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Aasleagh Falls, Lough
Na Fooey, Oughterard, Aughanure Castle, Leenane
6. Juni 1999
Schön ist es am Morgen, die
Sonne strahlt warm auf mich und auf die dampfenden Wiesen.
Noch
vor dem Frühstück mache ich einen Ausflug, den Killary Harbour entlang nach
Norden, dorthin, wo sich die Straße gabelt nach Newport und nach Louisbourg.
Ich fahre die schmale Straße Richtung Louisbourg ein paar hundert Meter,
überquere eine rostige Brücke, parke das Auto und wandere zu den Aasleagh
Falls, einer Sehenswürdigkeit, angeführt in den gängigen Reiseführern. Bei
uns daheim wäre der Wasserfall nicht der Rede wert, in Irland gibt es auch
höhere, aber hübsch anzusehen ist er schon.

Vor einigen Jahren ist rings um diesen Wasserfall ein auch bei uns gezeigter
Film mit Richard Harris gezeigt worden: The Field. Er spielt rings um den
Wasserfall. Um diese Zeit finden sich nur 2 Fischer aus Nordirland beim
Wasserfall und fischen vor sich hinein, ohne etwas zu fangen, scheint mir.
Aber ein friedlicher Zeitvertreib.
Beim Frühstück höre ich ein
amerikanisches Paar darüber spekulieren, ob der Besitzer wohl derjenige ist,
der vor 2 Jahren gemeinsam mit anderen versucht hat, einen Teil der Reise
von Shackleton nachzuvollziehen mit einem Galway Hooker, einem ehemals
üblichen Fischerboot mit charakteristischen Form. Das Boot hat nicht
ausgehalten, sozusagen im Ernstfall wären die Herrschaften umgekommen, nur
hat sie das mit modernsten Navigationsmitteln ausgestattete Begleitschiff
rechtzeitig geborgen. Nichts ist geschehen, bloß das eigentliche Reiseziel
ist ihnen mißlungen. Das Ehepaar beschließt, so lange zu bleiben, bis der
Besitzer aufgestanden ist und sie ihn persönlich fragen können. Er wird auf
den Bericht im Internet
verweisen (aber der Link besteht 2009 nicht mehr).
Ich selbst fahre zurück
Richtung Maam und biege auf halber Strecke links in eine schmale Straße ein,
die mich durch völlig menschenleere Einöde über einen Kamm hinunter zum
Lough Na Fooey bringt, landschaftlich schön gelegen, gewiß, aber nicht um
viel Geld möchte ich in dieser Abgeschiedenheit wohnen.
Es
tun auch nicht sehr viele Iren. Danach fahre ich eine große Schleife bis
Maam, weil ich mir Cong ersparen möchte und über Maam Cross nach Oughterard.
Maam Cross war ja nie viel: eine Tankstelle mit Andenkenladen und eine
Straßenkreuzung, von der der Ort (!) den Namen hat. Derzeit ist Tankstelle
und Andenkenladen reduziert auf einen Kiosk ohne Tankstelle und eine
Baustelle dahinter. Aber auf jeder Landkarte ist nach wie vor Maam Cross zu
finden. Oughterard ist, ich weiß nicht, weshalb, von Touristen überrannt;
gewiß, es ist kein unhübscher Ort, aber so besonders sehenswert ist er
wieder nicht. Ich fahre noch zwei Kilometer weiter, biege dann zum Aughanure
Castle ab, einem Wohnturm aus dem 13. Jahrhundert, der in sehr bescheidener
Größe ein viel wahreres Bild vom Leben in solchen Türmen gibt als Bunratty
Castle bei Limerick. Hübsch anzusehen, nur die Dame an der Kasse verrechnet
mir zuwenig: nämlich den Eintrittspreis für Jugendliche oder für Senioren,
er ist gleich. Ich denke mir mein Teil und schweige. Mit besonderem
Interesse besichtigen die Besucher im Bankettsaal (im rechten Bild unten
rechts) hinter dem Mäuerchen den Abtritt (Loch im Boden, das nach außen
führt) sowie das Gitter zum Verließ unter dem Saal (besondere Feinheit: der
unten hungernde Häftling hörte denen oben schmatzen, schlürfen und rülpsen
zu). 
Auf der Rückfahrt sehe ich den Wegweiser zum Hill of Doon, einem Platz, an
dem früher irische Könige in Amt und Würden eingesetzt wurden. Mein
Reiseführer warnt, ich beachte nicht, was ich lese und hätte besser daran
getan. Ich war bis heute nicht auf dem Hügel von Doon, ich bin bloß einem
See entlang, aber so weit entfernt, daß ich ihn nur erahnen kann, an die
zehn Kilometer weit auf schmaler Straße mit unnötig hohem Tempo gefahren.
Dann war noch immer kein Hügel in Sicht, auch keine Entfernungsangabe. Da
kehrte ich wieder um und fuhr dieselbe Strecke nochmals, allerdings in
umgekehrter Richtung. Gelegentlich konnte ich jetzt links von mir einen
Blick auf den See werfen, soweit ihn Bäume nicht verdeckten. Wanderer,
kommst du nach Oughterard, mache keinen Ausflug zum Hügel von Doon!
Um diese Erfahrung reicher,
fahre ich fortan auf breiteren Straßen, zunächst Richtung Clifden bis Recess,
dann nach Norden entlang des melancholisch wirkenden Lough Inagh bis zu
einer Kirche, bei welcher ich in die Straße Richtung Leenane einbiege und
sozusagen heimwärts fahre.
In Leenane ist auch heute,
Sonntag, etwas los, nämlich anscheinend die Endausscheidung im
Curragh-Rennen. Solche Rennen spielen sich so ab, daß, je nach Bewerb, drei
oder vier Bauernburschen sich das Hemd ausziehen im kühlen Wind, der uns
Zuschauer frösteln läßt und sich in die zerbrechlich wirkenden Boote setzen.
Dann fahren sie aufs Wasser hinaus, das heißt, sie rudern wie die Wilden, um
die Wetter, umschiffen eine Boje und rudern wiederum wie die Wilden, aber
diesmal etwas langsamer, ans Ufer zurück. Dort stehen dann Frauen,
Freundinnen, Mütter, Schwestern, Töchtern, Cousinen, Nichten, Basen,
Bekannte nicht zu vergessen, samt den männlichen Gegenstücken und stürzen
sich auf die schweißüberströmten Ruderer, sobald diese wieder festen Grund
unter den Füßen haben. Gebusselt wird schmatzend, die Wangen getätschelt,
das Kind dem Papa entgegengehalten, damit es diesen anweint vor
Überraschung, ach, es ist für alle Anwesenden erhebend. Irgendwer muß bei
solchen Bewerben natürlich der Letzte sein, das macht aber in diesem Fall
gar nichts. Erstens stürzt sich auch auf die Letzten ein entsprechender
Personenkreis, zweitens erhalten auch die Letzten einen Pokal. Was heißt
einen, ich glaube, jeder, der dort nur ein Ruder in die Hand nahm, bekommt
einen, im Anhänger, der als Vorratslager dient, stehen sie sonder Zahl.
Danach wandert die Schar in Hamiltons Bar bzw. in die Bar "The Field"
daneben und genießt das Ereignis. An Ort und Stelle am Ufer erscheint aber
eine neue Schar von Leuten, denn die Rennen gehen noch weiter - und so geht
es dann bis zum Abend.
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