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Roscoff
4. Juni 1999
Am Morgen gießt es noch
immer. Ich räume mein Gepäck ins Auto, frühstücke am Automatenbuffet für 24
FF, sehe einige verschlafene Gäste (der Parkplatz ist voller Autos, das
Hotel 1ere Classe in Langueux muß ein Geschäft sein) und fahre grußlos
weiter. Wen hätte ich auch grüßen sollen? Ich habe keinerlei Hotelpersonal
gesehen.
Die Besichtigung der Strandpromenade von Langueux im Regen ist erhebend. Als
ich danach auf die vierspurige N12 auffahren will, sehe ich auf der anderen
Straßenseite einen Carrefour-Supermarkt. Da ich Zeit habe, werde ich
feststellen, was französische Supermärkte so zu bieten haben. Vieles, merke
ich, als um 9 Uhr geöffnet wird. Der Carrefour führt nicht nur Lebensmittel,
sondern auch Rasenmäher, Blumen, Schallplatten, alles mögliche. Manches ist
wesentlich billiger als bei uns in Österreich, trotz EU. In Österreich ist
die Fa. Carrefour mit einem großen Supermarkt in Wien vor Jahren schon
gescheitert, der in Langueux ist voller Kunden. Auf der Rückfahrt will ich
Wein einkaufen, als Reisemitbringsel. Zu spät fällt mir ein, ich werde ja
auf der Rückfahrt nicht in Langueux vorbeikommen, denn auf der Rückreise
werde ich nicht in Roscoff, sondern in Cherbourg ankommen. Keine Mitbringsel
aus Langueux also.
Ich fahre langsam, denn ich habe Zeit, durch die Bretagne. Vieles gäbe es
rechts und links der Schnellstraße zu besuchen, alte Kirchen, Schlösser,
Kalvarienberge ..... Die Ortsnamen klingen fremd, ihre Wurzeln liegen in der
(keltischen) bretonischen Sprache. Ein anderes Mal, sage ich mir.
Auf dem Rastplatz Aire du Porce en Parc mache ich eine Pause, dann fahre ich
nach Roscoff weiter. Das erweist sich als hübsches Städtchen mit schönem,
kleinem Stadtkern und einer schönen Strandpromenade, die ich mehrfach
entlang wandere. Die Betonbunker aus dem 2. Weltkrieg sind mit Gärten
verbaut, aber dennoch sichtbar. Eine Weile sitze ich auch in der Sonne, denn
der Nachmittag ist schön, aber windig.
2
Stunden vor der Abfahrt um19,30 Uhr bin ich im Hafen, Irish Ferries weist
mir eine Kabine auf dem Schiff Normandie zu. Die Nummer wird falsch sein,
wie fast jedes Mal. In den PC´s der Firma muß der sprichwörtliche Hund
begraben sein. Ich erhalte auf dem Schiff eine andere Kabine, lege mein
Gepäck ab und eile aufs Deck, ich will die Abfahrt miterleben. Regenwolken
dräuen, ein heftiger Wind weht, vor dem Hafen haben einige Wellen
Schaumhäubchen aufgesetzt. Das verheißt nichts Gutes. Ich kaue geduldig
nacheinander 2 mitgebrachte Kaugummi gegen Seekrankheit. Das wird nützen.
Als die Normandie den Hafen verläßt, beginnt es tatsächlich zu regnen. Ich
esse eine Kleinigkeit. Das Schiff wackelt von rechts nach links und
umgekehrt. Zusätzlich hebt sich der Bug und senkt sich wieder. Das hat
natürlich einen seemännischen Namen, ist aber keineswegs lustig, denn
unverzüglich werden die Gesichter meiner Mitreisenden (ohne Kaugummigenuß)
blaß und blässer und schon erscheinen die Matrosen mit den Staubsaugern und
putzen da und dort das Nachtmahl vom Boden. Im Freien sind wenig Leute, ich
bleibe auch nicht lange, es regnet gleichsam waagrecht. Der Duty-free Shop
ist ausgestorben.
Danach lege ich mich in meine Winzigkabine und schlafe ungestört, bloß
träume ich vom Untergang der Titanic.
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