irlandreise.gif (7400 Byte)

 

2.6. | 3.6. |   4.6. | 5.6. | 6.6 | 7.6. | 8.6. | 9.6. | 10.6 | 11.6. | 12.6 | 13.6 | 14.6 | 15.6

                      16.6. | 17.6. | 18.6. | 19.6 | 20.6. | 21.6. | 22.6. | 23.6

 

   

Westport, Killadoon, Doo Lough, Omey Island, Leenane
7. Juni 1999

Die Sonne scheint ins Zimmer. Beim Frühstück bin ich der einzige Gast und bleibe es auch. Entweder schlafen alle sehr lange, oder es gibt hier außer mir nicht viele Gäste. Fragen wäre einfach, aber unfein. In Westport scheint noch immer die Sonne, die Ladenfronten leuchten in allen Farben des Regenbogens.

westport1.jpg (27642 Byte)               westport3.jpg (29975 Byte)

Im Supervalu kaufe ich mir Essen und Getränke, erhalte meine Einkäufe wie immer in Irland ganz selbstverständlich und gratis eingepackt. In Österreich herrschen andere Bräuche, nämlich weder der eine noch der andere.

Richtung Louisburg fahre ich danach. In Murrisk parke ich auf dem Parkplatz am Fuße des Croagh Patrick. Von hier aus könnte ich, wie es am Namenstag Patricks seit Jahrhunderten viele Tausende Iren tun, den Berg besteigen und in frommer Andacht eine Weile auf dem Gipfel verharren. Ich bleibe unten, ja, ich gehe nicht einmal zur weißen Figur Patricks oberhalb des Parkplatzes. Dort beginnt offiziell der Aufstieg. Andere machen das schon; die Statue ist umlagert von Leuten, die sich mit der Statue im Hintegrund fotografieren lassen wollen. Klar, ist ja auch bedeutend weniger anstrengend als die Kletterei den steilen Berg hinauf. Die Abteiruine auf der anderen Straßenseite erweist sich als Einfahrer, weder interessant noch fotogen.

Auf Nebenstraßen geht's danach nach Killadoon. Meine Karte behauptet die Existenz von Standing Stones und eines Cairns, eines frühzeitlichen Steinhaufens, unter dem sich fast immer ein Grab verbirgt. Ich finde indessen weder die stehenden Steine noch den Cairn. Das Problem für mich Laien liegt darin, daß ein stehender Stein einfach ein vielleicht meterhoher Felsbrocken ist, den die Frühzeitler aufgerichtet haben. Steine indessen gibt es zum Saufüttern, wie wir Österreicher sagen, und ein Cairn, soweit die inzwischen angewehte Erdschicht nicht abgegraben ist, schaut aus wie ein kleiner Hügel, vielleicht einen Meter hoch im Durchschnitt.

Nach 3 Kilometern zweigt südlich von Killadoon eine Seitenstraße ab und von der wiederum nach 1 Kilometer eine Stichstraße zu einem Bauernhof mit B&B. Ich halte dort nicht, sondern fahre weiter und gelange zu einem schönen Sandstrand und suche den alten Friedhof, den die Karte verzeichnet. Ich finde eine eingezäunte Wiese, auf der einige verwitterte Steine liegen. Im Sand, am Strand davor, finde ich einige weiße Knochenstücke. Ob von Schaf oder Mensch, weiß ich nicht. Das war die Spurensuche am Strand von Killadoon.Eindrucksvoll.

graveyard1.jpg (24651 Byte) graveyard2.jpg (40811 Byte)

Danach fahre ich Richtung Leenane. Am Doo Lough vorbei und an den Aasleagh Falls komme ich zurück. Das Wetter ist herrlich, ich will noch nicht in mein Quartier, fahre an der Kylemore Abbey vorbei und biege vor Clifden nach rechts ab. Omey Island ist mein Ziel. Eine Insel ist das jedoch nur einen halben Tag lang, bei Ebbe kann man bequem entlang der Wegweiser auf dem dann trockenen Meeresboden zur Insel hinüber fahren. coneyisland1.jpg (18175 Byte)Die ist heute unbewohnt, das war nicht immer so. Vor der großen Hungersnot lebten in Connemara mehr als 10x soviel Menschen als heute und da war auch Omey Island noch bewohnt. Wo die Leute hingekommen sind? Die einen überlebten, die anderen wurden verscharrt. Von ihren bescheidenen Unterkünften aus Torfziegeln oder Trockenmauern ist nichts erhalten. Die vielen Hausruinen, die man heute sieht, sind Zeichen dafür, daß die Auswanderung auch noch nach der Hungersnot weitergegangen ist, obgleich es den Leuten damals bereits - relativ - besser gegangen ist als 1850. Im Wesentlichen hat die Auswanderung, gerade der Jungen und der besser Ausgebildeten, erst vor 10 oder 15 Jahren aufgehört.

Heute ist die Insel voller Blumen und Schafe, aber menschenleer. Nur die Zeugnisse der einstigen Existenz von Menschen auf der Insel findet man noch, vereinzelt, bei einer Rundwanderung um die ganze Insel, die bequem in 2 Stunden möglich ist. An Hand der Karte finde ich den kleinen Hügel, der den Frauenfriedhof birgt, aus der Zeit vor der Jahrtausendwende, als Männer und Frauen an getrennten Stellen begraben wurden. Am kleinen See finde ich die Ruine von Tempeall Fechin, der Kirche, die ein gewisser Fechin vor 1300 Jahren gebaut hat (bauen hat lassen, eher). Ich finde auch den einzigen Brunnen auf der Insel, Totain Fechin, mit leicht salzigem Wasser, dem im Volksglauben Heilwirkung zugeschrieben wird - von allen möglichen Übeln. Nur die Überreste aus der Jungsteinzeit finde ich nicht, einen Midden, einen Abfallhaufen aus der Vorzeit. Vielleicht habe ich ihn auch gefunden und bloß nicht als solchen erkannt, denn ich weiß ja nicht, wie so etwas ausschaut.

Nicht versäume ich jedoch, an Hand der Karte jene Stelle am Ufer gegenüber Claddaghduff aufzusuchen, die als "Ola Breanna" bezeichnet wird. Vor der vollständigen Unterwerfung Irlands unter die britische Krone herrschte über Omey Island und Umgebung ein König aus dem Geschlecht der O´Tooles, der eines Tages mit der Aufforderung des Königs von Connacht konfrontiert wurde, ihm Abgaben zu entrichten. Die Boten des Königs von Connacht schickte er unverrichteter Dinge und jedenfalls auch ohne Abgaben wieder zurück, gab ihnen aber etliche passende Schimpfwörter zum Ausrichten mit und bereitete gleichzeitig seine Leute auf den zu erwartenden Angriff seines Kontrahenten vor, der auch prompt erfolgte. An eigentlichen Waffen war nicht viel vorhanden, nämlich eine einzige Muskete. Was es indessen gab, waren Kieselsteine sonder Zahl in passender Größe. Als nun das gegnerische Heer unter Führung des Königs von Connacht in Unkenntnis der Verhältnisse über den trockenen Sand heranmarschierte und nahe genug an die Insel herangekommen war, fiel ein einziger Schuß, und dieser tötete den König von Connacht. Die Reiterei ergriff daraufhin sogleich die Flucht. Zurück blieben die Fußtruppen, allein mitten auf dem weiten Sandstrand. Bei Beginn der Flut steigt das Wasser jedoch sehr rasch und setzt sehr schnell den weiten Sandstrand unter Wasser. Damit war der Infanterie der Rückweg abgeschnitten. Ertrinken oder angreifen war die Wahl, die sie hatten und sie entschieden sich für den Angriff. Man sagt, am nächsten Morgen lagen 600 Leichen auf dem Strand von Omey Island. Der Gestank der 600 nackten, natürlich geplünderten und ihrer Kleider beraubten Leichen gab der Stelle den irischen Namen. Der Gestank ist längst verweht, die Leichen verwest, die Knochen im Sand vergraben oder weggespült, aber mit etwas Fantasie wird die grausige Vergangenheit doch wieder lebendig an solchen Stellen.

kylemore1.jpg (34555 Byte)Danach setze ich mich dann an den Strand und "tue Bein mit Beine", wie Walter von der Vogelweide geschrieben hat - weiß ich noch von der Schule her.

Auf der Rückfahrt bleibe ich bei der Kylemore Abbey nicht stehen. Ich kenne sie schon, aber jeden Tag bleiben Tausende dort stehen und verschaffen den Benediktinerinnen fette Einnahmen, die sie zweifellos zur Rettung heidnischer Seelen dringend brauchen.Gegen 1/2 6 Uhr bin ich in Leenane zurück. Aus der
 Portfinn Lodge bin ich am Morgen ausgezogen. 2 Gästehäuser - mit leeren Parkplätzen davor - in Richtung Maam wollen mich nicht als Gast, beim Friedhof will ich nicht wohnen, die Killary Lodge ist mir fürs Gebotene zu teuer.
ych1web.jpg (17839 Byte)Der Abend ist schön, ich fahre bis Rosses Point bei Sligo weiter. Um 20,30 Uhr komme ich an, im Yeats Country Hotel bekomme ich für teures Geld ein schönes Zimmer mit Meer- und Strandsicht. Ich gehe zum Strand, blicke vom Dead Men´s Point auf Coney Island im Westen, und auf den Knocknarea, den beherrschenden Berg im Süden jenseits des Meeresarms, der bis Sligo ins Land reicht, von der Muschelinsel mit ihren weißen Häusern geteilt. Nichts hat sich geändert, seit ich vor einem Jahr das letzte Mal dagewesen bin.

 

 
 

 

 2.6. | 3.6. |   4.6. | 5.6. | 6.6 | 7.6. | 8.6. | 9.6. | 10.6 | 11.6. | 12.6 | 13.6 | 14.6 | 15.6

                      16.6. | 17.6. | 18.6. | 19.6 | 20.6. | 21.6. | 22.6. | 23.6

 ©Peter Lausch/Zuletzt bearbeitet: 20.11.2001