10 Jahre Projekt Hellas
1991


1991  >>>  
  „Schaut die Aussicht“ –
   
            oder was von der humanistischen Bildung übrig blieb.
   
Friedrich Urban (MJ 1993)
   
   
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  • Lang, lang ist’s her (Wer hätte sich erinnert, dass unsere Projektwoche im Jahr des Augustputsches in der Sowjetunion stattfand?)
  • Wir haben uns tatsächlich auf die Reise vorbereitet (ein oder zwei ganze Vormittage im damaligen Medienraum – heute: Bibliothek)
  • Was wir alles gesehen haben (neben den „Klassikern“ in Athen waren wir tatsächlich in Lerna, Mykene, Olympia, Epidauros, Eleusis, Daphne, Tegea, Argos...), ist wirklich beeindruckend.

Und da beginne ich mich tatsächlich an einiges zu erinnern: Souvlaki (lecker), Alkoholverbot (bitter), Belgierinnen (süß), Feuer auf Korinth (pikant), ... Ärger empfinde ich heute noch, dass wir keine drei Stunden Zeit hatten das Nationalmuseum zu besichtigen und deshalb durch die Hallen geradezu gepeitscht wurden...
Ach ja: Da waren ja noch... – ähm – Steine, Aussicht, Souvlaki...
An den Busfahrer erinnere ich mich noch, ein netter Kerl mit einer Charakternase und einem markanten Kinn unter seinem breiten Grinser; und an Dimitri den „Hotelier“ in Tolon, wo wir unser zweites Quartier aufschlugen, der ziemlich „erregt“ war, als der Strom ausfiel, während der Erfüllung seiner ehelichen (?) Pflichten. „Schuld“ am Kurzschluss war – wer hätte das gedacht – ein Jungschotte, der auf der Jagd nach Ungeziefer die rote (!!!) Vorzimmerdecken-lampe erschlug. In Mykene hatten wir nichts Besseres zu tun, als auf (!) dem ehrwürdigen Löwentor zu sitzen.

Anstatt die Burgruine („Schaut die Steine“) auf Akro-Korinth anzusehen, haben sich ein paar abgeseilt um Buschgras zu rupfen, ein Feuer zu entfachen (es war ja immerhin der 26. Oktober) und die österreichische Nationalhymne (alle drei Strophen) zu singen. Doch als wir zu einem Abendessen in der österreichischen Botschaft eingeladen wurden (schön, dass es Altschotten gibt) benahmen wir uns freilich größtenteils gemäß den Regeln. An jenem Abend wurde auch unser Alkoholverbot etwas gelockert.

Ich könnte die Schilderungen meiner Eindrücke noch weiter fortführen, ohne humanistisch angehauchte wissenswerte Information zu reproduzieren: zum Beispiel Eindrücke vom Zappeion (der Name war für uns schon sehr witzig, ich habe jedoch schon lange wieder vergessen, was es mit diesem Gebäude auf sich hat.), der Weg am ersten Abend schnurstracks in eine Touristenfalle in der Plaka; im Gegensatz dazu die einfache geschmacklich bessere und wesentlich günstigere Bohnensuppe in irgendeinem Kaff auf der Peloponnes. Da gab’s noch eine belgische Schülergruppe, deren Mädels uns die Köpfe verdrehten (Koedukation hätte uns wahrscheinlich weniger peinlich aufführen lassen).

Die Frage, die sich mir nun stellt: Hat dieses Projekt abseits des Spaßes etwas für mich gebracht? War die Wahl von Griechisch selbst sinnvoll (das hätte mir beinahe die Zulassung zur Matura gekostet – ich war ein „fauler Sack“)?
Die Antwort darauf: Ja! Auch wenn meine griechischen Sprachkenntnisse mehr (oder besser weniger) als nur dürftig sind, so habe ich, glaube ich, den Metatext verstanden: Ich wurde bereichert von Philosophen, Geschichtsschreibern...

Und auf dem Areopag die Rede des Apostels Paulus (vgl. Apg. 17, 22ff) im Original zu lesen, ist eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte...

     
   
© Aus dem 167. Jahresbericht des Schottengymnasiums 2000/2001, S. 28f