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2.6. | 3.6. |   4.6. | 5.6. | 6.6 | 7.6. | 8.6. | 9.6. | 10.6 | 11.6. | 12.6 | 13.6 | 14.6 | 15.6

                      16.6. | 17.6. | 18.6. | 19.6 | 20.6. | 21.6. | 22.6. | 23.6

 

 

   Limerick, Bunratty
18.6.1999

 

Am Morgen fahre ich langsam (der Sprung in der Windschutzscheibe ist größer geworden) zunächst zum Black Head, von wo aus ich trotz bedecktem Himmel eine ganz prachtvolle Aussicht habe. Interessanter noch sind für mich die Überreste eines eindrucksvollen Ringforts mit dem schönen Namen Cathair Dhuin Irghuis, für das ich keinen englischen Namen weiß. cathair.jpg (13109 Byte)Wie alt es ist, weiß kein Mensch so recht, aber zwischen 400 - 1200 unserer Zeit wird geschätzt, also recht genau, oder? Die Schwierigkeit besteht darin, daß solche Ringforts nachweislich während vieler Jahrhunderte im Gebrauch waren und Zeugnis davon ablegen, daß die Bauernfamilien Anlaß hatten, sich und ihr Eigentum zu schützen. Allein im Burren finden sich an die 400 Ringforts, von denen ich leider nur dieses gefunden habe. Natürlich sind alle Forts sich letztlich ähnlich, ich weiß, aber man will ja schließlich eines finden, wo nicht ein jeder andere auch hinfindet. Ich zumindest möchte das. Leider kommt dazu, daß die Bauern nicht unbedingt gerne irgendwelche Stadtmenschen, aus dem Ausland vielleicht auch noch, über ihre Wiesen trampeln sehen und manche Wegweiser daher die Eigenschaft haben, auf merkwürdige Weise zu verschwinden oder aber woanders hin zu weisen als sie eigentlich sollten, was die Fremden einigermaßen durcheinanderbringt. Daher will ich an Hand dieses einen Beispiels beschreiben, wie man in Irland üblicherweise ein frühzeitliches Monument findet: Einige hundert Meter südlich des Black Head sehen Sie eine alte Steinmauer, die dem Westhang entlang verläuft. Folgen Sie sodann dieser Mauer für vielleicht 40 Minuten - und Sie kommen hin. Einfach, nicht?
Gehen Sie weitere 250 Meter der Mauer entlang, kommen Sie schließlich - mit Glück - zum Carn Suí Finn. Das ist ein besonders sorgfältig gebauter Cairn (Steinhaufen, respektlos!). Den allerdings habe ich nicht gefunden, obgleich ich mich mangels Landkarte genau an die hymnische Beschreibung des Burren (The Secret Places of The Burren von John M. Feehan, erhältlich bei www.eason.ie oder an Ort und Stelle bei Eason) gehalten habe. Vielleicht war die Beschreibung denn doch zu hymnisch und zu wenig exakt.

Wollen Sie sich mit Einfacherem zufrieden geben, auf dem Horn Head finden Sie einen anderen Cairn mit dem ebenfalls schönem Namen Dobhach Brainín, ein Cairn, dessen Namen, wie Feehan vermutet (der vermutet allerdings viel), sich von einem Hund der irischen Sagenwelt ableitet. Na ja.
Danach geht es die selbe Strecke wie gestern wieder zurück. An der Höhle von Aillwee komme ich vorbei, aber für Tropfsteine habe ich nichts übrig. Als Kind mußte ich eine in der Steiermark bei Graz besichtigen, in der dann prompt das Licht ausging und wir im Dunkeln zurückblieben und mit Hilfe mitgebrachter Kerzen wieder ans Tageslicht gelangten. Dem Vernehmen nach soll es seinerzeit Höhlenbären etc. gegeben haben, die den Rückweg aus solchen Höhlen mangels Kerzen nicht mehr fanden und deren ausgebleichte Knochen man heute noch finden kann. Ferner schaut ein Tropfstein im Prinzip so aus wie jeder andere auch.
An der Kirche von Carran komme ich wieder vorbei und, als ich weiterfahre, komme ich auch zum Leamenah Castle, einem unfreundlichen Bau, dem man den ehemaligen Wehrturm ganz rechts noch deutlich ansieht.

leamaneh1.jpg (26025 Byte)Die gute Máire Rhua lebte einst hier, der man den toten Ehemann, 1651 war´s, aus der Schlacht zurückbrachte, den sie aber nicht haben wollte, denn was sollte sie mit einer Leiche? Statt dessen wählte sie sich einen Offizier aus der siegreichen Armee, den sie heiratete; auf diese Weise behielt sie das Eigentum an der Burg. Der gute Mann starb unerwartet nach einiger Zeit, als die gute  Máire bei Rasieren des Gatten mit dem Rasiermesser ausrutschte. Daraufhin heiratete sie einen weiteren Offizier aus Cromwells Besatzungsarmee, der aber - leider - zwei Jahre später, als er mit der holden Gattin auf dem Dach spazierenging, ausrutschte (sagte sie) und zu Tode stürzte. Der nächste Gatte fiel von den Klippen ins Meer, als sich unerklärlicherweise Máires Pferd, das er zufällig ritt, bei den Klippen aufbäumte und seinen Reiter abwarf. Danach soll sie dann keinen Gatten mehr (gesucht?) bekommen haben. Heute ist die Burg Privatbesitz, mit Stacheldraht umgeben, mit entsprechenden Warnschildern, damit nur ja die bösen Touristen nicht in der Ruine herumgehen können.
In Corofin könnte ich nach Dysert O´Dea abbiegen, ich tue es aber nicht, sondern fahre nach Limerick zurück. Dort mache ich dann noch den bei mir üblichen Spaziergang, komme allerdings auch nach Norden zum King John´s Castle; mehr als das interessiert mich die Castle Lane Tavern, eine Ansammlung scheinbar mittelalterlicher Gebäude, die erst vor 2 Jahren neben die Burg hingebaut worden sind. Das Ganze soll den Eindruck einer Gasse im mittelalterlichen Limerick vermitteln, ist in Wahrheit aber ein einziges Wirtshaus, eine Gaststätte nicht gerade wie das Löwenbräu in München, aber in der gleichen Geistesart. Hier gibt es jeden Abend mittelalterliche Festmale samt passender Musikbegleitung, Gesang und Tanz, die mittelalterlich geschürzten Kellnerinnen nicht zu vergessen. Wer es nicht so aufwendig mag, mit viergängigem Menü nämlich und entsprechendem Preis, bleibt im Erdgeschoß. Dort geht es genau so mittelalterlich her, nur wird hier einfach Bier getrunken. Amerikaner, die nach Limerick kommen, sind ganz begeistert. So viel Atmosphäre: jedenfalls mehr als in Zanesville, Ohio oder sonst in einer Weltstadt des Mittleren Westens. Daß die Puristen heulend und zähneknirschend in der Irish Times den Niedergang der irischen Kultur beklagten, gehört natürlich dazu. Ebenso natürlich wie die Betonmauern, die nur mit dünnen Granitsteinen verkleidet sind, ebenso wie das viele dunkle Holz im Pub im Erdgeschoß, mit echten Holzwurmlöchern für den, der´s glaubt. Natürlich kann man heulen, und mit gewissem Recht: das Ganze ist bloß Theater. Aber als solches schaut es gar nicht übel aus. Geöffnet ist dieses schöne Etablissement allerdings, abgestellt auf die Zielgruppe amerikanische Touristen, erst ab 1/2 8 Uhr abends, nur das Pub (das sich hier Tavern nennt) hat besucherfreundlichere Öffnungszeiten.
Inzwischen sind die Wolken aufgerissen, es ist erst früher Nachmittag, ich fahre die Ennis Road entlang stadtauswärts, sehe das Hinweisschild Vacancies beim Woodfield House Hotel und bekomme tatsächlich ein Zimmer, für 45 Pfund allerdings, fürs Gebotene ein stolzer Preis. Entlang der halben Ennis Road gäbe es billigere Quartiere in B&Bs, vom Trelawne House bis zum Ballineen House, und näher dem Stadtzentrum noch dazu. Was soll´s. Quartier somit gesichert, fahre ich Richtung Bunratty Castle und Folk Park.
Bunratty ist eine der großen Attraktionen für Besucher Irlands. Einerseits steht hier Bunratty Castle, eines der schönsten Beispiele für einen mittelalterlichen Wohnturm, der außerdem Verteidigungszwecken diente. Solche Wehrtürme, die zwischen 1250 und 1600 in großer Zahl im Westen Irlands errichtet wurden, sind allerdings meist bescheidener ausgefallen. Aughanure Castle bei Oughterard ist ein viel typischeres Beispiel. Aber Bunratty Castle ist groß genug, um dort den Urtyp mittelalterlicher Gastmahle zu erfinden, wo man den Gästen ein Lätzchen umbindet, damit sie sich nicht anpatzen, ein Messer in die Hand gibt, damit sie das Fleisch schneiden können, das man ihnen auf einem Holzbrettchen vorsetzt, ein Glas Met (oder Bier etc.) vor sie hinstellt, sie mit pseudomittelalterlicher Musik andudelt - und das für teures Geld. Dort ernst zu bleiben, setzt die Staatsbürgerschaft der Vereinigten Staaten voraus. Autobusweise erscheinen die Touristen, in 2 Schichten werden sie gefüttert. Sozusagen im Schatten der Burg hat man ein Folk Village errichet: ursprünglich hat man ein oder zwei alte Häuser, die dem Ausbau des Flughafens Shannon weichen mußten, rekonstruiert, heutzutage macht man sich die Mühe nimmer, man baut einfach frei nach Schnauze nachempfundene Häuser. Auf dem Foto ist das Wirtshaus das Haus hinten mit den gelben Türen.
bunratty1.jpg (28790 Byte) In den letzten Jahren ist auf diese Weise ein echtes altes Wirtshaus dazugekommen, demnächst wird laut behördlicher Kundmachung dahinter ein weiteres echtes altes Wirtshaus entstehen, Platz ist ja noch vorhanden und Bedürfnis offenbar auch. Ich denke, sehenswert ist das Ganze trotz allem Firlefanz dennoch, wenn auch teuer (5,25 Pfund heuer pro Normalmensch). Die Dame an der Kasse kann nicht glauben, daß ich kein Senior bin, also widerspreche ich ihr nicht und zahle ohne schlechtes Gewissen weniger. Das ganze muß ohnehin eine Goldgrube sein. Natürlich wird auch hier ein Irlandbild vermittelt, das so nicht ganz stimmt. Denn: gezeigt werden Häuser aus der Jahrhundertwende oder den 20-er Jahren entlang der simulierten Dorfstraße. An einigen abgelegenen Stellen findet sich dann eher die Realität des Lebens eines irischen Bauern. bunratty4.jpg (31998 Byte)
Das nachgebaute Haus eines Kleinhäuslers aus Clare etwa, mit der Aufteilung von Wohnküche und Kuhstall in einem Raum mit in den Boden eingelassener Rille für die Jauche, die karge Einrichtung, die offene Feuerstelle, auf der gekocht wurde und auch geheizt (soweit die Kuh den Raum nicht wärmte), den beiden gegenüberliegenden Türen, Ausfluß des Gespensterglaubens.

bunratty5.jpg (32149 Byte) bunratty6.jpg (27913 Byte)Kein WC, kein Wasserhahn. Den Brunnen muß man sich dazudenken, gegebenenfalls wurde das Wasser vom nächsten Bach geholt, ein WC gab es nicht, dafür die Wiese bzw. den Misthaufen.
Man kann durch den Folk Park gehen und sagen: Ach, wie romantisch, oder nachdenklich werden, oder die Teestube besuchen und Scones essen, was ich auch empfehle. Man kann auch zuschauen, wie Apfelkuchen und Scones zubereitet werden und darf die Angestellte dabei fotografieren, man kann in der Schmiede zuschauen, wie irgendwas geschmiedet wird, aber kein Pferd beschlagen, welches Pferd hielte das aus, tagein, tagaus mehrmals die Hufe beschlagen erhalten, damit die Fremden Aktivitäten miterleben!
Zum Abschluß könnte ich bei Durty Nelly vor der Burg ein Bier trinken oder auch mehrere, aber leider .....
Ich selber leiste mir am Abend in Limerick Fish and Chips, und weil ich nicht aufpasse und rechtzeitig nein sage, bekomme ich den rechten Klacks brauner Essigsoße, ohne den die Iren ihre Pommes Frittes nicht essen wollen. Der Geschmack ist sagen wir: interessant.

 

 

 

 

 

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 ©Peter Lausch/Zuletzt bearbeitet: 20.11.2001