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Donegal
11. Juni 1999
Ich packe meine
Siebensachen. Weiter geht es nach Donegal.
Zunächst aber fahre ich nicht weit und halte in Drumcliff. Der Ort ist
bemerkenswert aus zwei Gründen: Am südlichen Ortsende ein bemerkenswertes
Hochkreuz, jenseits der Straße der Stumpf eines Rundturms. Das dazugehörige
Kloster, das im 6. Jahrhundert der heilige Columba gegründet hat, befand
sich unterhalb des heutigen Parkplatzes beim Friedhof, wo ich mein Auto
geparkt habe. In Drumcliff ist aber auch William Butler Yeats begraben, der
Dichter, der ganz wichtige Verdienste um die Wiederbelebung der irischen
Kultur erworben hat und der 1923 den Nobelpreis für Literatur erhalten hat
(Liste seiner Gedichte). Yeats Grab ist recht bescheiden, links von der
Kirche, wenn man den Friedhof betritt. Es ist leicht zu finden, meist stehen
Touristen dort und fotografieren sich oder ihre Freunde und Freundinnen mit
dem Grabstein mit dem schönen Epitaph: Cast a cold eye on life, on death.
Horseman, pass by. Und warum ist Yeats ausgerechnet auf dem Friedhof von
Drumcliff begraben? Weil einer seiner Vorfahren Gemeindepriester der Church
of Ireland war. Aus Sligo stammen die Familien seines Vaters und seiner
Mutter, einer geborenen Pollexfen, und in Sligo und Umgebung, im Sommer auch
in Rosses Point, wuchs er auf und verbrachte er einen Teil seiner Jugend. In
seinem Werk hat das Spuren hinterlassen. Nicht nur hat er die
Naturschönheiten Sligos in Gedichten verherrlicht, sein Bruder Jack hat
in einer Reihe von Gemälden die Landschaft um Sligo gemalt. Und in Rosses
Point liegt am Hafen das heute verfallene Haus, das sein Onkel Henry
Middleton bewohnte, den er - natürlich - auch in einem
Gedicht verewigte.
Das Pub jenseits der Straße trägt seinen Namen: Yeats´ Tavern. Ob er selbst
dort jemals Gast gewesen ist, weiß keiner. Und im Hintegrund erhebt sich,
von Drumcliff aus besonders eindrucksvoll anzusehen, "bare Ben Bulben´s Head",
ein mehr als 600 Meter hoher Tafelberg, welcher die Landschaft prägt. Und
ein paar Kilometer weiter dann in Grange die Seitenstraße nach Lissadell
House, wo Yeats oft Gast gewesen ist.
In der Stadt Donegal dann ausnahmsweise wenig Verkehr und kein Verkehrschaos
auf dem zentralen Platz der Stadt mit Kreisverkehr. Ich mache den schon
obligaten Besuch bei Magee, dem Spezialgeschäft für Tweedsakkos, finde aber
nichts, was mir gefällt. Anschließend fröne ich meinem Hobby und besuche das
Eisenbahnmuseum, das durchaus bescheiden, aber sympathisch ist und einen
guten Einblick in die Zeit um die Jahrhundertwende gibt, zu der die
wirtschaftliche Entwicklung der abgelegenen Teile der Insel durchaus von der
verkehrmäßigen Erschließung durch derartige Bimmelbahnen auf schmaler Spur
abhängig war. Übrigens sieht man bei Fahrten durch Donegal immer wieder die
alten Eisenbahntrassen, überwachsen und teilweise versumpft, aber immer noch
erkennbar. Und dort, wo die Trassen überbaut sind, ragen als Mahnmale noch
immer die Brückenpfeiler sinnlos empor.
Danach fahre ich nach Ardara weiter, einem Zentrum der Tweedweberei, aber
leider, keiner der ausgestellten Stoffe gefällt mir wirklich. Durch eine
hübsche Landschaft fahre ich auf schlechten Straßen weiter nach Letterkenny,
wo ich mich in Gallagher´s Hotel in der Hauptstraße einquartiere und danach
die bunt angemalten Geschäftsfassaden bewundere, weniger die in den Auslagen
derselben ausgestellten Waren.
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