Lebensmittelvorschriften sind Marmelade (zuckerhaltiges
Fruchtmus ohne Fruchtstücke, Gorys 2001, 353) und Konfitüre (Marmelade
aus nur einer Obstart mit Fruchtstücken, Gorys 2001, 297) heute zwei
verschiedene Produkte.
Mus ‘Brei,
Art gekochtes Obst’, im Binnendt. nur ‘Obstmus’, im
bair. Sprachgebiet auch für Mehlspeisen (E 217, v.a. in der alpenländischen
Küche, z.B. Mehlmus, Z 217), synonym mit Koch (Z 184). Schon in
der mittelalterlichen Küche bezeugt (Hepp 1970, 213f.).
Nachspeise ‘Nachtisch, Dessert’ (Z 124, fehlt bei E, nach Seibicke 1983, 64 obersächsich
und bair., im ÖWB Haupteintrag).
Nockerl, regional auch Nocke(n) (z.B. Kasnocken in Salzburg) ‘Klößchen’,
typisch bair. Speise aus Mehl, Ei, Milch und Fett, stückweise in Salzwasser
gekocht (entspricht den kleineren alemannischen bzw. schwäbischen Spätzle, in Tirol Spatzln, in größerer Form Nocken,
u.a. auch in Fett gebacken, vgl. E 223). Von der Form her ist die Bezeichnung Salzburger
Nockerln berechtigt, aber die Speise selbst ist eher unter die Kategorie
der ‘Aufläufe’ zu rechnen. − Wohl dt. Herkunft,
ursprünglich etwa ‘(kleiner, gedrungener) Klumpen, Knopf, Klotz’, auch
Bergappellativ (vgl. Hornung 2002, 609, Kluge 2002, 654). Die (von Z 218 und W
161 angesprochene) lautliche Ähnlichkeit mit den ital. gnocchi ist wohl
zufällig, wobei diese allerdings küchentechnisch eine Rolle gespielt haben
können.
Orange ‘Apfelsine’ (Z 221, E 228, süddt., vgl. Seibicke 1983, 38).
Pafesen, Bavesen, Pofesen: ‘Weißbrotscheiben mit Füllung’ (Z 58
u. 222 [Ba-, Pa-, Pofesen], E 230f. [Pa-, Pofese], A 65 [Pofesen]; BÖ). − Pafesen (sonst Arme Ritter, s.u.) können verschieden
zubereitete Gerichte bezeichnen, entweder sind sie eine Süßspeise mit
Zwetschkenmus bzw. Powidl (W 177) oder Leber-, Hirnpafesen aus
Semmel- oder Weißbrotschnitten mit Hirn oder Leber (Kofranek 1975, 70, W 177).
Benannt sind sie nach der ital. Stadt Pavia, Adjektiv pavese,
vgl. auch die Zuppa pavese (Suppe aus gerösteten Weißbrotscheiben mit
Gemüsebouillon und Ei sowie Parmesan). Schon in der mittelalterlichen Küche
bekannt (Tegernseer Kochbuch). Der Name erklärt sich nach dem ‘Schild
von Pavia’, der − in den Boden gerammt − dem Soldaten Schutz bot, wie
die Brotscheiben der Fülle (vgl. Hepp 1970, 193). Die Herkunft der Bezeichnung Arme
Ritter, meist in Milch und Eier getauchte Weißbrotscheiben, ebenfalls schon
aus der mittelalterlichen Küche bekannt, ist unklar und sicher eine
volksetymologische Umdeutung (vgl. Hepp 1970, 190f.).
Petersil (der) ‘(die) Petersilie’ (Z 226, E 239; auch in
Zusammensetzungen Petersil-, z.B. Petersilerdäpfel.
Porree ‘Lauch’ (Allium porrum), (nicht nur) bair. Normalwort für Lauch
(Z 232), das v.a. im Südwesten vorkommt, aber auch in Bayern und Österreich
nicht fremd ist (s. Atlas 2-91).
Püree ‘breiartige
Speise aus Kartoffeln, Hülsenfrüchten usw.’ (Z
235), geht auf franz. purée ‘Brei’ (von altfranz. purer ‘reinigen,
durchsieben’ aus lat. purare zu purus ‘rein’)
zurück (Kluge 2002, 730). Davon auch
pürieren ‘Lebensmittel
zu Mus oder Brei zerdrücken’.
Radi ‘großer
weißer Rettich’ (Z 236, E 254); dazu auch Radieschen (Monats-)
Rettich (Raphanus sativus). Bemerkenswert ist die Tatsache, dass das
bair. Radieserl in Österreich unüblich ist. Etymologisch verwandt mit
lat. radix ‘Wurzel’ (ahd. ratih, Hornung 2002, 617).
Rahm ‘Obers,
Sahne’ (Z 236, E 255) ist das im Deutschen am weitesten verbreitete Wort (u.a. in
Bayern, West- und Südösterreich, hingegen im Osten Österreichs Obers);
unter Rahm versteht man in weiten Teilen Österreichs (v.a. im Osten,
meist als Produktbezeichnung) eher ‘Sauerrahm’;
bayer., kärntnerisch und westösterr. Schlagrahm ist synonym mit
ostösterr. Schlagobers. Vgl. Atlas 4-28 u. 29. − Schlagsahne
gilt in Österreich als ‘Reizwort’, das
nur bundesdeutschen Gästen zuliebe verwendet wird, ohne daran zu denken, dass
dieses Wort norddt. ist und das ursprünglich viel weiter verbreitete Wort Rahm
verdrängt.
Rein(e) ‘Kasserolle’ (Z 240, E 260),
Diminutiv dazu Reindl ‘kleiner, flacher Kochtopf’; süddt., ahd. rîn,
im Oberdt. 'flaches, rundes, auch eckiges Kochgeschirr (zum Braten und Backen
von Fleisch und Kuchen)' (heute aus Metall, früher auch aus Ton)', vgl.
Schmeller 1996, II 112. Davon Rein(d)ling ‘Napfkuchen (aus Hefeteig)’,
besonders in Kärnten heute noch sehr beliebt (7), ist aber sonst größtenteils durch den Gugelhupf
abgelöst worden.
Rindsbraten ‘Rinderbraten’ (Z
242, E 264), wortbildungsmäßige Übereinstimmung (wie Schweinsbraten).
Ripperl ‘Rippchen, Rippenspeer, engl. Spareribs’ (Z
242, E 265), gilt in Bayern und Österreich als hspr. bzw. fachsprachlich.
Rollgerste ‘Gerstengraupen, (Synonym) Gerstl’ (süddt.,
Z 242, E 266), durch Rollen geschälte Gerste.
Scherzel ‘Brotanschnitt,
Endstück des Brotlaibs/-weckens’ (Z 253, E 277).
Schlagrahm s. Rahm
Schlegel ‘(hintere) Keule’ (Fleischteil vom Schwein, Kalb usw., süddt., Z 256, E
280). − Das Wort Schlegel, auch Schlögel, bedeutet eig. ‘(Holz-)
Hammer’ (zum Verbum schlagen) und wurde (wie u.a. auch Keule) auf
diesen Teil des Schlachttieres übertragen (Hornung 2002, 699).
Schmarren ‘ein Pfannengericht aus Mehl (abgebröselter, zerstoßener Pfannkuchen), in der
Pfanne gebackener und zerstoßener Eierkuchen’, in
Österreich meist Kaiserschmarren genannt, doch es gibt auch Semmelschmarren,
Grießschmarren und Erdäpfelschmarren (E 283), letzterer oft
einfache Beilage aus übriggeblieben ‘Pellkartoffeln’,
jedenfalls ein Pfannengericht. − Nach der Zubereitung verwandt
entweder mit schmorren ‘dürr werden’
(Hornung 2002, 703f. u. Schmeller 1996, II 553) oder zu Schmer, schmieren
(Z 258, Kluge 2002, 813). − Auch die übertragene
Bedeutung ‘Wertloses, Unsinniges’ ist gemeinsam.
Schwammerl ‘Pilz, Speisepilze aller Art’ (Z 266 [der neben das], E
290), in dieser Bedeutung bair.-österr., auch als Speise wie Schwammerlsauce
oder in der Redewendung Schwammerl suchen, doch als allgemeine
Sachbezeichnung, auch als Krankheit, ist das Wort Pilz durchaus auch in
Bayern und Österreich geläufig, auch bei bestimmten Pilzarten, z.B. Herrenpilz,
Fliegenpilz u.dgl. (die ma. Formen lauten Pülß, Pülz, Püleß,
vgl. WBMÖ III 1351).
Schwarzbeere ‘Heidelbeere, Blaubeere’ (Z 266, E 290; Vaccinium myrtillus,
in Österreich typisch für Kärnten, Osttirol, den Salzburger Lungau und die
Steiermark, vgl. WBMÖ II 1052f. mit Karte, in Tirol auch Moosbeere, die
sonst eher für die ‘Preiselbeere’ steht [Z 211]).
Schweinernes ‘Schweinefleisch’ (Z
267, E 291).
Schweins- in Schweinsbraten usw. statt Schweinebraten usw. (Z 267, E
291), wortbildungsmäßige Übereinstimmung (wie Rindsbraten).
Selch(e) (die) ‘Räucherkammer’ (Z
269, E 294).
selchen ‘räuchern’ (Z
269, E 294), mit ganz wenig Rauch und in leichtem Luftzug trocknen (zu einem
alten Wort für ‘trocknen’, weitere Herkunft unklar), Geselchtes ‘geräuchertes
Fleisch’, weiters Selchspeck, -fleisch. − Die
Ableitungen Selcher (und Selcherei) sind nur in Österreich
geläufig; im alten Wien verstand man unter Selcher v.a den
Schweinemetzger (W 210), daher die alte Bezeichnung einer Metzgerei in Wien
(bis in die 70er Jahre des 20. Jhdts.) Fleischhauer und -selcher.
Semmel ‘Brötchen’, Semmelbrösel
‘Paniermehl’ (A 79), -knödel (süddt.) (Z 270, E 294f.) − Semmel schon mhd. sëmel(e) aus lat. simila ‘feinstes
Weizenmehl’ (Hornung 2002, 732), süddt. Normalwort für ‘Brötchen’ (vgl.
Z 270), unter dem man im deutschen Süden eher ein belegtes Brot versteht.
Striezel, Stritzel ‘längliches Hefegebäck in geflochtener Form, Zopf’
(süddt., nach E 314 zwei verschiedene Wörter, nach Z 284 beide ‘Zopf’),
wohl zu Strutz ‘Brotwecken’ (bair., nach Schmeller 1996, II 822 ‘längliches
Brot’, in Österreich v.a. Kärnten und Steiermark), davon auch Strützel,
vgl. mhd. strutzel, strützel ‘längliches
Brot aus feinem Mehl’, später auf das feine, oft zopfförmige Süßbrot bzw.
geflochtenes Weißgebäck übertragen (vgl. W 217). Etymologie unklar (Hornung
2002, 683f., Kluge 2002, 891).
Sulz ‘Sülze’ (die,
Z 286, E 218), durchscheinende Masse aus verdickter, gestockter Flüssigkeit
(Gelatine), süß oder gesalzen. − Zu mhd. sulz(e) ‘Salzwasser’
(Hornung 2002, 740), verwandt mit Salz (vgl. Hepp 1970, 219).
Surfleisch ‘Pökelfleisch’
(von Sur ‘Pökellake, -beize’, davon Verbum suren ‘einpökeln’, zu
mhd. sûr ‘sauer, salzig’, vgl. Z 286, E 318f.), davon auch Surbraten.
Tafelspitz ‘(gekochtes) Rindfleisch von der Hüfte’ (Z 287, E 320), in Wien vom ‘Knöpf(e)l’ (W
221).
Tellerfleisch ‘gekochtes
Rindfleisch (in Österreich auch Schweinefleisch)’, in
Wien in der Suppe mit Fadennudeln serviert (E 324, W 222, A 85), in Bayern
aufgeschnitten mit Kren (Z 289).
Topfen ‘Quark’ (Z 291, E 325). − Topfen geht auf Topfkäse (W 222)
bzw. ‘in einem Topf hergestellter Käse’ (Hornung 2002, 250) zurück. Das
standarddt. Wort Quark (mhd. twarc, quarc) ist ein
Lehnwort aus slaw. (sorb.) twarog (Kluge 2002, 734). − Karte s. Atlas 4-30. Im Alemannischen heißt der Topfen Zieger
(Alpenwort unklarer Herkunft, vgl. Kluge 2002, 1011 mit Lit., seit dem
Mittelalter bekannt, Hepp 1970, 223).
Vögerl ‘Roulade’ (Z 307, E 347), ausgelöstes und zu einer Roulade dressiertes Fleisch von
der Kalbsstelze (W 124, benannt nach der Form, Hornung 2002, 527).
Wecken ‘Brot
in länglicher Form’ (süddt., Z 312, E 364).
Weckerl ‘kleines längliches Brötchen’, Diminutiv zu vorigem (Z 312, E 364).
Würstel ‘Würstchen’,
bair. Diminutiv zu Wurst (Z 321, E 361).
Zibebe ‘große, getrocknete Weintraubenbeeren mit Kernen’ (Z
326 [veraltet], E 365; nach W 239 große, rötliche Rosinenart im Gegensatz zu
den kleineren Weinberln, s.o.). Schon in der mittelalterlichen Küche,
alt Kubebe, aus mittellat. cubeba, ital. zibibbo von arab.
zabib (altes indisches Gewürz, lat. Piper Cubebae, vgl.
Hepp 1970, 201).
Beuschel ‘Lunge
und Herz’ (als Speisenbezeichnung typisch eher für den österr. Osten und Süden, im
Westen sagt man auch Lüngerl und in Bayern Lungl [Z 62]),
eigentlich Bäuschel, Verkleinerungsform zu Bausch (wegen der
bauschigen Beschaffenheit der Lunge, Hornung 2002, 146).
Blunzen ‘Blutwurst’.
Heute in Bayern eher selten geworden (Z 67). − Laut
ÖWB ‘mundartlich’, laut DUDEN ‘umgangssprachlich’
(ostmitteldt. Plunze; in Bayern u. Österreich auch übertragen als
Schimpfwort für übergewichtige Frauen und Mädchen, auch Redewendung das ist
mir Blunzen ‘das ist mir gleichgültig’, E
68). Zu mhd. blunsen ‘aufblähen’
(Hornung 2002, 178), also nach der Form.
Erdäpfel ‘Kartoffeln’,
neben anderen Bezeichnungen allgemein süddt.-umgangssprachlich; sie gelten in
Bayern als ma. (Z 104), in Österreich auch als hspr. (E 98) − Diese Pflanze (Solanum tuberosum) wird erst seit dem 18. Jhdt. im
deutschen Sprachraum kultiviert. Trotz ihrer relativ jungen Geschichte gibt es
in den deutschen Mundarten eine Vielzahl von Bezeichnungen (u.a. auch Grund-
und Erdbirne, vgl. Pohl 2000, 359).
Erdäpfel- (Kartoffel-) püree ‘Kartoffelbrei’ (Z
235, E 98).
Karfiol ‘Blumenkohl’, in
Österreich hspr., in Bayern ma. (Z 177, E 169).
Koch (das) ‘Mus, Brei’, Apfel-/Äpfel-/Grieß-/Holler-
(usw.) -koch (Z 184 [veraltend], E 180). −
Typisch bair.-österr. Wort (vgl. W 133), schon in der mittelalterlichen Küche
(Hepp 1970, 198).
Kren ‘Meerrettich’ (Armoracia rusticana), gemeinbair. Lehnwort aus dem Slaw. (gemeinslaw. xrěnъ, russ. хрен chren, slow. hren,
tschech. křen, sorb. krěn; wahrscheinlich ist es vom
Sorb. oder Tschech. aus ins Deutsche gelangt [Kluge 2002, 537]), gilt im allgemeinen als Austriazismus, ist aber süddt. (E 187f.; genauer: ostfränkisch und bair.-österr.; s. Atlas
2-90 scheint nahezu nur der Freistaat Bayern und die Rep. Österreich
[einschließlich Südtirol] als Verbreitungsgebiet von Kren auf);
verfeinert Apfelkren oder Obers-/Rahmkren (v.a. Wien). Kren
ist in der bayer. und österr. Küche sehr beliebt, das Wort selbst gilt
nur in Österreich hspr. und sinkt in Bayern auf die ma. Ebene ab (Z 189). − Das Wort Meerrettich beruht vermutlich auf einem alten armoracea
‘aus der Bretagne, die Bretonische’ (weil die Pflanze dort
besonders gut gedeiht) und wurde später umgebildet; im Ahd. hieß sie merratih
(> mhd. merretich), im Altsächsischen merredik, um 1490 merrich,
mirrich (Hepp 1970, 201). Im Deutschen wurde der Name an Meer,
im Englischen an Mähre (daher engl. heute horse-radish ‘Ross-Rettich’)
angeglichen (Kluge 2002, 609).
Ribisel ‘Johannisbeere’ (Ribes rubrum [rot] bzw.
Ribes nigrum [schwarz]), in Bayern heute nur noch ma., im Kerngebiet
veraltet (Z 241), daher heute Austriazismus (ohne Vorarlberg), entlehnt aus
rom. ribes, das seinerseits aus arab.-pers. ribas stammt,
eigentlich ‘Rhabarber’, pers. rivas, weil beide als Magen-Heilpflanzen
verwendet wurden (vgl. Kluge 2002, 764).
Staubzucker ‘Puderzucker’ (Z
279 [veraltend], E 308).
5. Einige Wörter sind wohl gemeinbair., bezeichnen
aber doch in Bayern und in Österreich Verschiedenes:
Kipfe(r)l ‘mondsichelförmiges Gebäck’ (aus Weiß- oder Milchbrotteig, auch
anderen Teigen, z.T. mit Bestreuung [v.a. Mohn] oder Füllung [Mohn oder Nuss]).
In Bayern auch Semmel in länglicher Form (Z 180), doch dem österr. Kipferl
entspricht in Bayern eher das Hörndl ‘Hörnchen’ (Z
167). Das Wort Kipf bezeichnet eine süddeutsche Brotform (seit dem 13.
Jhdt.) heidnischen Ursprungs und ist übertragen von mhd., bair.ma. Kipf ‘Wagenrunge
(= Stütze an der Wagenseite)’, davon abgeleitet Kipfe(r)l (Kluge
2002, 489), in der Wiener Tradition mit dem türkischen Halbmond identifiziert
(vgl. W 129).
6. Die gemeinsame süddeutsche Küche hat sich seit dem 19. Jhdt. in Bayern und
Österreich immer mehr getrennt weiterentwickelt, v.a. trifft dies auf die
gehobene Münchner und Wiener Küche zu. Dieser Umstand brachte auch eine ganze
Reihe von Abweichungen in den Küchenbezeichnungen mit sich:
Brockerl ‘Rosenkohl,
Kohlsprossen, (neuerdings auch:) Broccoli’ (Z 72, Schmeller 1996, 346). − In Österreich wird zwischen Kohlsprossen (auch Sprossenkohl)
und Broccoli deutlich unterschieden.
Brotzeit ‘Jause,
Vesper’ (Z 73). − Typisch bayer. Wort, dafür in Österreich meist Jause (E
161), nur im Westen ma.nah Marende (E 204).
Eierschwammerl, (auch) -schwamm ‘Pfifferling’ (E
90), in Bayern meist Reherl oder Rehling (Z 239) − ein Wort, das regional ma. auch in Österreich vorkommt (Steiermark).
Einlaufsuppe (Z 100) gegenüber österr. Eintropfsuppe (E 96) ‘klare
Suppenbrühe, in die man verquirltes Ei mit Mehl einlaufen/eintropfen lässt’
(diese Suppeneinlage heißt demnach in Österreich Eingetropftes).
Feldsalat oder Nisselsalat (Z 217), in Österreich meist Vogerlsalat (E
347), regional auch Rapunzel und Nisselsalat.
Fleischpflanz(e)l ‘Bulette,
Frikadelle’ (Z 113), in Österreich Fleischlaibchen (E 111). − Älter -pfanzel (Z 228) < Pfannzelte, ein Pfannengericht,
nicht nur aus Fleisch, sondern auch aus Gemüse oder Getreide. Hier hat sich in
Bayern ein Archaismus bewahrt, noch Anfang des 20. Jhdts. gab es auch in
Österreich noch Pf(l)anzl benannte Gerichte. S.u. Hackbraten.
gelbe Rübe ‘Karotte’
(süddt., Z 125), das Wort Karotte ist in Österreich eher hspr., in weiten Teilen Österreichs lautet das Normalwort
aber Möhrlein (gesprochen etwa [merle] o.ä.), Verkleinerungsform zu Möhre
(Pohl 2000, 363). Nach Atlas 2-89 hat Bayern mit Tirol und
Vorarlberg und Teilen von Salzburg und Oberösterreich gelbe Rübe, der
Osten und Süden Österreichs Karotte neben Möhre.
Hackbraten und -fleisch steht in fast ganz Deutschland für das österr. Faschierte
(E 104). Hackfleisch (alt Gehäck, Geheck, Hepp 1970,
206), durch die ‘Faschiermaschine’ (den Fleischwolf) gedrehtes
Fleisch; Hackepeter Berliner Spezialität (pikant gewürztes Faschiertes
vom Schwein, vgl. Birle o.J., 183, Gorys 2001, 204, entweder ähnlich dem beefsteak
tatare oder auch gebraten). Unseren Fleischlaibchen (oder Fleischlaberln)
entsprechen in Bayern die Fleischpflanzeln, im nördlichen Deutschland
meist Frikadellen, aus niederländisch frikadel zu franz. fricandeau
‘Pastetenfülle’, Kluge 2002, 317), in und um Berlin Buletten, aus
franz. boulette ‘Kügelchen’ (Kluge 2002, 159) genannt, im Südwesten Fleischküchle,
neben weiteren Bezeichnungen (Seibicke 1983, 80,
s. Atlas 2-65). Dem bayer. Pflanzel liegt ein älteres Pfanzel zugrunde,
das selbst ein gekürztes Pfannzelte ‘Pfannkuchen,
in der Pfanne Gebackenes u.dgl.’ (Z 226 u. 228) ist. In älteren Kärntner
Kochbüchern kommt dieses Wort ebenfalls vor, so z.B. Blutpfanzl (Pfannengericht
aus Blutwurstmasse) oder Hadn- bzw. Türkenpfanzl (aus Buchweizen-
oder Maismehl [Miklau 36 u. 70f.]). − Das Faschierte ist ein
typisch österr. Wort (ohne Vorarlberg); es ist entlehnt aus franz. farce ‘Fülle
(aus fein gehackten Zutaten wie Fisch, Fleisch, Wild, Geflügel, Pilze [Birle
o.J., 142]’), ursprünglich dt.-ma. [farš], später umgeformt bzw. angepasst (Hornung
2002, 364).
Hax(en) (der, von hspr. die Hachse) ‘Bein
(Fuß)’ (in dieser Bedeutung gemeinbair. u. süddt., umgangssprachlich [Z 152, E
145]). Hingegen in Bayern (die) Hax(e) (Z 152) ‘Schenkelteil
von Schwein und Kalb, Eisbein’ (Z 152) bzw. umgangssprachlich in
Österreich (der) Haxen ‘Bein (des Menschen)’ (E
145) weichen hinsichtlich des Genus und der Bedeutung ab; die Bedeutung von
bayer. Hax(e) nimmt das österr. Stelze ein (E 310).
Hörndl ‘Hörnchen,
Beugel, Kipferl’ (Z 167), in Österreich nur Beuge(r)l oder Kipfe(r)l
(E 64 u. 175).
Nisselsalat s. Feldsalat.
Obatzter ‘ein
Brotaufstrich aus Topfen bzw. Quark mit Gewürzen’ (Z
219), eigentlich ‘ab- bzw. angebatzter’; in
Österreich entspricht (entfernt, da anders zubereitet) der Liptauer.
Panier (die) österr. für bayer. das Panad ‘(die)
Panade’ (Z 223), ist entlehnt aus franz. paner ‘mit
Brotbröseln bestreuen’. − Das Grundwort Panade
kommt aber gemeinsam in der bayer.-österr. Panadelsuppe (nach E 231
süddt.) vor.
Pfann(en)kuchen (Z 226: die längere Form ist die korrekte), in Österreich Palatschinken (E
231). Dieses Wort stammt aus ung. palacsinta ‘Eierkuchen’, das
seinerseits auf rumän. plăcintă ‘Pastete’
beruht. Dieses ist nach Atlas 4-24 nur in Österreich verbreitet, v.a. Wien und
die östlichen und südlichen Bundesländer einschließlich Salzburg; Tirol und
Vorarlberg hat (das) Omelett; sonst schwankt das Genus von letzterem (die
neben das). − Historisch gesehen ist österr. Palatschinke
ziemlich jung und fand erst im 19. Jhdt. Eingang in die Wiener Kochbücher (W
166) und wurde später in ganz Österreich bekannt. Im Kochbuch Prato 1868 ist
nur Pfannkuchen enthalten, welches Wort sich auch in der Wiener Küche
(neben Omelett (8),
früher auch Pfannzelt) als eine Art Sonderform der Palatschinke (dickflüssigerer
Teig, da erhöhte Eizugabe und mit Eischnee zubereitet, vgl. Kofranek 1975, 391)
behauptet hat.
Pfannzelte s. Fleischpflanzl u. Hackfleisch.
Radieserl (Z 236), in Österreich nur Radieschen (s.o. sub 3 Radi).
Rehling, Reherl s. Eierschwammerl.
Rose ‘Keule’ (vom
Rind), in Österreich meist Hüferschwanzel.
Schorrippe ‘Rostbraten, Ried, Hochrippe’. Die bayer. Schorrippe ist (nach
Schmeller 1996, II 428) aus ‘Schonrippe’
entstanden (ohne nähere etymologische Deutung), wohl eher wohl eine ‘emporragende
Rippe’ (zu ahd. scorrēn ‘emporragen’, vgl.
Kluge 2002, 823). Das bzw. die Ried ist die ‘Hälfte
eines geschlachteten Tieres’, genau genommen das Rippenstück, das durch
die Spaltung des Rückgrats gewonnen wird (W 186), ma. die [riəd]
(Hornung 2002, 632); davon auch die Fleischsorte Beiried, in Bayern Roastbeef
oder Lende. ̶
Das Wort Ried beruht auf der alten Nebenform riebe ‘Rippe’ und
wurde sekundär an Ried ‘Flurstück, Geländeteil’ angeglichen. Beiried ‘ausgelöstes
Rindsrippenstück’ repräsentiert die ma. Aussprache von Pälried (so 18.
Jhdt., ein altes Wort für ‘Pfahl’ im Sinne von ‘Rippe’ enthaltend).
Schweinshaxe(n) in Österreich (Schweins-) Stelze; s.o. Haxe(n).
Suppengrün ‘Suppengemüse’ (Z
286), so auch in Österreich neben Wurzelwerk.
Wiener (Würstel) (Z 318) für österr. Frankfurter nach dem legendären Wiener
Fleischhauer Johann Georg Lahner († 1845), der in Frankfurt das Metzgerhandwerk
erlernt hatte und um 1800 nach Wien kam, wo er die Masse einer Schweins- und
Rindswurst in ‘Schafsaitling’- (= feiner Darm) -Hülle vereinigte und
sie ‘Wiener Frankfurter’ nannte (1805). Ein Urenkel von Lahner erfand um 1906 die
‘Würstel im Schlafrock’ in Butterteighülle, Vorläufer des ‘Hot
Dog’ (vgl. W 94). Die ‘echten’ (originalen) Frankfurter werden
nur aus Schweinefleisch hergestellt. Somit ist das Epitheton Frankfurter
keineswegs auf Österreich beschränkt.
7. Die Untersuchung zeigt, dass der bayerische und österreichische Küchenwortschatz
hinsichtlich seiner Besonderheiten gegenüber dem gesamtdeutschen auf eine
gemeinsame Grundlage zurückgeht. In der Übersicht sub 2 wurden diese
Gemeinsamkeiten bereits aufgelistet. Diese widerspiegeln die Sprache der
süddeutschen Küche, die sich erst seit dem 19. Jhdt. durch die in Bayern und
Österreich verschieden verlaufene politische Entwicklung kontinuierlich
auseinander entwickelt hat, was bis heute anhält. Bayern ist mehr vom
binnendeutschen Raum beeinflusst worden als Österreich, daher sind viele
gemeinsame bair.-österr. Ausdrücke im Freistaat auf die Stufe der Mundart oder
der Umgangssprache herabgesunken, während sie in Österreich Standard sind
(Abschnitt 4). Österreich ist auch durch die anderen Regionalküchen der
alten Doppelmonarchie beeinflusst worden, von Wien aus haben sich vielfach
andere Bezeichnungen durchgesetzt, die z.T. zwar bairisch, aber für Österreich
typisch sind (z.B. Eintropfsuppe, Vogerlsalat, Beiried usw.),
z.T. aber Lehngut aus anderen Sprachen repräsentiert (z.B. Faschiertes, Jause,
Palatschinke usw.).
Die Geschichte der Küche ist nicht nur Kulturgeschichte,
sie ist auch Sprachgeschichte mit allen ihren regionalen Bezügen, da die
Sprache der Küche an der Grenze zwischen Standardsprache und Dialekt steht
(vgl. Pohl 2002).
Anmerkungen:
(1) Prato 1858. Wurde als ‘Die große Prato’ sehr populär
und erschien bis 1957 in 80 Auflagen (Prato 1938 u. 1957). 1931 erschien
erstmals als gekürzte Ausgabe ‘Die kleine Prato’ (mir nur bekannt Prato 1949;
alle Angaben nach dem Österreich-Lexikon II 217).
(2) zuvor war sie bereits als Hauptnahrungsmittel der
spanischen Seefahrer verbreitet.
(3) s. sub 6.
(4) siehe dazu die Beispiele bei Ebner 1988 u. 1998 und
im ÖWB. − In der österreichischen Bevölkerung ist das Wissen über diese
Unterschiede eher gering und vielfach von Stereotypen geprägt. Zur
EU-Liste der Austriazismen s.u.a. Pohl 1999a, 99ff.
(5) vgl. sub 4.
(6) dazu s. die Übersicht in Pohl 2000, 377ff. sowie
(laufend verbessert und ergänzt) im Internet unter der URL http://members.chello.at/heinz.pohl/TeilungRind.htm (mit Verweisen auf Kalb und Schwein).
(7) für Bayern belegt im Kochbuch Erna Horn,
Bayerische Kuchl (München-Wien-Zürich 1999) 124.
(8) in der
Wiener Küche mit Mehlzugabe (das Omelett, W 164).
A
Adlassnig-Tschirk 1987
ahd.
althochdeutsch
arab.
arabisch
Atlas
Eichhoff 1977-2000
bair.
bairisch (sprachlich, einschließlich Österreichs)
bayer.
bayerisch (aus dem Freistaat Bayern)
dt.
deutsch
E
Ebner 1998
engl.
englisch
franz
französisch
hspr.
hochsprachlich
lat.
lateinisch
ital.
italienisch
ma.,
ma.nah mundartlich,
mundartnah
mhd.
mittelhochdeutsch
österr.,
Österr. österreichisch, Österreich
ÖWB
Österreichisches Wörterbuch
pers.
persisch
pl.
Plural
rumän.
rumänisch
russ.
russisch
s.
siehe
s.a.
siehe auch
slaw.
slawisch
slow.
slowenisch
sorb.
sorbisch
tschech.
tschechisch
ung.
ungarisch
vgl.
vergleiche
vs.
versus (gegenüber)
W
Wagner (1996)
Z
Zehetner (1997)
Adlassnig-Tschirk
(1987) = Hans Adlassnig − Roman Tschirk: Powidl und
Kaiserschmarrn. Wörterbuch der österreichischen Küche. Wien-München, Amalthea.
Atlas
s. Eichhoff.
Birle
(o.J.) = Herbert Birle: Die Sprache der Küche. Weil der Stadt, Hädecke Verlag
o.J. [um 1975].
Duch (1961)
= Karl Duch: Handlexikon der Kochkunst, Bd. 1. Linz, Trauner Verlag 1961 (181998,
192002), Bd. 2, 1993 (21995).
Ebner
(1988) = Jakob Ebner: Wörter und Wendungen des österreichischen Deutsch. In:
Wiesinger (1988, s.u.), S. 99-187.
Ebner (1998)
= Jakob Ebner: Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch des österreichischen
Deutsch. Mannheim-Leipzig-Wien-Zürich 31998 (Duden-Taschenbücher 8).
Eichhoff
(1977-2000) = Jürgen Eichhoff: Wortatlas der deutschen Umgangssprachen. 4 Bde.,
Bern-München, Francke.
Gorys
(2001) = Erhard Gorys: Das neue Küchenlexikon. München, dtv.
Hepp
(1970) = Eva Hepp: Die Fachsprache der mittelalterlichen Küche. In: WISWE
(s.u.), S. 185-224.
Hess
(2001) = Adolf u. Olga Hess: Wiener Küche. Nach der 1. Auflage 1911 und der
Bearbeitung 1985 durch E. Istvan neu bearbeitet von P. Kirischitz. Wien,
Deuticke.
Hofmann-Lydtin
(1992) = Maria Hofmann − Helmut Lydtin: Bayerisches Kochbuch. München,
Birken-Verlag.
Hornung
(2002) = Maria Hornung: Wörterbuch der Wiener Mundart. Wien, öbv&hpt 1998, 22002.
Kluge
(2002) = Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (24.
Auflage, bearbeitet von Elmar Seebold). Berlin-New York, Walter de Gruyter.
Kofranek (1975) =
Albert Kofranek: Die gute Wiener Küche. Wien.
Maier-Bruck
(o.J.) = Franz Maier-Bruck: Vom Essen auf dem Lande. Das große Buch von der
österreichischen Bauernküche und Hausmannskost. Wien o.J. (ca. 1984).
Maier-Bruck
(1975) = Franz Maier-Bruck: Das große Sacher Kochbuch. Die österreichische
Küche. Wien.
Miklau
(1980) = Lia Miklau: Kärntner Kochbüchl. Klagenfurt, Heyn (5. Auflage, 61984).
Österreichisches
Wörterbuch, 39. Auflage, hg. im Auftrag des BMBWK. Wien 2001.
Pohl
(1997) = Heinz Dieter Pohl: Hochsprache und nationale Varietät: Sprachliche
Aspekte. In: Bernhard Kettemann − Rudolf De Cillia − Isabel Landsiedler (Hg.), Sprache und Politik −
Werkstattgespräche, (Graz), 7-29.
Im
Internet unter: http://members.chello.at/heinz.pohl/OesterrDeutsch.htm
Pohl
(1999a) = Heinz Dieter Pohl: Zum österreichischen Deutsch im Lichte der
Sprachkontaktforschung. In: Klagenfurter Beiträge zur Sprachwissenschaft 25,
93-115.
Pohl
(1999b) = Heinz Dieter Pohl: Österreichische Identität und österreichisches Deutsch.
In: Kärntner Jahrbuch für Politik 1999, 71-103.
Pohl
(2000) = Heinz Dieter Pohl (gemeinsam mit G.H. Leute u. H. Zwander [et alii]):
Der Klagenfurter Wochenmarkt auf dem Benediktinerplatz. Kapitel
Die Mundarten auf dem Wochenmarkt (Sprachwissenschaftlicher Kommentar zu den
Pflanzen- und Produktbezeichnungen auf dem Klagenfurter Wochenmarkt). Klagenfurt,
Naturwissenschaftlicher Verein für Kärnten, 337-381.
Pohl
(2002) = Heinz Dieter Pohl: An der Grenze zwischen Standardsprache und Dialekt:
der Wortschatz der Küche. Tagungsreferate der Internationalen Konferenz ‘Bayerische
Dialektologie’ in Würzburg vom 26. - 28. Februar 2002 (im Druck). Im
Internet unter: http://members.chello.at/heinz.pohl/Kuechensprache.htm
Prato
(1858) = Katharina Prato (Edle von Scheiger): Die Süddeutsche Küche auf ihrem
gegenwärtigen Standpunkte mit Berücksichtigung des Thees und einem Anhange über
das moderne Servieren. Graz.
Prato
(1938) = Katharina Prato (Edle von Scheiger): Die Süddeutsche Küche, hg. von
Viktorine v. LEITMAIER. Graz, 78/791938.
Prato
(1949) = Katharina Prato (Edle von Scheiger): Die Kleine Prato. Kochbuch für
den kleinen Haushalt, zusammengestellt von Viktorine LEITMAIER. Wien.
Prato (1957)
= Katharina Prato (Edle von Scheiger): Die Süddeutsche Küche (‘Die Große
Prato’), hg. von Viktorine v. LEITMAIER. Wien 801957.
Schmeller
(1996) = Johann Andreas Schmeller: Bayerisches Wörterbuch. München (Nachdruck
von 1872-77).
Schuster-Schikola
(1996) = Mauriz Schuster − Hans Schikola: Das alte Wienerisch. Wien.
Seibicke
(1983) = Wilfried Seibicke: DUDEN. Wie sagt man anderswo? Landschaftliche
Unterschiede im deutschen Sprachgebrauch. Mannheim/Wien/Zürich (DUDEN
Taschenbücher 15).
Setz
(1993) = Helga Setz: Die Kärntner Küche. Klagenfurt, Heyn.
Wagner
(1996) = Christoph Wagner: Das Lexikon der Wiener Küche. Wien, Deuticke.
Wiesinger
(1988) = Peter Wiesinger (Hrsg.): Das österreichische Deutsch. Wien/Köln/Graz,
Böhlau Verlag [darin 6.3.Küchensprache 178ff.].
Wiswe
(1970) = Hans Wiswe: Kulturgeschichte der Kochkunst. München, Moos
Verlag.
Wehle
(1980) = Peter Wehle: Sprechen Sie Wienerisch? Von Adaxl bis Zwutschkerl.
Wien-Heidelberg.
Zur
bairisch-österreichischen Küchensprache siehe auch unter:
http://www1.ku-eichstaett.de/SLF/EngluVglSW/OnOn7.htm
(in: Onomasiology Online (OnOn))
Zu
zwei Büchern: Kärntner Küche
& Österreichische
Küchensprache
Kurzfassung: Von Apfelstrudel bis Zwetschkenröster
Kleines
Handbuch der österreichischen Küchensprache, 160 Seiten, € 12,95
(Wien, Ueberreuter 2008, ISBN: 978-3-8000-7369-6)
Zusammenfassung: Österreichisches
Deutsch in der österreichischen Küche.
In: Tribüne. Zeitschrift für
Sprache und Schreibung 3/2007, 4-8 (Gastherausgeber dieses Heftes
zum Thema Küchensprache; im Internet).