Die
schöne Müllerin.
The Beautiful Miller-Girl.
La Belle Meunière.
(Im Winter zu lesen) |
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Bilderzyklus von
Walter Kuhn
nach dem Op. 25, D 795 von Franz Schubert
und Texten von
Wilhelm Müller. |
Im Winter 1817 schrieb Wilhelm Müller
ein »Liederspiel« und gab seinem Werk den Untertitel »Im Winter zu
lesen«. Schubert machte etwas ganz anderes daraus. Er wählte 20 aus
den 25 Originalen und gestaltete ein vergleichsloses Drama damit. Er
setzt die geläufigen Mittel der musikalischen Rhetorik ebenso ein wie
scheinbar Volksliedhaftes, er schreibt kleine Opernszenen und
komponiert sich in einen bisher beispiellosen Musikfatalismus hinein.
Einer wandert los, singt mit, verbrüdert
sich mit dem Bach, bekommt eine Anstellung, erlebt die Gruppendynamik
innerhalb einer Arbeitspartie, lernt s i e kennen. Sie – die Tochter
des Chefs, offenbar ein noch etwas pubertär-dümmliches Kind, aber
schon voll ausgestattet mit den Reizen junger Mädchen. Zweiter Teil.
Der Knabe bildet sich allemal ihre Liebe ein, merkt dann, dass das
Mädchen ganz andere Präferenzen hat (ein fescher Kerl, ein Jäger). Er
ist rasend eifersüchtig, biedert sich an; und die Straße der Fatalität
liegt vor ihm. Ans Grab wird gedacht, woraus die Blumen, ihr heiß
geschenkt, wieder sprießen sollen. Dieses ewige Vergehen in Liebe wird
beschworen. Ja, ewig … und der Tod mag ewig sein, auch und gerade als
Suizid.
© Otto Brusatti |
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1 |
Das Wandern |
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Das Wandern ist des Müllers Lust,
Das Wandern!
Das muß ein schlechter Müller sein,
Dem niemals fiel das Wandern ein,
Das Wandern. |
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2 |
Wohin? |
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Ich hört' ein Bächlein rauschen
Wohl aus dem Felsenquell,
Hinab zum Tale rauschen
So frisch und wunderhell. |
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3 |
Halt! |
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Eine Mühle seh ich blinken
Aus den Erlen heraus,
Durch Rauschen und Singen
Bricht Rädergebraus. |
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4 |
Danksagung an den
Bach |
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War es also gemeint,
Mein rauschender Freund?
Dein Singen, dein Klingen,
War es also gemeint? |
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5 |
Am Feierabend |
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Hätt' ich tausend Arme zu rühren!
Könnt' ich brausend Die Räder führen!
Könnt' ich wehen Durch alle Haine!
Könnt' ich drehen Alle Steine!
Daß die schöne Müllerin
Merkte meinen treuen Sinn! |
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6 |
Der Neugierige |
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Ich frage keine Blume,
Ich frage keinen Stern,
Sie können mir alle nicht sagen,
Was ich erführ so gern. |
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7 |
Ungeduld |
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Ich schnitt es gern in alle Rinden ein,
Ich grüb es gern in jeden Kieselstein,
Ich möcht es sä'n auf jedes frische Beet
Mit Kressensamen, der es schnell verrät,
Auf jeden weißen Zettel möcht ich's schreiben:
Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben. |
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8 |
Morgengruß |
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Guten Morgen, schöne Müllerin!
Wo steckst du gleich das Köpfchen hin,
als wär' dir was geschehen? |
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9 |
Des Müllers Blumen |
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Am Bach viel
kleine Blumen stehn,
Aus hellen blauen Augen sehn;
Der Bach, der ist des Müllers Freund,
Und hellblau Liebchens Auge scheint,
Drum sind es meine Blumen. |
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10 |
Tränenregen |
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Wir saßen so traulich beisammen
Im kühlen Erlendach,
Wir schauten so traulich zusammen
Hinab in den rieselnden Bach. |
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11 |
Mein! |
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Bächlein, laß dein Rauschen sein!
Räder, stellt euer Brausen ein!
All ihr muntern Waldvögelein,
Groß und klein,
Endet eure Melodein! |
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12 |
Pause |
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Meine Laute hab ich gehängt an die Wand,
Hab sie umschlungen mit einem grünen Band -
Ich kann nicht mehr singen, mein Herz ist zu voll,
Weiß nicht, wie ich's in Reime zwingen soll. |
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13 |
Mit dem grünen
Lautenbande |
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Schad' um
das schöne grüne Band,
dass es verbleicht hier an der Wand,
ich hab' das Grün so gern,
ich hab' das Grün so gern! |
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14 |
Der Jäger |
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Was sucht denn der Jäger am Mühlbach hier?
Bleib, trotziger Jäger, in deinem Revier!
Hier gibt es kein Wild zu jagen für dich,
Hier wohnt nur ein Rehlein, ein zahmes, für mich |
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15 |
Eifersucht und Stolz |
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Wohin so schnell, so kraus und wild, mein
lieber Bach?
eilst du voll Zorn dem frechen Bruder Jäger nach?
Kehr' um, kehr' um und schilt erst deine Müllerin,
für ihren leichten, losen, kleinen Flattersinn. |
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16 |
Die liebe Farbe |
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In Grün will ich mich kleiden,
In grüne Tränenweiden:
Mein Schatz hat's Grün so gern.
Will suchen einen Zypressenhain,
Eine Heide von grünen Rosmarein:
Mein Schatz hat's Grün so gern. |
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17 |
Die böse Farbe |
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Ich möchte ziehn in die Welt hinaus,
Hinaus in die weite Welt;
Wenn's nur so grün, so grün nicht wär,
Da draußen in Wald und Feld! |
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18 |
Trockne Blumen |
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Ihr Blümlein alle, die sie mir gab,
Euch soll man legen mit mir ins Grab.
Wie seht ihr alle mich an so weh,
Als ob ihr wüßtet, wie mir gescheh?
Ihr Blümlein alle, wie welk, wie blaß?
Ihr Blümlein alle, wovon so naß? |
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19 |
Der Müller und der Bach |
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Wo ein treues
Herze
In Liebe vergeht,
Da welken die Lilien
Auf jedem Beet; |
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20 |
Des Baches Wiegenlied |
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Gute Ruh, gute Ruh!
Tu die Augen zu!
Wandrer, du müder, du bist zu Haus.
Die Treu' ist hier,
Sollst liegen bei mir,
Bis das Meer will trinken die Bächlein aus. |
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