von Renate Tanzberger
Der nachfolgende Text entstand vor cirka 15 Jahren und ich möchte
ihn zum Ausgangpunkt meiner weiteren Überlegungen machen:
versuch einer utopie
sie hatte gerade in einem buch über eine frau, die vergewaltigt
worden war, gelesen. und wie diese sich das erste mal wieder richtig
sicher fühlte als sie auf einem fest ausschließlich für
frauen war. „ausziehen hätte ich mich können und keine
hätte mir etwas getan“, stand da.
und sie dachte an einen morgen als ihr am weg zur busstation nur frauen
begegnet waren und sie in der haltestelle inmitten von frauen stand,
die miteinander redeten und sie nicht abschätzend/abschätzig
betrachteten wie es in einer runde von männern mit sicherheit
passiert wäre.
und sie erinnerte sich des gefühls der stärke als sie spät
nachts mit ein paar freundinnen durch die stadt gezogen war und sich
so sicher und mächtig und stark gefühlt hatte. da hätte
jemand wagen sollen, eine von ihnen blöd anzuquatschen oder anzuschauen.
[...]
... so schrieb ich, als wir uns in unserer Frauengruppe die Aufgabe
stellten, uns mit dem Thema Utopien auseinander zusetzen. Und eigentlich
hat bereits das Verfassen dieses Textes ein Stück weit mit einer
Utopie zu tun:
Damit, dass es mir möglich war als eine der ersten unserer Familie
zu studieren.
Damit, dass die Frauenbewegung (damals sah ich sie noch als Einzahl)
es mir ermöglicht hatte, an einer Frauensommeruni teilnehmen
zu können und – entsetzt über die damaligen Streitigkeiten
unter Frauen (wo ich doch gerade gedacht hatte, endlich meine Heimat
zu finden) – eine eigene Gruppe zu gründen, um das Politische
und Private auszutauschen.