Von Claudia Schneider:
In: an.schläge 2/1999, 28-30
Geschlechtssensible Pädagogik meint den Blick auf Mädchen
und Buben durch die „rosablaue“ Brille – und daraus
resultierendes Handeln. Engagierte Pädagoginnen sind also gefordert.
Für Erzieherinnen in Kindergärten gilt die Gleichbehandlung
aller Kinder, also auch von Mädchen und Buben, als wichtiges
pädagogisches Ziel. Nach diesem „Gleichheitspostulat“
sind viele Kindergartenpädagoginnen überzeugt, daß
sie in der Praxis tatsächlich keine Unterschiede in der Behandlung
von Mädchen und Buben machen. So sollen Mädchen und Buben
gleichermaßen in der Bau- wie in der Puppenecke spielen dürfen.
Werfen wir aber einmal einen Blick in den realen Alltag im Kindergarten:
Mädchen sitzen gemeinsam mit der Kindergärtnerin am Tisch
und zeichnen, malen und basteln mit Ausdauer.
Buben sausen – meist zu mehrt – durch die Gruppenräume
und spielen lieber Tobespiele. In der Bauecke spielen vielfach nur
Buben. Als die Kindergärtnerin dort gemeinsam mit den Mädchen
ein Spielangebot anregt, sieht sich eine Fünfjährige, die
seit dem Krippenalter den Kindergarten besucht, um und stellt fest:
„Da hab’ ich noch nie gespielt!“
Vehement, lautstark und beharrlich fordern Buben die Aufmerksamkeit
und Zuwendung der Kindergärtnerin ein, während Mädchen
warten, bis sie an die Reihe kommen (manchmal eine viertel Stunde
lang).