Kanongeschichte: www.joerg-sieger.de/einleit/nt/07kan/nt97.htm Inhaltsangabe für diese Seite:
1. Altes Testament und Neues Testament
2. Die Kriterien der Kanonisierung
3. Der Schritt über das Alte Testament hinaus
4. Erste Ansätze
5. Anstöße von außen
a.) Das Petrusevangelium als Beispiel apokrypher Literatur
b.) Markion
6. Der Canon Muratori
7. Die Kirchenväter
a.) Irenus von Lyon
b.) Tertullian
c.) Klemens von Alexandrien
d.) Zusammenfassung
8. Der Abschluss des Kanonisierungsprozesses
a.) Origenes
b.) Eusebius von Caesarea und Athanasius von Alexandrien
c.) Der Westen und die weitere Entwicklung
Kanongeschichte:
Es kam zum Streit über die Auslegung der apostolischen Verkündigung. Daher wurde es zum Gebot der Stunde, eine sichere Bezeugung der Norm anhand schriftlicher Dokumente zu suchen. Die schriftliche Tradition bietet schließlich die sicherere Argumentation als die mündliche Tradition.
Diese Schriften traten natürlich nicht einfach an die Stelle der bisherigen mündlichen Tradition. Sie wurden in dieselbe eingebunden. Sie entstanden in den wichtigsten Kirchenzentren, die sich auf die Autorität der unmittelbaren Succession berufen konnten. So war das Verhältnis von Schrift und Tradition von Anfang an also ein wechselseitiges.
Kriterien für die Unterscheidung der Schriften waren für die frühe Kirche: 1.) die Apostolizität, die unmittelbare Tradition, die in der jeweiligen Schrift zum Ausdruck kam. Hier geht es nicht so sehr um die historische Tatsache, dass der betreffende Text tatsächlich von einem Apostel verfasst worden war. Es ging vielmehr um eine Unterscheidung des Glaubens im Dienst der Bewahrung der Tradition. Apostolisch kann auch etwas sein, wenn es nicht von den Aposteln selbst stammte. Um eine nur apostolische Verfasserschaft ging es bei diesem Kriterium also nicht. Der Inhalt durfte nicht im Gegensatz zur vom Apostel weiter gegebenen Lehre stehen.
2.) Wichtig war auch die Katholizität der Schrift, also die allgemeine Anerkennung als heilige Schrift,
3.) Ein wichtiger Aspekt war die Inspiration, die Überzeugung also, dass in dieser Schrift Gottes Wort zum Tragen kam.
Das Ergebnis dieses Vorgangs lässt sich nicht historisch-kritisch beurteilen. Es gibt keinen ersichtlichen wissenschaftlichen Grund, warum für einen Klemensbrief diese Kriterien etwa nicht zutreffen sollen. Der ganze Vorgang der Kanonisierung ist lediglich im Glauben zu erfassen.Anstöße von außen setzten den Prozess der Kanonisierung in Gang und beschleunigten ihn. In der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. traf der Theologe Markion eine Auswahl von Schriften,
die er als allein verbindlich betrachtete. Diese Auswahl war von einer starken Judenfeindlichkeit geprägt. Auch nahm die Produktion von esoterischen und durch die Gnosis geprägten Schriften stark zu. Diese Situation machte es allen klar, dass die baldige Festlegung eines verbindlichen Kanons der Heiligen Schrift dringendst notwendig ist.
Der Canon Muratori: Der Text findet sich unter:
www-user.uni-bremen.de/~wie/texteapo/muratori_einleit.html Dieser Text zeigt, dass der Prozess der Kanonisierung zu dieser Zeit noch nicht abgeschlossen war.
Das Studium der Texte der Kirchenväter zeigt, dass sich allmählich ein ökumenischer Konsens abzuzeichnen beginnt, doch liegt im 3. Jahrhundert n. Chr. noch kein einheitlicher Bibel-Kanon vor.
www-user.uni-bremen.de/~wie/texteapo/muratori.html www-user.uni-bremen.de/~wie/nt-apokrypha.html Beispiele für den Einfluss von Kirchenvätern auf die Kanonisierung:
a.)
Origenes
Für Origenes bildet das Neue Testament eine Einheit mit dem Alten (ersten) Testament. Dies ist sehr wichtig. Beide Schriftsammlungen sind für ihn göttlich inspiriert.
Diese Inspirationslehre übernimmt Origenes aus dem jüdischen Glaubensgut.Origenes unterscheidet drei Gruppen von Schriften.
Die "homologoúmena" sind die offiziell und allgemein anerkannten Schriften. Dazu gehören für ihn die vier Evangelien, die Apostelgeschichte, die 14 Paulusbriefe, weiterhin der 1. Petrus- und der 1. Johannesbrief. Die anderen Schriften sind auch bei ihm noch nicht endgültig festgelegt.
Als zweite Klasse nennt er die "amphiballómena", das sind diejenigen Schriften, über deren Echtheit damals noch diskutiert wurde, z. B. der 2. Petrusbrief.
Und die dritte Klasse waren die "pseud ", also die von den Häretikern unterschobenen Schriften, wie etwa das Ägypter-, oder Tomas-Evangelium.
b.) Eusebius von Caesarea und Athanasius von Alexandrien
Auch Eusebius von Caesarea kannte diese Drei-Teilung, die er offensichtlich von Origenes übernommen hatte. Zu seiner Zeit liefen im Osten zwei Versionen des Kanons um:
1.) Einmal gab es eine Aufstellung von 26 Büchern bei denen die Offenbarung des Johannes fehlte.
2.) Zum anderen fand sich ein Verzeichnis von 21 Büchern, eine Aufstellung ohne die Amphiballomena.
Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. schließlich fand dann der Kanon mit 27 Schriften seine Anerkennung. Er findet sich erstmals vollständig aufgeführt bei Athanasius von Alexandrien in seinem Osterfestbrief von 367 n. Chr.
Eine römische Synode unter Papst Damasus gab 382 n. Chr. siebenundzwanzig Schriften als kanonisch an.
Die Diskussion war mit dieser Synode aber noch nicht abgeschlossen:In Afrika tagten nämlich in den Jahren 393 n. Chr., 397 n. Chr. und 419 n. Chr. mehrere Synoden mit Augustinus als Teilnehmer, die über die Anerkennung des Hebräerbriefes diskutiert haben.
Auf eine Anfrage des Bischofs von Toulouse im Jahr 406 n. Chr. zählte ihm Papst Innozenz I. alle 27 Schriften, die wir auch heute im Kanon finden, auf. Mit dieser Zeit ist der Prozess der Kanonbildung im Grunde weitgehend abgeschlossen.
Der Kanon der Heiligen Schriften war in der Folge eigentlich kein Gegenstand der Diskussion mehr.
Erst als in der Zeit der Reformation vor allem über den Umfang des Alten Testamentes neue Fragen und Zweifel aufgeworfen wurden, griff die römisch-katholische Kirche die Frage nach dem Kanon noch einmal auf. Er wurde erst am 8. April 1546 auf dem Konzil von Trient endgültig festgelegt
.
Die Rolle, die Papst und Synoden bei der Kanonisierung der Schriften innehatten, kann man aus folgenden Fakten erkennen:
Konzil von Hippo 393 und das von Karthago 397: Beide Konzilsbeschlüsse wurden an den Papst zur Bestätigung geschickt. Dem Papst stand also das letzte Entscheidungsrecht zu.
Dass die Entscheidung über die Zuordnung einzelner Schriften zum verbindlichen Kanon nicht immer leicht fiel, kann man aus dem Umstand erkennen, dass manche trotz des Wunsches vieler nicht aufgenommen wurden (Nicht aufgenommen wurden die damals als inspiriert geltenden Schriften wie der Barnabasbrief, der Hirte des Hermas und Acta Pauli).
Dafür wurden gegen den Widerstand eines Teils der Synodenteilnehmer der 2. Petrusbrief, der Judasbrief und die Offenbarung des Johannes aufgenommen.
Evangelien:
* Matthäus-Evangelium
* Markus-Evangelium
* Lukas-Evangelium
* Johannes-Evangelium
Apostelgeschichte
Paulusbriefe:
* Brief an die Römer
* 1. Brief an die Korinther
* 2. Brief an die Korinther
* Brief an die Galater
* Brief an die Epheser
* Brief an die Philipper
* Brief an die Kolosser
* 1. Brief an die Thessalonicher
* 2. Brief an die Thessalonicher
* 1. Brief an Timotheus
* 2. Brief an Timotheus
* Brief an Titus
* Brief an Philemon
* Brief an die Hebräer
Katholische Briefe:
* Jakobusbrief
* 1. Petrusbrief
* 2. Petrusbrief
* 1. Johannesbrief
* 2. Johannesbrief
* 3. Johannesbrief
* Judasbrief
Offenbarung des Johannes